Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So still die Toten

So still die Toten

Titel: So still die Toten
Autoren: Mary Burton
Vom Netzwerk:
aufgenommen. Eine an der Decke angebrachte Glühbirne spendete nicht genug Licht, um das Foyer vollständig zu erhellen, doch Malcolm vermutete Absicht dahinter. Bei guter Beleuchtung wären Alter und Abnutzung des Gebäudes wohl stärker aufgefallen. An der Wand waren Dutzende braune Schachteln gestapelt, auf denen das Logo A&A DRUCK prangte.
    »Fangen Sie immer so früh an zu arbeiten?«, fragte Malcolm.
    »Für mich ist es spät. Ich bin seit sechsunddreißig Stunden hier.« Die Stimme des Mannes klang gereizt.
    Malcolm bemühte sich, ruhig zu bleiben, und rief sich ins Gedächtnis, dass er ebenfalls unter Schlafmangel litt. »Das ist hart.«
    Burgess massierte sich den Nasenrücken. »Es war eine lange Nacht. Meine Zweitbesetzung für Sierra Day ist eine Katastrophe. So, wie sie spielt, schreiben uns die Kritiker bei der Eröffnung nächste Woche in Grund und Boden. Können wir bitte einfach nur über die Vermisstenmeldung reden?«
    »Sie haben schon einen Ersatz für Sierra Day?«
    »Ich habe zwei Tage gewartet, aber ich musste weitermachen. An diesem Stück arbeiten eine Menge Leute mit, das kostet mich ein Vermögen.«
    »Könnte sie vielleicht einfach abgehauen sein?«, fragte Malcolm.
    »Sierra ist aufbrausend, zickig und sehr schwierig, aber sie verpasst nie eine Probe oder einen Fototermin. Dafür ist sie viel zu eitel. Und zu ehrgeizig.«
    »Was ist mit einem Mann oder mit Drogen?«, erkundigte sich Garrison.
    »Unwahrscheinlich. Wobei, sie hatte schon reichlich Männerbekanntschaften. Aber das Theater kommt immer an erster Stelle. Sie liebt es. Und sie hat noch nie Drogen genommen.«
    »War sie wegen irgendetwas verärgert? Hatten Sie beide Streit miteinander?«
    »Als sie das letzte Mal hier war, haben wir uns wegen der Beleuchtung in die Wolle gekriegt. Unser neuer PR-Mann meinte, das Licht wirke warm, und da machte sie sich Sorgen, sie würde auf der Bühne anfangen zu schwitzen, und das Publikum könnte es sehen.«
    »War es ein heftiger Streit?«
    »Wir haben uns angeschrien. Und uns ein paar Beleidigungen an den Kopf geworfen. Aber so läuft das bei uns. Wenn ich sie zickig nenne, meine ich das nur freundlich.«
    »Sie war also wütend, als sie gegangen ist«, sagte Malcolm. »Könnte es nicht sein, dass sie sich irgendwo versteckt hält und abwartet, um Sie schmoren zu lassen?«
    »Das sollte sie lieber nicht tun. Sonst drehe ich ihr womöglich eigenhändig den Hals um.« Burgess’ übertriebene Betonung nahm seinen Worten die Spitze. Er klang wie ein Schauspieler auf der Bühne.
    Malcolm zog die Augenbrauen hoch. »Warum das denn?«
    »Ich habe dieses Stück wegen ihr ausgesucht. Sierra ist die perfekte Katherine. Die Rolle ist ihr wie auf den Leib geschrieben, und ich hatte auf beste Kritiken gehofft. Dann ist sie auf einmal weg.«
    »Haben Sie ein Foto von Ms Day?«
    Der Regisseur nickte und griff in eine der Schachteln von A&A DRUCK. »Ist gerade gekommen. Jetzt müssen wir eine Berichtigung drucken lassen.« In der Schachtel befanden sich Programmhefte für
Der Widerspenstigen Zähmung
. Burgess schlug ein Heft auf Seite drei auf und zeigte den beiden Detectives das Foto einer Blondine mit strahlenden Augen und einem Lächeln, mit dem sie vermutlich jedem Mann den Kopf verdrehen konnte.
    Malcolm wusste nicht, ob es sich bei der Schauspielerin um ihr Opfer handelte, aber die Vorstellung, einer so jungen, lebhaften Frau könnte die Identität genommen worden sein, machte ihn krank.
    »Haben Sie Sierra nun gefunden oder nicht?«, fragte Burgess.
    »Wir haben eine Leiche gefunden«, antwortete Malcolm und wählte seine Worte mit Bedacht. »Aber wir haben noch keine Identifizierung.«
    Burgess erbleichte. »Sie können das Foto nicht mit der Leiche vergleichen?«
    »Leider nein.« Und ohne zu viel preiszugeben, fügte er hinzu: »Der Mörder hat nicht viel übrig gelassen.«
    Burgess sah entsetzt aus. »Wie ist sie gestorben?«
    »Kann ich noch nicht sagen. Im Moment versuchen wir erst ein Mal, die Identität zu bestimmen. Die Vermisstenmeldung von Sierra Day passt zu dem, was wir über unser Opfer wissen. Gibt es irgendjemanden, der Sierra etwas angetan haben könnte?«
    »Fragen Sie lieber, wer es nicht getan haben könnte.«
    Malcolm hob die Augenbrauen und zog seinen Notizblock heraus. »Fangen Sie ganz von vorn an.«
    Terry Burgess starrte auf den Stift, der schreibbereit über dem Notizblock schwebte. »Hey, als ich gesagt habe, ich könnte Sierra umbringen, habe ich das nicht wörtlich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher