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Söhne der Rosen - Das geheimnisvolle Tattoo (Gay Phantasy) (German Edition)

Söhne der Rosen - Das geheimnisvolle Tattoo (Gay Phantasy) (German Edition)

Titel: Söhne der Rosen - Das geheimnisvolle Tattoo (Gay Phantasy) (German Edition)
Autoren: Thorsten Bonsch
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hatte seinerzeit bewiesen, dass dies möglich ist. Allerdings dachte ich dabei weniger an gezeichnete optische Täuschungen, sondern eher an die Computerspiel- oder Filmindustrie.
    3D-Grafik stand momentan hoch im Kurs und bot einen regelrechten Spielplatz für große Kinder wie mich. Nach dem College und dem Studium – da war ich mir sicher – hätte ich ausreichend Abstand zum General, um mich seinem Einfluss gänzlich zu entziehen und meinen eigenen Weg zu gehen.
    Meine Mum kannte meine unkonformen Pläne und tröstete mich in jener Nacht damit, dass meine Chancen in einem digitalen und zugleich kreativen Job in Kalifornien sowieso besser standen. Dort, so sagte sie, befänden wir uns in der modernsten Künstlermetropole Amerikas überhaupt. Trotz ihrer persönlichen Verluste schaffte sie es, mir die Vorzüge der neuen Umstände klar zu machen. Ich bewunderte sie für ihre Stärke und Anpassungsfähigkeit.
     
    Die Abschlussfeierlichkeiten an meiner Highschool verliefen mit dem üblichem Prunk, dem Stolz der Eltern derer, die ihr Diplom freudig empfangen durften, der Erleichterung und plötzlichen Kameradschaft der Lehrer, die es fertiggebracht hatten, einen weiteren Jahrgang auf die Menschheit loszulassen und der Ausgelassenheit der Absolventen, die trotz ihrer Ausbildung noch weit davon entfernt waren, zu ahnen, was das schreckliche Leben eines Erwachsenen für sie noch in petto hatte. Dennoch genoss ich die Zeremonie der Zeugnisübergabe, die Ansprache meiner Mitschülerin Lorane Witten, unsere traditionelle Kostümierung und das Hochwerfen unserer quadratischen Kopfbedeckungen, dem Academic Graduation Hat. Und der überschwänglichen Umarmung von Chad, für den ich mehr empfand, als er je in seinem heterosexuellen Leben begreifen würde. Meine Eltern befanden sich unter den zahlreichen Besuchern, meine Mum, elegant aber jugendlich gekleidet wie immer und mein Vater in seiner besten Ausgehuniform. Viele Fotos wurden geschossen, viele Videokameras surrten und freudige Tränen wurden vergossen.
    Obwohl mein Interesse nicht besonders groß gewesen war, hatte ich mich für den Abschlussball zwischen drei Mitschülerinnen entscheiden dürfen. Ich hatte Marcy Stanton gewählt, weil ich ihre schüchterne Art mochte und sie von den dreien die geringste Chance besaß, einen anderen Partner für den Abend zu finden. Wir hatten unseren Spaß, auch, oder gerade weil wir mehr redeten als tanzten. Nach Mitternacht brachte ich sie im Wagen meiner Mum heim – der Militärjeep meines Vaters schien mir unpassend für ein Rendezvous zu sein, selbst, wenn es für mich keines war. Marcy erwartete weder Sex auf dem Rücksitz, noch einen einfachen Abschiedskuss vor der Haustür. Für beides war ich ihr insgeheim dankbar.
     

2
     
    Nur vier Wochen später, im Juni, war es soweit. Unser Haus war leer, riesig und kalt, der Abschied tränenreich und kurz. Eine Militärmaschine brachte uns nach Santa Ana, Kalifornien, von wo aus wir weiter über Landstraßen nach Cape Orchid fuhren. Wir hatten gerade das Ortsschild nach einer langen Fahrt des Schweigens passiert, als sich meine schlimmsten Befürchtungen bestätigten. Cape Orchid war einer der unzähligen Orte an der Westküste, für den es keine Bezeichnung gab. Er war zu klein für eine Stadt und zu groß für ein Dorf. Ein netter kleiner Ort mit langen Alleen, gepflegten Vorgärten, Grillgeruch, flitzenden Eichhörnchen, radfahrenden Zeitungsjungen und einer Haben-Sie-schon-gehört-Mentalität. Zuviel Platz für Tratsch, zu wenig Platz für mich.
    Unser Haus befand sich im Südwesten der Stadt, in einer Sackgasse, die in einem Wendeplatz endete. Es schien, als hätten sich Architekten aus aller Welt an Cape Orchid versucht, kaum ein Haus glich im Baustil dem Nachbarhaus. Mein Vater parkte den Wagen vor einem Bungalow in mexikanischer Bauweise, direkt vor dem Umzugswagen der Wasco Moving Company, der wie zur Bestätigung der militärischen Korrektheit meines Vaters fast zeitgleich mit uns eingetroffen war. Meine Mum und ich betrachteten das Haus durch die geschlossenen Fensterscheiben unseres Autos wie ein Wissenschaftler ein Versuchstier, welches das Resultat eines missglückten Gen-Experiments war. Derweil erteilte der General den Leuten von Wasco erste Anweisungen.
    „Was meinst du, Julian, ob es uns hier gefallen wird?“
    „Ich weiß nicht, Mum. Ich hoffe es.“
    „Ich denke, wir haben sowieso keine andere Wahl. Zumindest sieht das Haus doch ganz nett aus. Stell dir mal
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