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Söhne der Erde 04 - Tage Des Verrats

Söhne der Erde 04 - Tage Des Verrats

Titel: Söhne der Erde 04 - Tage Des Verrats
Autoren: Susanne U. Wiemer
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zerstört...« Bar Nergal flüsterte jetzt und zwang die Zuhörer, sich ganz auf seine vibrierende Stimme zu konzentrieren. »Der Himmel stürzte ein, die Große Mauer brach, die ewigen Flammen erloschen. Ihr alle wißt, warum die Welt unterging. Ihr alle wißt, warum die Götter den Bannstrahl ihrer Rache auf den Tempel richteten... «
    Ein tiefes, stöhnendes Atemholen.
    Bar Nergal wartete, groß und furchterregend. Seine glühenden Augen bohrten sich in die angstvollen der Priester, und als er wieder die Stimme erhob, duckten sich die ersten Zuhörer wie unter Peitschenhieben.
    »Weil die Tiefland-Stämme die Götter herausforderten! Weil der Fürst von Mornag seine Welt verließ und in das Reich der Götter eindrang! Hat euch der Bannstrahl der Rache getroffen, ja oder nein?«
    »Ja«, flüsterte jemand. » Ja...«
    »Gehört diese Welt den Göttern, ja oder nein?«
    »Ja... ja...«, kam das atemlose Echo.
    »Wie nennt ihr einen, der das Gesetz bricht und die Rache der Götter auf sein Volk zieht? Nennt ihr ihn Frevler?«
    »Frevler!« schrien fünf, sechs Stimmen. Und wieder, gierig einen Rhythmus suchend: »Frevler! - Frevler!«
    »Charru von Mornag!« Der Name schien schwer wie ein Beil herabzufallen. »Und wie nennt ihr einen, der von den Gesetzen abfällt und sich seinen Feinden anschließt? Nennt ihr ihn Verräter?«
    »Verräter! - Verräter!«
    »Ayno Bar Kalyth!« peitschte Bar Nergals Stimme.
    »Verräter! Verräter! Verräter...«
    Vibrierende Echos brachen sich in dem großen Raum. Gierig nahmen die Stimmen die Worte auf, steigerten sich zu einem monotonen Singsang, der schrill und hysterisch wurde. Erst als der Oberpriester gebieterisch die Hand hob, trat wieder Stille ein.
    »Wollt ihr die Götter versöhnen? Wollt ihr euch den Mächtigen ergeben und auf Gnade hoffen? Wollt ihr dem Frevel Einhalt gebieten und das Gesetz wieder erfüllen?«
    Stille.
    Eine atemlose, zitternde Stille. Bar Nergals Blick bohrte sich in die Augen Mircea Shars. Der Zweite Tempelhüter wußte, daß es seine Aufgabe war, das Opfer zu verlangen, das allein die Götter versöhnen konnte. Aber Mircea Shar zögerte, und für Sekunden schien sein Blick durch die hohe Gestalt des Oberpriesters hindurchzugehen.
    In seiner Erinnerung liefen die Ereignisse der letzten Tage ab wie eine Kette flammender Bilder.
    Er hatte sie gesehen, die Mächtigen. Wesen, die wie Menschen aussahen, wie Menschen sprachen. Und er hatte in den Trümmern seiner Welt einen blitzeschleudernden schwarzen Gott in seinem Blut liegen sehen gleich einer zerbrochenen Puppe . .
    Ja, sie besaßen Macht.
    Aber waren sie wirklich Götter?
    Etwas in Mircea Shars unbewegter Maske zerbrach. Mit jäher Schärfe wurde ihm bewußt, daß er im Begriff war, dem Wort des Oberpriesters und damit dem Gesetz zu widersprechen. Und wenn er es tat? Würde dann nicht er es sein, nach dessen Opferung die Priester schrien?
    Er wurde der Entscheidung enthoben.
    Von einer Sekunde zur anderen begann vor ihm im Raum die Luft zu flimmern. Der Boden erzitterte. Das ganze Schiff vibrierte; ein heller, singender Ton durchschnitt die Stille, legte die Nerven bloß und schien sich wie ein glühendes Messer in die Gehirne zu bohren.
    Schreiend und wie betrunken taumelten die Menschen hoch.
    Blindlings, in panischem Entsetzen, wandten sie sich zur Flucht, und Bar Nergal stolperte voran und heulte mit sich überschlagender Stimme Gebete und Beschwörungen.
II.
    Eine unsichtbare Gigantenfaust schien das Schiff zu packen.
    Jarlon taumelte zurück und klammerte sich an der Lehne des zweiten Pilotensitzes fest. Charru fiel mit der Schulter gegen das graue Pult, dessen Schaltfeld er betätigt hatte. Die Luft flimmerte, und gleißende Reflexe tanzten vor seinen Augen. Undeutlich hörte er Camelo stöhnen und sah Gerinth quer durch den Raum stolpern. Die unheimliche Vibration ließ die Anschnallgurte der Sitze klirren, erfaßte jeden Gegenstand, drang tief in Körper und Hirn. Zwei, drei Sekunden lang fühlte sich Charru an das gräßliche Gefühl des Wachsens und Sichausdehnens erinnert, das ihn damals überfallen hatte, als er durch die Schleuse aus der Welt unter dem Mondstein floh. Mit jeder Faser spürte er das Erwachen einer unsichtbaren Kraft, einer Kraft, die das Schiff auseinanderzusprengen drohte. Dann war es so plötzlich vorbei, wie es angefangen hatte.
    Camelos Kopf sank gegen die Lehne des Sitzes zurück: er hatte das Bewußtsein verloren. Jarlon richtete sich mühsam auf, die Zähne
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