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Söhne der Erde 04 - Tage Des Verrats

Söhne der Erde 04 - Tage Des Verrats

Titel: Söhne der Erde 04 - Tage Des Verrats
Autoren: Susanne U. Wiemer
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die Menschen aus dem Tempeltal fürchteten nichts mehr, als diesen Göttern zu begegnen.
    Das Gesicht des Oberpriesters wurde fahl wie ein Leichentuch.
    Er schwieg. Denn er war nicht sicher, ob seine nächsten Worte Gehorsam finden würden. Und er wußte, wenn ihm die Priester einmal nicht mehr folgten, würden sie ihm nie mehr folgen. Dann war seine Macht gebrochen.
    Charru sah ihn an.
    Sekundenlang kreuzten sich ihre Blicke, standen sie sich stumm gegenüber: ein fanatischer, wutbebender Greis und ein junger, kaum zwanzigjähriger Mann, der mit aller Kraft den Zorn zu bezwingen suchte.
    »Es gibt keinen Frevel, keine Lästerung und keine Häresie mehr, Bar Nergal«, sagte er. »Weil es keine schwarzen Götter gibt, weil sie nie existiert haben. Verstehst du nicht, daß wir alle betrogen worden sind? Daß wir zusammengehören?«
    Bar Nergal spie aus.
    Mit einer heftigen Bewegung wandte er sich ab und schritt davon. Seine hageren Schultern zuckten vor Haß, und Charru begriff, daß es nichts gab, was diesen Besessenen überzeugen konnte.
    Er würde niemals die Wahrheit akzeptieren.
    Denn er brauchte die Götter. Er brauchte sie, damit er herrschen konnte. Ohne sie und die Macht, die sie ihm verliehen, war er ein Nichts, und das würden eines Tages auch die Priester wissen.
    »Wenn er noch einmal versucht, sie aufzuhetzen...«, begann Karstein drohend.
    »Laß ihn! Sie müssen es von selbst begreifen.«
    »Das werden sie nie, das... «
    »Vielleicht doch. Mircea Shar hat ihnen vernünftige Befehle erteilt, als Bar Nergal nicht dazu in der Lage war. Und Ayno steht auf unserer Seite.«
    »Ayno, ja. Der würde dir am liebsten nicht von der Seite weichen. Aber er ist zu jung; niemand hört auf ihn.«
    Charru hob die Schultern. »Was soll ich tun? Ihnen drohen? Ich bin kein Tyrann.
    Karstein antwortete nicht, aber sein bärtiges Gesicht verriet deutlich, daß er nichts dagegen gehabt hätte, den Priestern zu drohen. Charru lächelte flüchtig. Er wandte sich wieder dem Schiff zu, dann blieb er stehen, weil er Katalin von Thorn entdeckt hatte, die an einer der stählernen Landestützen lehnte.
    Der Staub lag wie ein dünner rötlicher Schleier über ihrem blonden Haar. Die bernsteinfarbenen Augen wirkten müde und glanzlos. Sie schwankte ein wenig als sie sich von der Metallstrebe abstieß und auf Charru zutrat.
    »Werden sie nach uns suchen?« fragte sie leise.
    »Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall werden sie uns nicht mit ihren Ortungsstrahlen finden.«
    »Dann ist es euch gelungen, was ihr vorhattet? Diesen Schirm aufzubauen?«
    Er nickte. Katalins Stimme klang matt und ohne Kraft. »Du solltest dich ausruhen«, sagte er.
    »Nicht jetzt. Ich möchte das Schiff sehen. O Charru... wenn wir wirklich damit fortfliegen könnten, weit, weit weg von diesem Planeten...«
    Er lächelte. Mit einer halb unbewußten Geste legte er den Arm um ihre Schultern. In der Welt unter dem Mondstein hatte sie mit dem Schwert ihres gefallenen Bruders gegen die Tempeltal-Krieger gekämpft. Sie war immer stark und mutig gewesen, aber jetzt spürte er, wie sie zitterte.
    Es mußte die Erschöpfung sein. Die Müdigkeit, die sich nicht ständig zurückdrängen ließ und die auch er wie ein bleiernes Gewicht auf seinen Schultern zu spüren glaubte.
    »Wir werden es schaffen, Katalin«, sagte er leise. »Wir werden es schaffen, ich weiß es... «
    *
    Im Büro des Präsidenten waren die Fenster abgedunkelt.
    Einer der Monitoren flimmerte. Auf dem dazugehörenden Schaltfeld des Operators brauchte nur eine bestimmte Buchstaben- und Zahlen-Kombination eingetippt zu werden, um jeden gewünschten Film abzurufen.
    Jetzt zeigte das Bild, durch ein Teleobjektiv aufgenommen, das Gebiet der Singhai-Klippen, wie sie jahrhundertelang ausgesehen hatten.
    Rote Wüste und rote Felsen. Streifen von staubigem Grün, die verrieten, daß es dort eine Quelle gab. Jenseits der Klippen erstreckte sich ein weiteres Wüstengebiet: die New Mojave. Trotz aller Bemühungen der Spezialisten hatte es sich als unmöglich erwiesen, genau festzustellen, ob der silbrige Schimmer, der sich sekundenlang durch das Bild bewegte, nur ein Spiel von Licht und Schatten war oder ein schnell fliegender Gleiterjet.
    Die Szene wechselte.
    Schlanke Türme, schimmernde weiße Häuser, ein Netz glitzernder Transportröhren: Kadnos. Polizeijets kamen ins Bild, Vollzugsbeamte mit schwarzen Uniformen, zinnoberroten Helmen und geschulterten Lasergewehren. In Kadnos Vorland, nahe am Wasser des Kanals,
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