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So stirbt kein Held

So stirbt kein Held

Titel: So stirbt kein Held
Autoren: Carter Brown
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alles
plötzlich unwirklich — als ob ich’s irgendwo schon mal gesehen hätte. Dann fiel
der Groschen: Natürlich hatte ich’s schon mal gesehen, bei der Probe der ersten
Szene an dem Tag, als Lee Banning erschossen worden
war. Nur hatte Banning statt Wheeler hilflos da
draußen gestanden, und Jason hatte Amber, das entführte Saloongirl ,
als Deckung benutzt — an meiner Stelle.
    Al Wheeler streckte den Kopf
hinter dem Mercury vor und sah besorgt herüber, den nutzlosen Revolver in der
Hand. Jason lachte mir höhnisch ins Ohr und hob die freie Hand, um auf den
Leutnant zu zielen.
    Ich brauchte gar nicht
nachzudenken, ehrlich, denn es hatte ja alles im Drehbuch gestanden. Ich neigte
plötzlich den Kopf, machte den Mund weit auf — und dann grub ich meine
sämtlichen Zähne mit aller Macht in Jasons Hand. Er brüllte auf, im nächsten
Augenblick flog ich durch die Gegend und landete mit einem schmerzhaften Plumps
sowie mit der Nase im Sand.
    Zwei Schüsse knallten kurz
hintereinander, gefolgt von einem dritten — und dann kam nichts mehr. Ich
krabbelte auf Knien und Händen und rieb mir verzweifelt die Augen, um den Sand
loszuwerden und zu sehen, was nun eigentlich passiert war.
    Ganz in der Nähe vernahm ich
leise Schritte, die im Sand knirschten, und ich dachte schon, jetzt stirbst du
gleich vor Angst, wenn du nicht endlich siehst, wer das ist. Die Schritte kamen
noch näher, und in meiner Verzweiflung riß ich die Augen weit auf, aber ich
konnte nichts klar erkennen, nur die vagen Umrissen einer Gestalt, die vor mir stand.
    »Wenn die Gymnastik solche
Wirkung zeitigt, Liebste«, sprach eine ehrfürchtige Stimme, »dann solltest du
nie damit aufhören !«
    Da weinte ich aus reiner
Erleichterung, und die heißen Tränen spülten mir den restlichen Sand aus den
Augen, und ich konnte wieder sehen. Al Wheeler hielt mir ein Taschentuch hin
und wartete, bis ich mir ein paarmal die Nase geschneuzt und die Augen gewischt hatte.
    »Das war ein wirklich
raffiniertes Manöver, Mavis «, sagte er aufgeräumt.
»Ein Weilchen sah es ziemlich dumm für uns aus .«
    Unwillkürlich blickte ich zur
Hütte hinüber, wo Jason in einem unordentlichen Haufen vor der Tür lag.
    »Hat’s ihn erwischt ?« sagte ich erlöst.
    »Er war ein miserabler
Schütze«, meinte Al.
    »Wie geht’s ihm denn ?«
    Ein beleidigter Ausdruck huschte
über sein Gesicht. »Er ist tot, natürlich«, sagte er kühl. »Hältst du mich für
einen Amateur — oder vielleicht für ’nen Schauspieler ?«
    »Entschuldige bitte«, sagte
ich. »Ich bin eben ganz daneben .«
    »Na klar«, meinte er. »Aber nun
ist ja alles überstanden .«
    Ich erhob mich mit einiger Mühe
und fing an, den Sand abzuwischen, der überall an mir klebte. Ich muß sagen, Al
war wirklich nett und bestand darauf, mir zu helfen. Ich habe nie einen
gewissenhafteren Menschen erlebt, er hörte nicht auf, bis auch das allerletzte
Körnchen weg war.
    Dann ging ich in die Hütte
zurück und zog Rock und Bluse wieder an; beim Herauskommen achtete ich sorgsam
darauf, daß mein Blick nicht auf Jason fiel, das hätte mich gleich wieder
nervös gemacht.
    »Quetsch dich in den Healy, Mavis «, sagte Al. »Ich komme gleich nach .«
    Ich tat wie geheißen, und
»quetschen« war das richtige Wort dafür. Ich hätte nie gedacht, daß Sportwagen
so klein sind, sie passen einem wie ein Hüfthalter. Dann kam Al und klemmte
sich hinters Steuer.
    » Polnik kann den Rest besorgen«, meinte er leichthin, »aber ich hielt es für besser,
den Ring schon mal mitzunehmen .«
    »Al«, sagte ich leise, »ich
hab’ mich schrecklich dumm benommen. Wie konnte ich mich nur für so einen
Strolch wie Jason Kemp erwärmen ?«
    »Mach dir keine Gedanken,
Liebste«, meinte er sanft. »Auf seine Gefühle kann sich der Mensch nun mal
nicht immer verlassen .«
    »Vielen Dank, Al .« Ich lächelte zu ihm auf. »Und auch besten Dank, daß du
mir das Leben gerettet hast; stell dir nur vor, der Schuft hat mich mit dem
Versprechen herausgelockt, er wolle mir den Sonnenuntergang in der Wüste zeigen .«
    »Das ließe sich ja noch
nachholen, Mavis «, sagte Al. »Etwa in zehn Minuten
ist es soweit, und ich kenne auch genau die richtige Stelle. Ich glaube, um
danach im Büro alles zu klären, genügt mir eine Stunde. Und dann...«
    Er ließ den Motor an, während
er noch sprach, und das Ding lärmte derart, daß ich nicht mehr viel von dem
verstand, was Al sagte, nur hier und da ein Wort wie »Apartment«,
»Stereoanlage« und
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