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Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Titel: Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker
Autoren: Susanne U. Wiemer
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sich um. »Was meinst du, Gerinth?«
    Der alte Mann lächelte. »Es könnte gelingen. Aber wie bringen wir unsere Gegner dazu, lange genug dort unten zu bleiben?«
    »Indem wir den Transportschacht zerstören und das Loch mit einem Gleiterjet blockieren«, schlug Karstein vor.
    »Und du glaubst, so einfach ist das?« fragte Camelo zweifelnd. »Wieso nicht? Ein Loch ist ein Loch, und wenn man es zumacht, dann ist es zu. Warte ab, bis wir hier raus sind, dann kannst du wieder anfangen, die Dinge auf hundert verschiedene Arten zu betrachten.«
    Camelo lachte.
    Unbewußt strich er mit den Fingerkuppen über die Saiten der Grasharfe. Der leise, vibrierende Laut war kaum hörbar, und doch hatte er in diesen Sekunden etwas Ermutigendes.
    »Versuchen wir's!« sagte Charru entschlossen. »Die Nacht ist noch lang. Und wer weiß, ob sie uns überhaupt bis in die Wüste folgen... «
IX.
    Gillon von Tareths roter Schopf schimmerte in der Dunkelheit. Aus schmalen Augen spähte er zu den Felsen hinüber, den Hügelfalten, den wenigen Bäumen, deren Laub im Mondlicht silbern glänzte. Vorsichtig richtete er sich wieder auf und glitt auf Händen und Knien zum Rand des flachen Dachs zurück.
    Geschmeidig landete er neben Charru, Camelo und Gerinth im Gras.
    »Alles ruhig«, berichtete er. »Sie beschränken sich darauf, das Gebiet abzuriegeln. Ich glaube, sie wollen uns lediglich daran hindern, in den nächsten vierundzwanzig Stunden auszubrechen.«
    »Können sie den Platz beobachten?«
    »Nein, bestimmt nicht.«
    Der Platz lag in der Mitte des alten Kadnos, von der ehemaligen Versorgungszentrale und einer Reihe kleinerer Gebäude begrenzt. In seiner Mitte erhob sich eine Statue auf einem Sockel im wogenden Gras. Eine weiße Frauengestalt mit verbundenen Augen, eine Waage in der ausgestreckten Hand, eine marmorne Taube auf der Schulter. Die Terraner kannten weder die Figur Justitias noch die Friedenstaube, aber die einfache Symbolik der Figur hatte sich ihnen sofort entschlüsselt. Frieden und Gerechtigkeit... eine Symbolik, die auf die bedrohten, verfolgten Menschen wie Hohn wirkte.
    Charru straffte sich. »Also los! Kormak soll auf den Liquidationschef aufpassen, Karstein und die anderen Nordmänner kümmern sich um die Priester.«
    Sie wandten sich wieder zur Tür.
    Inder Halle warteten gespannt die anderen. Sie waren erschöpft, aber in ihren Augen lag Hoffnung. Das Leben unter dem Mondstein hatte sie gelehrt, nicht anspruchsvoll zu sein und mit wenig auszukommen, wenn es galt, ihre Hoffnungen und Träume zu nähren.
    Die letzten Vorbereitungen waren praktischer Natur.
    Ein Marsch durch die Wüste lag vor ihnen. Die meisten Tiefland-Bewohner trugen lederne Wasserhäute am Gürtel, die Priester und die Menschen des Tempeltals nicht. Sie verteilten, was vorhanden war und bildeten kleine Gruppen, die unterwegs strikt zusammenbleiben sollten: Frauen und Kinder, Priester und Tempeltal Leute, jeweils geführt von zwei oder drei Kriegern, die dafür sorgen würden, daß niemand die Nerven verlor oder zurückblieb.
    Bar Nergal, zwei Tempeltal-Leute, dazu Camelo und Gerinth, von denen noch am ehesten Geduld mit dem Oberpriester zu erwarten war.
    Gillon von Tareth mit seinem kühlen Verstand, der Jarlons Temperament dämpfen und hysterische Priester beruhigen würde. Die Nordmänner, die Frauen und Kinder notfalls schleppen konnten, wenn es nicht anders ging, Nabu Gor, dessen Einfluß auf die Tempeltal-Leute segensreich war, solange man ihn von Bar Nergal fernhielt. Ayino, der Akolyth, war entschlossen, nicht von der Seite des Fürsten von Mornag zu weichen. Charru lächelte ihm zu. Er mochte den Jungen, der mit so viel Mut und Entschlossenheit seinen eigenen Weg gewählt hatte.
    »Komm, Ayino! Jarlon, Derek, Erein, ihr ebenfalls. Wir bilden eine Kette bis zum Kanal. Camelo, laß die Wasserhäute einsammeln!«
    Sie bewegten sich schnell und lautlos.
    Zwischen den Häusern waren sie nicht zu sehen, doch der Kanal selbst lag im Blickfeld ihrer Gegner. Wie eine Schlange glitt Charru durch das hohe Gras. Jarlon folgte ihm, dann der Akolyth. Im Schutz des ersten Hauses wartete der junge Derek. Leere Wasserhäute wanderten von Hand zu Hand, wurden gefüllt und zurückgereicht. Nichts geschah. Alles blieb still, und als sich Charru im Schatten der weißen Hauswand wieder aufrichtete, war er sicher, daß die Männer des Vollzugs keinen Verdacht geschöpft hatten.
    Nach und nach verließ die ganze Versammlung die große Halle, um sich in den
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