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So frei wie der Himmel

So frei wie der Himmel

Titel: So frei wie der Himmel
Autoren: Linda Laell Miller
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wieder aus. Dann schleuderte sie das Telefon auf den Beifahrersitz, startete den Wagen und fuhr Richtung Indian Rock.
    Die Stadt hatte sich nicht sehr verändert, seit sie mit siebzehn weggezogen war, um in Tuscon aufs College zu gehen. Die Reinigung, die Bücherei, die Grundschule alles stand noch an seinem alten Platz. Auch die kleine weiße Kirche, wo sie sich abgemüht hatte, Geschichten über die Arche Noah und brennende Büsche zu begreifen, und 25-Cent-Stücke aus einem billigen Stofftaschentuch gewickelt und in den Klingelbeutel geworfen hatte.
    Als Cheyenne die Hauptstraße entlangfuhr, richtete sie sich ein wenig auf. Am alten Bahnhof, der schon vor langer Zeit in ein kleines Einkaufszentrum umgebaut worden war, bog sie links ab. Der Mietwagen rumpelte über Zuggleise und an heruntergekommenen Wohnwagensiedlungen vorbei durch einen kleinen Pappelwald. Ein uralter Gitterrost ratterte unter den Rädern.
    Cheyenne seufzte dankbar, weil er nicht unter ihr weggebrochen war. Kurz darauf bremste sie ab, um auf die schmale unbefestigte Straße einzubiegen, die zum Haus führte. Es war in den letzten Jahren ziemlich heruntergekommen. Überall wucherte Unkraut, rostige Stacheldrahtspulen lagen verstreut auf dem Boden. Die Veranda war ein paar Zentimeter abgesackt, die Seitenwände hielten nur noch dank farblich nicht passender Bretter.
    Gram war so stolz auf ihr Haus und den Garten gewesen. Es würde ihr das Herz brechen, es jetzt so zu sehen.
     
    Der alte Lieferwagen ihrer Mutter, genauso ein Flickwerk wie das Haus, stand mit offener Tür in der Auffahrt.
    Cheyenne hatte eigentlich gehofft, ein paar Tage vor ihrer Mutter und ihrem Bruder in Indian Rock anzukommen, damit sie zumindest eine Rampe für Mitchs Rollstuhl bauen konnte. Sie stellte den Motor ab und musterte das einzige Heim, das sie je gekannt hatte.
    "Ich könnte dir mein Erbteil zeigen, Nigel", murmelte sie. "Du müsstest nur in deinen Bentley hüpfen und nach Indian Rock in Arizona fahren."
    Auf einmal schwang die Eingangstür auf, und Ayanna Bridges trat in einem ausgeblichenen Baumwollkleid, Turnschuhen und zaghaft lächelnd auf die Veranda. Ihr glattes schwarzes Haar reichte ihr bis zu den Hüften, locker zusammengehalten von einer silbernen Spange, die sie vermutlich schon seit den Sechzigerjahren besaß. Als ihre Mutter die wackelige Treppe hinunterlief, sprang Cheyenne aus dem Auto.
    "Sieh nur", rief Ayanna. "Ich habe ein paar alte Bretter hinter dem Schuppen gefunden und eine Rampe gebaut. Mitch saust rauf und runter wie nichts!"
    Das Leben hatte Ayanna immer gezwungen, erfinderisch zu sein. Behelfsmäßige Rampen für ihren Sohn zu bauen, gehörte zu ihren leichtesten Übungen. Sie hatte als Bedienung gearbeitet, mit verschiedenen Sozialämtern gerungen, um die medizinische Versorgung von Mitch zu sichern, und Kosmetik und Wundervitamine verkauft. Dabei zeigte sie niemals auch nur einen Anflug von Selbstmitleid. Zumindest nicht ihren Kindern gegenüber.
    Cheyenne zwang sich zu einem Lächeln und tat, als bewunderte sie die verwitterten Bretter. Zweifellos benutzte Mitch sie auch, um aus dem Lieferwagen herauszukommen. Wenn - falls - sie den Bonus bekam, wollte Cheyenne einen neuen Lieferwagen kaufen, mit einem speziellen hydraulischen Lift und vielleicht sogar mit einer Handschaltung. Bis dahin mussten sie irgendwie zurechtkommen, wie sie eben immer schon irgendwie zurechtgekommen waren.
    "Gute Arbeit", bemerkte Cheyenne.
    Ayanna hatte inzwischen die Mitte des Gartens erreicht und schloss Cheyenne derart liebevoll in die Arme, dass ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie musste ein paarmal blinzeln, bevor sie den zärtlichen Blick ihrer Mutter erwidern konnte.
    "Wo ist Mitch?", fragte Cheyenne.
    Blick ihrer Mutter
    "Drinnen", antworte Ayanna leise. "Mal wieder am Grübeln. Er vermisst seine Freunde in Phoenix. Aber er wird schon wieder, wenn er erst mal eine Weile hier ist und sich eingewöhnt hat."
    Cheyenne verstand ihren Bruder. Auch sie selbst dachte sehnsüchtig an ihre Einzimmerwohnung im sonnigen San Diego, eine halbe Meile vom Strand entfernt, die sie nun untervermietet hatte. Und auch das bereitete ihr Sorgen. Wenn sie Jesse McKettrick nicht davon überzeugen konnte, fünfhundert Morgen erstklassiges Land zu verkaufen, würde sie weitaus mehr als nur ihren Job verlieren. Dann müsste sie länger in Indian Rock bleiben, sich irgendeine Arbeit suchen und jeden einzelnen Penny sparen, bis sie es sich leisten konnte, woanders wieder ganz von
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