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So still die Toten

So still die Toten

Titel: So still die Toten
Autoren: Mary Burton
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Schnürstiefel. Unter der Jacke lugte ein Pistolenholster hervor.
    »Ich gebe mir Mühe. Kommen Sie gerade aus den Bergen?«
    »So ungefähr.«
    »Sie sind ja der reinste Holzfäller.«
    Kiers Lächeln erreichte seine Augen nicht. »Stimmt.«
    Von ihrem Badeanzug tropfte Wasser. Sich vor dem Detective abzutrocknen, fühlte sich irgendwie seltsam an. Aber die kühle Luft und die Tatsache, dass sie sich von ihm nicht ins Bockshorn jagen lassen wollte, veranlasste sie, sich langsam Arme und Beine abzutrocknen, als wäre sie völlig unbekümmert. »Und was führt Sie ins Fitnessstudio, Detective? Denken Sie über eine Mitgliedschaft nach?«
    Sein Blick blieb unbewegt. »Nein, ich bin dienstlich hier.«
    Angie schlang sich das Handtuch um die Hüfte, steckte es fest und schlüpfte in die bereitstehenden Flipflops. Wie hatte er sie gefunden? Dann fiel ihr ein, dass sie Kiers Partner, dem Freund ihrer Schwester, ein Mal erzählt hatte, dass sie jeden Morgen hier schwimmen ging. »Brauchen Sie einen Anwalt?«, stichelte sie. »Ich würde mich freuen, Sie in meinem Büro zu empfangen. Rufen Sie einfach meine Sekretärin an und vereinbaren einen Termin.«
    »Ich brauche Ihre Dienste nicht.«
    »Warum sind Sie dann hier? Aus Langeweile? Wollen Sie mich mal wieder ein bisschen ärgern?« Seit dem Dixon-Prozess war Kier auf schattenhafte Art ständig präsent gewesen. Er schien keine Gelegenheit auszulassen, sie herauszufordern.
    »Ich ärgere Sie nicht.« Seine Selbstgefälligkeit strafte seine Worte Lügen. »Sie könnten mir nicht gleichgültiger sein.«
    »Gehen Sie deshalb mehrmals pro Woche abends ins King’s?«
    Malcolm zuckte die Schultern. »Mir schmeckt das Essen dort. Außerdem wissen Sie doch, dass ich direkt gegenüber wohne.«
    »Ja, klar. Und warum finden Sie immer einen Vorwand, mich im Gericht aufzuhalten, wenn ich ohnehin schon spät dran bin?«
    »Nur Small Talk.«
    »Was ist mit den vier Strafzetteln wegen falschen Parkens, die ich im letzten Jahr bekommen habe?«
    »Die Stadt kennzeichnet die Bereiche, in denen Parkverbot herrscht, klar und deutlich. Sie leiden unter Verfolgungswahn.« Malcolm griff in seine Jackentasche und zog ein Theaterprogramm heraus. »Ich möchte, dass Sie sich das hier ansehen.«
    Ärger stieg in Angie auf und verspannte die Muskeln, für deren Entspannung sie so hart trainiert hatte. »Ein Gespräch über die schönen Künste passt gerade nicht in meinen Zeitplan, Detective.«
    Er reichte ihr das Programm, als hätte sie gar nichts gesagt. »Kennen Sie diese Frau?«
    Angie weigerte sich, das Programm anzusehen, um ihm nicht die Genugtuung zu verschaffen, dass er dieses kleine Wortgefecht gewonnen hatte. »Wie gesagt, rufen Sie meine Sekretärin an.«
    Malcolms Blick verdunkelte sich, doch er wandte seine Augen nicht ab und hielt ihr weiter das Foto hin. »Entweder Sie schauen es sich hier an oder auf dem Polizeirevier. Mir ist es gleich.«
    »Das würden Sie nicht wagen.«
    »Nichts würde mir mehr Spaß machen, als Sie um ein bisschen Arbeitszeit zu bringen.«
    Mistkerl
. Er würde es wirklich tun. Angie blinzelte und senkte den Blick. Das blasse Gesicht und das blonde Haar der jungen Frau auf dem Foto betonten ihre hohen Wangenknochen. Ihre grünen Augen strahlten, und die leicht nach oben gezogenen Mundwinkel wirkten, als würde sie ein Geheimnis kennen.
    Angie kannte die Frau. »Ihr Name steht in dem Programm. Sie können doch lesen, oder?«
    Malcolm hielt ihr das Foto noch eine Sekunde länger hin, dann verstaute er es gemächlich wieder in seiner Jackentasche. »Seit wann ist Sierra Day Ihre Mandantin?«
    Wütende Cops und Staatsanwälte auflaufen zu lassen, gehörte zum täglichen Brot eines jeden Verteidigers. »Ich spreche nicht über meine Mandanten. Sie erinnern sich vielleicht an das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant, Detective?«
    »Womit hat sie Sie beauftragt?«
    »Darüber kann ich Ihnen nichts sagen.«
    »Erzählen Sie mir von der Scheidung. War sie schlimm?«
    »Wenn Sie schon alle Antworten kennen, warum sind Sie dann hier?«
    »Es heißt, Sierra Day und ihr zukünftiger Exmann seien ein paar Mal aneinandergeraten.«
    »Reden Sie doch mit ihm.«
    »Ich frage aber Sie.«
    Angie bändigte ihren Zorn und fragte sich mit einem Mal, wieso er eigentlich hier war. Kier war Detective beim Morddezernat, und dies war kein Freundschaftsbesuch. Was war geschehen? Sie dachte an das letzte Mal, als sie Sierra gesehen hatte. Die Frau war unangemeldet in
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