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Slow Travel: Die Kunst Des Reisens

Slow Travel: Die Kunst Des Reisens

Titel: Slow Travel: Die Kunst Des Reisens
Autoren: Dan Kieran
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Führern derNuklearmächte abgeliefert, auch wenn sie ihn nicht persönlich übergeben konnten. Sie wurden jedes Mal freundlich in Empfang genommen, bekamen aber immer das Gleiche zu hören – wenn die anderen Nationen bereit wären, ihre Nuklearwaffen abzuschaffen, würde man das ebenfalls tun. Egal bei welcher Weltmacht sie vorsprachen, in jedem Land spürte Kumar dasselbe:
    Ich spürte die Angst in Moskau und in Washington, in Paris und in London. Der Feind ist weder Russland noch Amerika. Die Angst ist der Feind unserer modernen Gesellschaft … Am Ende von 13 000 Kilometern und 18 Monaten Wanderung stand die bürokratische Verteidigung der Angst.
    Sie begegneten jedoch einem Mann, der sie beeindruckte: Martin Luther King lud sie ein, ihn zu besuchen, nachdem er gerade seine Rede »Ich habe einen Traum« in Washington gehalten hatte. In seinem Haus entdeckten die beiden Pilger ein großes Bild von Gandhi an der Wand, und King sagte: »Meine Gewaltlosigkeit ist eine revolutionäre Gewaltlosigkeit, die bis in die hintersten Winkel des menschlichen Bewusstseins reicht. Ich bin davon überzeugt, dass wir siegen werden.«
    Kumar – der wandernde indische Heilige – war Teil des Zeitgeists der Veränderung, der in den 1960er und 70er Jahren in der Populärkultur der USA und Europas herrschte, als die Jugend sich neuen Ideen zuwandte, so wie es Zweig und seine Zeitgenossen über ein halbes Jahrhundert früher in Wien getan hatten. Die Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg, der Protest der tschechischen und der slowakischen Bevölkerung gegen den Kommunismus und der Kampf für die Bürgerrechte setzten sich in denLebensbereichen fort, auf die die Jugend zumindest etwas Einfluss hatte: Musik, Kunst und Kultur – Bereiche, in denen die rechte Gehirnhälfte eine besondere Rolle spielt. Die Sehnsucht nach einer neuen Lebensform brachte viele Menschen aus dem Westen dazu, in den Fernen Osten zu reisen, um »sich selbst zu finden«, was ihnen häufig durch eine Kombination aus psychedelischen Drogen und Meditation gelang. Diese Menschen wandten sich mit großer Überzeugung gegen scheinbar unüberwindbare Hindernisse, um die Ungerechtigkeit in der Welt zu bekämpfen.
    Vor einigen Jahren schrieb ich ein Buch über politische Aktivisten in Großbritannien, die aufgrund der Anti-Terror-Gesetze Gefahr liefen, verhaftet zu werden. So hat die Regierung unter Tony Blair beispielsweise ein Gesetz erlassen, das es verbietet, innerhalb von 1000 Metern vor dem Parlamentsgebäude zu demonstrieren, ohne vorher eine polizeiliche Genehmigung einzuholen.
    Anti-Terror-Gesetze für die Beschneidung der Redefreiheit zu nutzen entsprach dem Sieg der Angst über die Demokratie, den auch Kumar auf seiner Pilgerfahrt beobachtet hat – und ist das ganze Gegenteil von dem, was alle demokratischen Regierungen mit der Macht, die ihnen verliehen worden ist, schützen sollten. Dennoch waren diese Aktivisten vollkommen davon überzeugt, dass sie einen Wandel anstoßen und eine bessere Zukunft gestalten könnten. Viele von ihnen waren Hippies, die von einem neuen Idealismus erfüllt waren, der auf Gemeinschaft, Kooperation und Gewaltlosigkeit basierte – was sehr an Kumars Vorstellungen erinnert und bei Politikern heutzutage nur selten zu finden ist. Oft wurde ihnen vorgeworfen, sie wären unrealistisch, doch Kumar verwies auf den Schmerz und das Leid in der Welt, für das die Realisten verantwortlich sind. Viele der Aktivisten, die ich traf, hatten sich in spirituellenGemeinschaften der Meditation zugewandt, um ihr Dasein zu erforschen, selbst wenn sie nicht selbst in den Fernen Osten gereist waren. Es ist beinahe zu einem Klischee geworden, aber die östliche Kultur hat offensichtlich etwas an sich, was wir in unserer Kultur nicht finden können. Vielleicht sind es die unterschiedlichen Weltanschauungen, die noch immer viele dazu inspirieren, in der modernen Version der Kavalierstour, dem Jahr zwischen Schule und Universität, in den Fernen Osten zu reisen.
    Kumar ließ sich schließlich in England nieder und wurde Herausgeber der Zeitschrift Resurgence , die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Idee des ökologischen Humanismus zu verbreiten. Er fing damit an, die Ideen, die er während seiner gewaltlosen spirituellen Wanderung entwickelt hatte, in die Praxis umzusetzen. Er gründete eine Schule, das Schumacher College, in der Philosophie, handwerkliche Fertigkeiten und wissenschaftliches Arbeiten den gleichen Stellenwert haben, und führte
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