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So stirbt kein Held

So stirbt kein Held

Titel: So stirbt kein Held
Autoren: Carter Brown
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vergewissern, daß sich Lee Banning nicht wieder hingeschlichen hatte. Amber war nicht gerade begeistert von meinem
Besuch, aber wie sie schon mal sagte, hatte sie sich an meine Anwesenheit
gewöhnt, da der Mensch sich mit der Zeit eben an alles gewöhnte.
    Ich zähle zu jenen Wesen, die
sich stets strebend bemühen, etwas für ihre Bildung zu tun — hauptsächlich
deshalb, weil ich für meine Figur ohnehin nicht noch mehr tun konnte. Manchmal
bin ich dabei freilich etwas durcheinander — zum Beispiel, als Mr. Bliss sagte,
Fernsehen sei immer lustig, außer bei Familienkomödien. Als ich jedoch nun
Amber beim Anziehen zuschaute, da verstand ich, wie er es gemeint hatte.
    Den Wilden Westen kennt
jedermann; man weiß Bescheid über die Ranches und die Pferde und die Sheriffs
mit den zwei und die Bösewichter mit den drei Kanonen und die Saloon-Wirte mit
den vier Assen beim Poker und die Saloon-Mädchen, die in ihren kurzen
Flitterkleidchen nur so herumstehen und warten, daß der Cowboy ihnen einen
ausgibt. Das hat natürlich nichts mit jenem Begriff zu tun, vor dem die
Werbechefs beim Finanzieren von Fernsehfilmen so zurückschrecken (ich glaube,
Sex nennt man ihn), nein, das ist reine Tradition. Ich sagte mir, es sei wohl
Zufall, daß Mr. Bliss bislang in keinem Dead- Shot - Film auf diese Tradition verzichtet
hatte, und wie Amber Lacy nun aussah, würde auch der
Jubiläumsfilm keine Ausnahme bilden, selbst wenn man ihn diesmal vor echter
Landschaft statt in einer alten Tom-Mix-Kulisse drehte.
    In der großen Szene, die
nachmittags drankommen sollte, spielte Amber Lacy ein Saloonmädchen , das vom Schurken entführt und in einer
verlassenen Mine eingesperrt wird — mitten in der Wüste. Sie versucht zu
fliehen, aber nach zwei Meilen Jagd durch ein Kaktusfeld holt er sie ein und
schleppt sie zur Hütte zurück. Ich nehme an, jedermann weiß, wie ein
Flitterkleidchen nach zwei Meilen Kaktus aussieht, es ist zerfetzt bis — na ja,
bis obenhin. Und das war es auch.
    Das Kleid war aus weißem Atlas,
sein Ausschnitt reichte genau bis knapp vor die Ablehnung durch die Zensur,
dann schließlich zu Falten, die theoretisch zehn Zentimeter über den Knien
endeten. Aber der Kostümbildner hatte sich seiner gründlich angenommen,
gründlicher als der beste Kaktus. In Knienähe schwebte noch ein drei Finger breiter Streifen Stoff, die übrigen Falten
freilich endeten oberhalb der Hüfte.
    So war dafür gesorgt, daß die
Zuschauer hübsche Großaufnahmen der schwarzen Seidenstrümpfe bewundern konnten,
die dem Kaktus wohl irgendwie ein Schnippchen geschlagen hatten, desgleichen
der straßbesetzten Strumpfbänder, und endlich auch,
freilich nur flüchtig und züchtig, von des Kostümbildners Auffassung jener
Dinge, die Großmama unter all der Seide zu tragen pflegte. Zusammen mit den
Beinen Ambers — das mußte ich widerwillig gestehen — ergab das ein sehenswertes
Stück Westerntradition.
    Amber rückte das linke
Strumpfband in Position, besah sich noch einmal im Spiegel und lächelte sich
selbstzufrieden an; ich glaube, es lächelt wohl jeder, wenn er das einzig
wahrhaft geliebte Wesen auf der Welt betrachtet. Doch da flog die Tür auf, und
hereingestürmt kam Peggy Banning .
    »Wenn Sie nur ein Quentchen Bildung besäßen, würden Sie anklopfen«, sagte
Amber eisig und wandte sich widerstrebend vom Spiegel ab.
    Peggy Banning atmete heftig. Offenbar hatte sie ihren Herrn Gemahl neuerdings gesucht und er
war ihr wie immer entwischt.
    »Ich sage es Ihnen jetzt zum allerletztenmal «, herrschte sie Amber an. »Lassen Sie die
Finger von meinem Mann, oder ich schneide Ihnen den Hals durch !«
    »Aber Teuerste«, schnurrte
Amber, »Sie sind ja ganz außer sich. Warum werden Sie nicht vernünftig und
geben einfach auf, wenn Sie doch schon so weit hinten liegen ?«
    »Ich meine es ernst«, sagte
Peggy hitzig. »Wenn Sie ihn nicht in Ruhe lassen, bringe ich Sie um !«
    Amber gähnte ihr ins Gesicht.
»Diese abgedroschenen Sprüche gehen mir ja so auf die Nerven; die Rolle der
eifersüchtigen Ehefrau ist doch immer wieder dieselbe. Zu Ihrer Kenntnis
jedoch, meine Liebe: Das große Ereignis hat noch gar nicht stattgefunden .«
    »Ich sage es Ihnen«, wiederholte
Peggy zornig, »zum allerletzten Male...«
    »Ich weiß«, sagte Amber
schnippisch, »und wenn Sie nur ein bißchen Verstand und Ihre große Klappe
gehalten hätten, dann hätte ich Lee schon längst zu dem anderen Abfall geworfen
— es ist doch nichts dran an ihm, von den paar
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