So stirbt kein Held

argwöhnisch.
»Was wollen Sie damit sagen ?«
    »Ich habe Verständnis dafür,
wenn man jemanden halbtot prügelt, der einen vertrauensvollen Freund um viel
Geld betrogen hat«, sagte ich vorsichtig. »Aber ich bleibe hier und passe auf,
daß Sie dabei nicht zu enthusiastisch ans Werk gehen und ihm vielleicht ganz
und gar das Lebenslicht ausblasen .«
    Ein Lächeln breitete sich
langsam über sein Gesicht. »Vielen Dank, Leutnant«, flüsterte er. »Ich bin
angenehm überrascht, wie verständnisvoll Sie der Situation gegenüberstehen .« Er nahm eine Hand aus der Tasche und schnalzte. » Toro !«
    Der Rübezahl grunzte, und einen
Augenblick darauf durchschlug seine Faust Bliss’ Deckung und landete auf der
Schramme über dem rechten Auge; das dumpfe Geräusch ließ mich zusammenzucken.
Bliss stieß einen schrillen Schrei aus und fiel vornüber, beide Hände aufs
Gesicht gepreßt.
    »Aufhören, Kent, bitte !« wimmerte er. »Sie hat Sie belogen ,
ich schwöre es! Ich habe ihr den Ring nie versprochen, niemals !«
    »Sie haben ihn Banning vom Finger gezogen, als er erschossen worden war«,
knirschte Ivorsen . »Und soviel Sie zu diesem Zeitpunkt wußten, war er echt. Warum haben Sie das getan ?«
    »Es ist eine Lüge !« stöhnte Bliss. »Eine schmutzige Lüge!«
    Ivorsen nahm die Zigarre aus dem Mund
und betrachtete sie ein Weilchen interessiert, dann seufzte er tief. » Toro ?«
    »Nein !« schrie Bliss. »Nicht noch einmal!«
    »Gehen Sie in sich, Lucian«,
sprach Ivorsen ernst. »Und fragen Sie sich selbst:
Gibt es etwas Besseres als die Wahrheit ?« Er rammte
die Zigarre wieder zwischen die Lippen. »Ich möchte, daß Sie es mir freiwillig
sagen, Lucian — es würde mich zutiefst schmerzen, wenn Sie vielleicht das eine
Auge verlören .« Er wartete einen Augenblick, und als
Bliss noch immer keine Antwort gab, seufzte er nochmals. » Toro ?«
    » Hrrrm !« Toro hob den starken Arm,
zielte auf Mr. Bliss’ Gesicht — und in diesem Moment streckte der Produzent die
Waffen.
    »Okay«, stammelte er
verzweifelt. »Ich sage alles — aber befehlen Sie diesem Unmenschen, daß er
aufhört .«
    »Er hört auf«, meinte Ivorsen , »solange Sie die Wahrheit sagen, die reine
Wahrheit .«
    »Ich habe den Ring an mich
genommen«, erklärte Bliss dumpf. »Aus Verzweiflung. Ich hatte das Geld der
Firma zum Teil für mich verbraucht. Es war unmöglich, es bis zur nächsten
Quartalsprüfung durch Ihre Revisoren zu ersetzen. Der Ring war zum vollen Wert
versichert, und ich hoffte, die Versicherungssumme würde mir aus der Patsche
helfen, bis ich den Ring verkaufen konnte. Dann wäre alles wieder im Lot
gewesen .«
    Ivorsen wandte den Kopf und sah mich
tiefbetrübt an. »Da sehen Sie es selbst, Leutnant«, sprach er mit Grabesstimme.
»Ich habe eine Schlange an meiner Brust genährt .«
    »Das kommt eben davon, wenn man
ein so ehrliches Gesicht hat«, meinte ich. »Wie haben Sie sich denn zu Bannings Forderung nach einem neuen Vertrag gestellt ?«
    »Ein neuer Vertrag ?« wiederholte er langsam. » Banning hat mich nie darum gebeten .«
    »Wie groß ist denn Bliss’
Anteil an Dead Shot ?« fragte ich rasch.
    »Fünfzehn Prozent«, sagte er.
»Offenbar war ihm das nicht genug, obwohl ich das ganze Geld aufgetrieben habe,
um sein Unternehmen überhaupt erst zu ermöglichen. Ein überaus gefährliches
Risiko übrigens, das werden Sie verstehen ?«
    »Wenn Banning Sie um einen Anteil an der Serie gebeten hätte, mit der Drohung, andernfalls
auszusteigen«, sagte ich. »Was hätten Sie getan ?«
    »Mit ihm stand und fiel die Serie«,
sagte Ivorsen nachdenklich. »Ich hätte mich mit ihm
geeinigt. Vielleicht hätte ich ihm die Hälfte von Bliss’ Anteil zugestanden,
wenn Banning ganz hartnäckig geblieben wäre .«
    »Er verlangte zwanzig Prozent«,
sagte ich, »und hat Bliss einen Monat Frist eingeräumt, den neuen Vertrag zu
unterschreiben. Sonst wollte er aussteigen. Als er starb, war die Frist bis auf
etwa eine Woche abgelaufen .«
    Ivorsen musterte seinen Produzenten
vorwurfsvoll. »Sie hatten kein Vertrauen zu mir, Lucian, Sie haben mir kein Wort
von all dem gesagt. Ich bin Ihnen sehr böse .«
    »Bitte«, jammerte Bliss, »darf
ich mich hinsetzen ?«
    »Aber natürlich.« Ivorsen nickte. »Ich bin ja kein Sadist. Toro !«
    Es folgte das unausbleibliche Grunzen,
dann packte der Riese Bliss am Sakko und katapultierte ihn quer durch den
Wohnwagen in einen Sessel. Der Produzent landete überaus heftig.
    »So«, sagte Mr. Ivorsen