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Söldner des Geldes (German Edition)

Söldner des Geldes (German Edition)

Titel: Söldner des Geldes (German Edition)
Autoren: Peter Beck
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sondern auch ihm selbst auffiel. Aber er war gross und stattlich, das machte wohl einiges wieder gut, denn das Mädchen rief ihm etwas zu und lachte freundlich. Erst verstand er nichts, weil es so laut war, dann zog sie ihn zu sich heran und rief es ihm noch einmal laut ins Ohr:
    «Wenn du mir an der Bar etwas zu trinken spendierst, erkläre ich dir, wie du tanzen musst!»
    Imobstgarten folgte ihr und rückte den Barhocker so zurecht, dass er möglichst nahe bei ihr sitzen konnte. Sonst höre ich ja nichts bei der lauten Musik, dachte er. Die Musik war aber so laut, dass er trotzdem wenig von dem verstand, was das Mädchen zu ihm sagte. Als sie wieder auf den Tanzboden gingen, tanzte Imobstgarten nicht besser als vorher. Das hätte er durchaus verkraftet, denn das Mädchen schien es nicht zu stören. Doch plötzlich tauchte ein anderer Junge auf, und der war nicht nur einige Zentimeter grösser als er, sondern er tanzte auch viel besser. Das gefiel dem Mädchen. Sie liess sich von dem anderen umarmen und hatte plötzlich kein Interesse mehr an ihm.
    Imobstgarten fühlte sich wie jemand, den man um seinen Besitz gebracht hatte.
    «Du frecher Siech, was bildest du dir eigentlich ein?», schrie er und riss seinen Rivalen am Ärmel.
    Der lächelte nur überlegen und wandte sich ab. Das brachte Imobstgarten noch mehr in Rage. Doch als er den Fremden erneut zu sich herumreissen wollte, um ihm noch deutlicher die Meinung zu sagen, waren schon zwei Saalordner zur Stelle und fassten ihn unsanft an den Armen. «So, jetzt raus, aber subito. Wir wollen keine Schlägerei hier drinnen.» Sekunden später lag er auf dem Trottoir vor der Disco.
    Am folgenden Tag erkundigte sich Imobstgarten bei seinen Kollegen nach dem Namen desjenigen, der ihm in der Disco sein Mädchen ausgespannt hatte.
    «Tadic, Tadic Bruno heisst der Typ. Ein Scheiss-Jugo. Er geht ins Gymnasium», bekam er zur Antwort. Die Wut, die Imobstgarten ohnehin schon verspürt hatte, wurde noch gesteigert. Leute mit der Namensendung ‹ic›, das war ihm daheim vermittelt worden, waren minderwertige Menschen, die nur für niedrigere Beschäftigungen taugten und den Einheimischen zuzudienen hatten. So einer hatte nicht nur die Finger von den hiesigen Mädchen zu lassen. Auch auf dem Gymnasium hatte er nichts zu suchen.
    Beim Mittagessen im Familienkreis schnitt er das Thema an – allerdings sagte er nichts davon, dass er am Vortag in einer Disco gewesen war, und auch das Mädchen erwähnte er nicht. Ein Jugo habe ihn auf der Strasse angerempelt, behauptete er.
    Der Vater reagierte empört. «Ich hoffe, du hast dir das nicht bieten lassen. Der liebe Gott hat dir nicht umsonst eine so beachtliche Körpergrösse und kräftige Muskeln geschenkt.»
    Die Mutter hatte dagegen Bedenken und zitierte den Bibelspruch: «‹Wenn dich einer auf die linke Backe schlägt, dann halt ihm auch die andere hin›, hat Jesus gesagt.»
    «Das verstehst du nicht, Frau», widersprach der Vater. «Mit solchen Worten leitest du nur Wasser auf die Mühlen der Pazifisten und Kommunisten. Was wir zurzeit hier erleben, ist eine Art Krieg. Diese fremden Strolche machen unser Land kaputt. Wir haben die göttliche Pflicht, uns dagegen zu wehren. In der Bibel gibt es auch gerechte Kriege. Gott hat auf diese Weise ganze Völker vernichtet. Wenn wir auf deine Ratschläge hören würden, könnten wir unsere Armee glatt abschaffen. Dann hätte ich keine Arbeit mehr, und wir würden armengenössig.»
    Sarah Imobstgarten widersprach nicht, denn die Stimme ihres Mannes war immer zorniger geworden. Wenn er sich in seine Wut hineinsteigerte, wusste sie, dass Schweigen angezeigt war; andernfalls bestand die Gefahr, dass er zuschlug. Vor Jahren hatte sie sich einmal einem Autokauf widersetzt und sich danach fast einen Monat lang wegen ihres verunstalteten Gesichts nicht mehr in der Öffentlichkeit zeigen können. Seitdem war ihre Nase leicht abgewinkelt. Das komme von einem Treppensturz, redete sie sich heraus, wenn sie darauf angesprochen wurde.
    Aber das war lange her. Inzwischen war sie vorsichtiger geworden und reizte ihren Mann nicht mehr ohne Not. Die Wahrheit nicht auszusprechen kostete sie aber jedes Mal Beherrschung, denn ihr kam dann unweigerlich immer das Gebot «Du sollst nicht lügen» in den Sinn. Doch etwas anderes zählte noch mehr: «‹Die Frau ist dem Manne untertan›, so steht es schwarz auf weiss im Heiligen Buch», pflegte ihr Mann immer und immer wieder zu sagen. Das war unzweifelhaft
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