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Solange es hell ist

Solange es hell ist

Titel: Solange es hell ist
Autoren: Agatha Christie
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Wetterman speisen sollte.
     
    Maisie Wetterman war Rudolf Wettermans einzige Tochter, und sie war es ihr Leben lang gewöhnt gewesen, das, was sie haben wollte, auch zu bekommen. Als sie eines Tages dem Büro ihres Vaters einen Besuch abgestattet hatte, war ihr John Segrave aufgefallen. Er hatte Briefe hereingebracht, nach denen ihr Vater verlangt hatte. Als er wieder gegangen war, erkundigte sie sich nach ihm. Wetterman zeigte sich mitteilsam.
    »Einer der Söhne von Sir Edward Segrave. Gute alte Familie, aber völlig abgewirtschaftet. Der Junge hat nicht gerade das Pulver erfunden. Ich mag ihn zwar, aber es steckt nichts in ihm. Kein Mumm in den Knochen.«
    Für Maisie war Mumm vielleicht nicht so wichtig. Es war eine Eigenschaft, der ihr Vater größeren Wert beimaß als sie selbst. Auf jeden Fall überredete sie ihren Vater vierzehn Tage später, John Segrave zum Abendessen einzuladen. Das Essen sollte im engsten Kreis stattfinden: sie selbst, ihr Vater, John Segrave und eine Freundin, die gerade zu Besuch weilte.
    Die Freundin sah sich veranlasst, gewisse Bemerkungen zu machen.
    »Vermutlich zur Ansicht, habe ich Recht, Maisie? Später wird Papa dann ein hübsches kleines Päckchen daraus machen und als Geschenk für sein liebes kleines Töchterlein mit nachhause bringen – alles ordnungsgemäß erworben und bezahlt.«
    »Allegra! Du bist unmöglich.«
    Allegra Kerr lachte.
    »Aber du hast doch ständig solche Einfälle, Maisie. Der Hut gefällt mir – den muss ich haben! Wenn das bei Hüten geht, warum nicht auch bei Ehemännern?«
    »Sei nicht albern. Ich habe bisher kaum mit ihm gesprochen.«
    »Stimmt. Aber du hast einen Entschluss gefasst«, sagte die andere. »Was zieht dich an ihm an, Maisie?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Maisie Wetterman langsam. »Er ist – anders.«
    »Anders?«
    »Ja. Ich kann es nicht erklären. Er sieht gut aus, wenn auch auf eine sonderbare Art und Weise, aber das ist es nicht. Er hat so eine Art, gar nicht zu sehen, dass man da ist. Ich glaube nicht, dass er mich an dem Tag in Vaters Büro auch nur ein einziges Mal flüchtig angeblickt hat.«
    Allegra lachte.
    »Das ist ein alter Trick. Ganz schön schlau, der junge Mann, würde ich sagen.«
    »Allegra, du bist abscheulich!«
    »Kopf hoch, Schätzchen. Papa wird seinem kleinen Maisielein bestimmt ein wuscheliges Lämmchen kaufen.«
    »So will ich es aber nicht haben.«
    »Also Liebe groß geschrieben. Ist es das?«
    »Warum sollte er sich nicht in mich verlieben?«
    »Ich wüsste nicht, was dagegen spräche. Vermutlich wird er es.«
    Allegra lächelte, während sie sprach, und ließ ihren Blick über die andere schweifen. Maisie Wetterman war klein, zur Molligkeit neigend, und hatte dunkles Haar, das kurzgeschnitten und kunstvoll gewellt war. Ihr von Natur aus guter Teint wurde durch die neuesten Puder- und Lippenstiftfarben unterstrichen. Sie hatte einen wohlgeformten Mund und gute Zähne, dunkle Augen, ziemlich klein und blitzend, und einen Unterkiefer und ein Kinn, die etwas zu stark ausgeprägt waren. Sie war tadellos gekleidet.
    »Ja«, sagte Allegra, nachdem sie ihre Musterung beendet hatte. »Ich zweifle nicht daran. Der Gesamteindruck ist wirklich ausgesprochen gut, Maisie.«
    Ihre Freundin sah sie unsicher an.
    »Ehrlich«, sagte Allegra. »Ganz ehrlich. Großes Ehrenwort. Aber angenommen, nur mal um der Debatte willen, dass er es nicht tut. Sich nicht in dich verliebt, meine ich. Angenommen, seine Zuneigung wird aufrichtig sein, aber platonisch. Was dann?«
    »Vielleicht mag ich ihn gar nicht, wenn ich ihn besser kennen lerne.«
    »Durchaus möglich. Aber vielleicht magst du ihn wirklich. Und in dem Fall…«
    Maisie zuckte die Achseln.
    »Dann habe ich hoffentlich so viel Stolz – «
    Allegra fiel ihr ins Wort.
    »Stolz erweist sich als nützlich, um die eigenen Gefühle zu verbergen – er hält einen nicht davon ab, sie zu empfinden.«
    »Nun«, sagte Maisie hitzig. »Ich wüsste nicht, warum ich es nicht aussprechen sollte. Tatsache ist, dass ich eine sehr gute Partie bin. Ich meine, von seinem Standpunkt aus betrachtet – Vaters Tochter und alles.«
    »Die winkende Teilhaberschaft und so weiter«, sagte Allegra. »Ja, Maisie. Du bist tatsächlich deines Vaters Tochter. Und darüber bin ich schrecklich froh. Ich mag es, wenn meine Freunde sich ihrer Art entsprechend verhalten.«
    Der leise Spott in ihrer Stimme machte die andere unsicher.
    »Du bist abscheulich, Allegra.«
    »Aber höchst anregend, mein
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