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So weit der Wind uns traegt

So weit der Wind uns traegt

Titel: So weit der Wind uns traegt
Autoren: Linda Howard
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den Wagen heran. Während er den Motor abschaltete, entdeckte er seine beiden lebhaften Neffen.
    Madelyn eilte ihm entgegen. „Bin ich froh, dass du da bist!“, erklärte sie. „Diese Satansbraten machen mich ganz verrückt, seit sie wissen, dass du kommst.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihren Bruder auf die Wange.
    Robert umarmte seine Schwester herzlich. Jedes Mal, wenn er den Fuß auf die Ranch setzte, wurde er sofort ruhiger. Hier war er der Natur ebenso nahe wie in Guntersville.
    Madelyn wartete bis nach dem Lunch, obwohl sie vor Neugier beinahe verging. Ihre beiden Söhne hielten Mittagsschlaf, und die Erwachsenen saßen beim Kaffee. „Also, was ist los?“, fragte sie schließlich ohne Umschweife.
    Robert lächelte kläglich. „Ich wusste, du würdest nicht länger warten. Du warst immer neugierig wie eine Katze.“
    „Das stimmt. Nun erzähl schon.“
    Es war seltsam. Robert erinnerte sich nicht, jemals Hilfebei einer persönlichen Entscheidung gebraucht zu haben. Kurz und präzise schilderte er seiner Schwester und seinem Schwager die Situation mit Mercer. Er berichtete, weshalb Evie in den Verdacht geraten war, ebenfalls an der Industriespionage beteiligt zu sein, und erwähnte die Maßnahmen, mit denen er die beiden zum Handeln gezwungen hatte. Er erzählte alles: wie Evie ihr Haus verkauft hatte, um die Versteigerung der Marina zu verhindern, wie sie herausbekommen hatte, dass er, Robert, hinter ihren Schwierigkeiten steckte, und wie sie Mercer auf frischer Tat gefasst hatten. Auch dass Evie seinen Heiratsantrag abgelehnt hatte, verschwieg er nicht.
    Madelyn hatte sich während seines Berichts unwillkürlich aufgerichtet. Doch sie hielt den Kopf gesenkt, und er konnte den Ausdruck in ihren Augen nicht erkennen. Als er geendet hatte, sah sie auf, und er erschrak über den Zorn in ihrem Blick.
    „Bist du derart begriffsstutzig?“, rief sie und sprang so heftig auf, dass ihr Stuhl umstürzte. „Ich nehme es Evie nicht übel, dass sie dich nicht heiraten will. Ich hätte es an ihrer Stelle auch nicht getan.“ Erregt stürmte sie aus dem Raum.
    Robert sah ihr nachdenklich nach. „Ich hatte keine Ahnung, dass meine Schwester so temperamentvoll ist“, murmelte er.
    Ray lachte vergnügt. „Das glaube ich dir aufs Wort. Ich habe ebenfalls ziemlich gestaunt, als sie meinetwegen zum ersten Mal die Beherrschung verlor.“
    Robert drehte sich zu seinem Schwager um. Ray war ein kräftiger Rancher mit blaugrünen Augen und dunklem Haar. Beides hatte er an seine Söhne weitervererbt.
    „Weshalb ist sie so wütend auf mich?“
    „Wahrscheinlich aus demselben Grund wie damals bei mir“, meinte Ray belustigt.
    „Würdest du mir das bitte näher erklären?“, forderte Robert seinen Schwager höflich auf. Oberflächlich wirkte er gelassen, doch in seinem Inneren brodelte es. Er wusste nicht, was er tun sollte, und das war ihm noch nie passiert.
    Ray lehnte sich zurück und spielte mit dem Henkel seiner Tasse. „Einmal hätte ich Madelyn beinahe verloren“, begann er und senkte den Blick. „Vermutlich hat sie es dir nicht erzählt, aber sie hatte mich tatsächlich verlassen. Sie war nicht weit gefahren, nur bis in die Stadt. Doch für mich war es, als wäre sie meilenweit fortgegangen.“
    „Wann war das?“, fragte Robert, und seine Augen wurden schmal. Er ärgerte sich, dass Madelyn ihm nichts davon erzählt hatte.
    „Als sie mit Tyson schwanger war. Ich versuchte alles, um sie zurückzuholen. Leider war ich zu dumm, ihr den einzigen Grund zu nennen, auf den es ankam.“
    Ray will auf etwas Bestimmtes hinaus, erkannte Robert. Sein Schwager sprach normalerweise nicht über private Dinge. „Und welcher Grund war das?“
    Ray sah ihn fest an. „Es ist nicht leicht, jemandem solche Macht über sich zu geben, nicht wahr?“, fragte er. „Es fiel mir ebenfalls unendlich schwer, und du bist doppelt so schlimm, wie ich jemals war – ein echter Teufelskerl und viel gefährlicher, als die Leute wissen sollen. Deshalb behältst du immer die Fäden in der Hand. Du bist es gewöhnt, stets die Kontrolle über alles zu haben. Aber dies kannst du nicht kontrollieren, nicht wahr? Wahrscheinlich weißt du nicht einmal, worum es sich handelt. Ich musste selber mit der Nase darauf gestoßen werden, bevor mir alles klar wurde. Du liebst Evie, habe ich recht?“
    Robert sah seinen Schwager verständnislos an. Liebe? Dieses Wort war ihm noch nie in den Sinn gekommen. Er mochte Evie, das war alles.
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