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Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Titel: Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein
Autoren: Susanne U. Wiemer
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sich Charru herum, taumelte gegen einen Felsblock und preßte den Arm über die Augen. Sein Herz trommelte wie rasend, die Gewalt der Wahrheit schüttelte ihn. Die schwarzen Götter waren wirklich! So wirklich wie das Tabu, so wirklich wie der Blitzstrahl, der ihn zerschmettern würde...
    Das Inferno endete so plötzlich, wie es ausgebrochen war.
    Charru hörte das Bersten und Knirschen, mit dem sich die Felswand schloß, das vielstimmige Geschrei, das jetzt den Klang maßloser Erleichterung hatte, das Dröhnen der wieder einsetzenden Trommel. Der Gott war verschwunden. Er hatte Blitze geschleudert und seine Stimme im Zorn erhoben, aber er war verschwunden, ohne die Verletzung des Tabus zu rächen. Charru ließ den Arm sinken und sah sich um. Karstein und Camelo starrten ihn an, immer noch zitternd. Der blonde Nordmann war wie versteinert. Camelo schüttelte den Kopf und fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen.
    »Wir haben sie gesehen«, flüsterte er. »Die schwarzen Götter... Sie kommen wirklich aus den Felsen...«
    »Ja, wir haben sie gesehen.« Charru atmete tief, um sich aus dem Würgegriff der Angst zu befreien. »Aber wir leben noch. Wir haben das Tabu gebrochen und leben noch. Was immer sie sind - sie sind jedenfalls nicht allwissend.«
    »Und wenn das Tabu nur eine Erfindung der Priester ist?« fragte Camelo beklommen.
    »Du meinst - damit sie nicht von den Plateaus her angegriffen werden, so wie damals im Dürre-Krieg?«
    »Ja. Damals gab es das Tabu noch nicht. Und die schwarzen Götter haben sich um den Krieg nicht gekümmert.«
    Charru nickte nachdenklich.
    Nein, die Götter hatten sich nicht um den Krieg gekümmert. Sie hatten nicht einmal den Tod ihrer Priester gerächt. Warum zürnten sie dann jetzt, weil ein anderes, geringeres Tabu verletzt worden war? Oder zürnten sie gar nicht? Konnte es nicht sein, daß es ihnen ganz gleichgültig war, auf welche Weise die Toten bestattet wurden? Daß die Priester nur einen Vorwand suchten, um alle Macht an sich zu reißen?
    Aber er, Charru, hatte den zürnenden Gott gesehen.
    Hieß das dann, daß eine Feuerbestattung ein größerer Frevel war als der Mord an einem Priester?
    Oder waren die Götter launisch? Entsprangen die Gesetze, um derentwillen schon so viele Menschen gestorben waren, nur der Willkür?
    Charru preßte die Lippen zusammen.
    Ein dunkler Zorn regte sich in ihm. Er hatte die Götter gesehen und sie als grausame, willkürliche Götter erkannt. Das war schlimmer, als wären sie nur Blendwerk gewesen, es war das Ende der Hoffnung. Charrus Hände ballten sich, und in einem wilden, rebellischen Aufbäumen beschloß er, die Wahrheit auch weiter zu leugnen.
    »Wir wissen immer noch nicht, ob es wirkliche Götter sind«, stieß er hervor. »Vielleicht sind es Standbilder. Vielleicht haben die Priester die Möglichkeit, diese Blitze selbst zu erzeugen. Wir wissen es nicht!«
    »Nein, wir wissen es nicht«, sagte Karstein hart. »Aber wir wissen, was die Priester tun werden. Sie werden Krieg führen.«
    »Vielleicht. Vielleicht begnügen sie sich aber auch damit, mich vor ihr Gericht zu stellen.«
    »Charru...«
    »Glaubst du, ich lasse zu, daß die Tiefland-Stämme versklavt werden, wenn ich es verhindern kann? Wir müssen es abwarten, Karstein. Kommt, gehen wir zurück.«
    Der dumpfe Trommelwirbel begleitete sie, als sie erneut über das Plateau huschten.
    Über ihren Köpfen färbte sich die blaue Kuppel mit dem ersten Licht des anbrechenden Tages. Der Morgen würde die Entscheidung bringen.
    *
    »Ein beeindruckender Auftritt«, stellte Conal Nord fest.
    Der Präsident lächelte. »Möchten Sie den schwarzen Gott persönlich kennenlernen?«
    »Das ist möglich?«
    »Selbstverständlich. Kommen Sie!«
    Die beiden Männer wandten sich von der schimmernden Halbkugel ab, die sich allmählich heller färbte. Unter dem Mondstein dämmerte der Morgen. Die Priester rüsteten, drei winzige Figürchen kletterten in den Felsen herum -vergeblich versuchte Conal Nord, sich vorzustellen, daß es wirkliche Menschen waren, daß ihre Vorfahren auf der zerstörten Erde und später in einem Reservat des Mars gelebt hatten.
    Eine Wendeltreppe führte durch gewölbte Leuchtwände wie durch eine Röhre nach unten.
    In den Kellerräumen bestanden die Wände aus einfachem grauem Einheitswerkstoff. Lichtgitter an den Decken sorgten für Helligkeit. Der Treppenschacht lag am Ende einer großen Halle, die von einer Reihe ähnlich geformter, aber durchsichtiger
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