Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
zurück. Er stürmte durch die Tür hinaus in eine Gasse auf der Rückseite des Gebäudes. Jähes Sonnenlicht, er konnte erst nichts erkennen. Er kniff die Augen zusammen, sah nach links und dann nach rechts, und da erkannte er die Kellnerin, die geradeaus den Berg hinauflief. Sah aus wie etwa dreißig Meter Vorsprung.
    Reicht völlig.
    Er rannte los.
    Bei dem Zweikampf hatte sich das Netz so richtig aufgebaut. Es wärmte ihn jetzt wie die Sonne, und der Schmerz in seiner Seite fiel von ihm ab und wurde zu einer Erinnerung und dem losgelösten Wissen, dass er blutete. Sein Blick schärfte sich, konzentrierte sich auf die Frau, die von ihm weglief, während der Rand seines Blickfelds durch die Helligkeit zu einem verschmierten Streifen wurde. Als sie nach links abbog, aus der direkten Sichtlinie heraus, hatte er die Kluft um etwa ein Drittel geschlossen. Er erreichte den Abzweig und landete in einer weiteren Hinterhofgasse von kaum der Breite seiner Schultern. Ungestrichene Fertigbauwände mit kleinen, hoch liegenden Fenstern, Stapel von Kunststoffplatten zum Bauen sowie Rahmen aus einer Legierung lehnten im steilen Winkel daran, weggeworfene Getränkedosen lagen auf dem schmutzigen Boden. Seine Füße verfingen sich kurz in der losen Polyäthylenverpackung eines der Rahmen. Gaby weiter vorn war bereits nach rechts abgebogen. Er glaubte nicht, dass sie sich umschaute.
    Er erreichte den neuen Abzweig, blieb wie angewurzelt stehen und kämpfte den Drang nieder, den Kopf vorzustrecken. Die Straße, in die Gaby nach rechts abgebogen war, war eine mit Evercrete gepflasterte und locker von Menschen bevölkerte Hauptstraße. Er hockte sich hin, kramte seine Cebebrille hervor und spähte auf Kniehöhe um die Ecke. Erleichtert darüber, in dem harten Licht nicht die Augen zusammenkneifen zu müssen, erkannte er sofort Gabys fliehende Gestalt inmitten der Menge. Sie warf einen Blick zurück über die Schulter, hatte ihn jedoch eindeutig nicht entdeckt, denn sie jagte nicht panisch weiter, sondern holte nur einmal tief Atem und trabte dann locker und schnell die Straße entlang. Carl sah ihr ein paar Sekunden lang zu, ließ die Kluft gut fünfzig Meter breit werden, schlüpfte dann hinaus und folgte ihr mit gebeugten Knien, um den Kopf tief zu halten. Dafür erntete er zwar ein paar merkwürdige Blicke, aber niemand sprach ihn an, und, noch wichtiger, niemand gab eine laute Bemerkung ab.
    Ihm blieben, so schätzte er mit der Klarheit des Netzes, etwa zehn Minuten. So lange würde es brauchen, bis die Nachricht von der Schlägerei in der Bar die Campleitung erreichte und jemand einen Hubschrauber in die Luft über die rechteckig angelegten Straßen von Garrod Horkan 9 schicken würde. Wenn er Gray bis dahin nicht gefunden hätte – dann wäre das Spiel vorbei.
    Drei Blocks weiter überquerte Gaby jäh die Straße und betrat einen eingeschossigen Fertigbau. Carl sah, wie sie das mattgraue Rechteck einer Schlüsselkarte aus ihrer Jeans holte und ins Schloss steckte. Die Tür öffnete sich, und sie verschwand im Innern. Zu weit weg, um eine Zahl oder ein Namensschild erkennen zu können, aber vor dem Haus hingen Körbe mit gelb blühenden Kakteen. Carl rannte zum nächsten Ende des Baus, schlüpfte in die Gasse zwischen dem Gebäude und seinem Nachbarn und ging zur Rückseite. Er entdeckte ein Toilettenfenster, das jemand offen gelassen hatte, hebelte es auf, stemmte sich hoch und kletterte über das Fensterbrett. Ein diffuser Schmerz von der Stichwunde loderte auf, durchtrennte Muskeln bewegten sich auf eine Weise aneinander vorbei, wie es nicht sein sollte. Fast wäre er in die Toilettenschüssel getreten, sprang stattdessen zur Seite und kauerte sich, das Gesicht verziehend, neben die Tür.
    Stimmen drangen durch die papierdünne Wand, dumpf dröhnend, ansonsten jedoch klar verständlich. Die Geräuschdämmung nach außen war bei Fertigbauten heutzutage ziemlich gut, aber wenn man dasselbe für die Innenaufteilung haben wollte, wurde es teuer. So etwas würde GH in der Basis bestimmt nicht zur Verfügung stellen, da müsste man sich eine höhere Einstufung kaufen, und wer immer hier auch leben mochte, Gaby oder Gray, sie oder er hatte es offensichtlich nicht getan. Carl hörte erneut das Englisch mit dem Akzent der Frau und dann eine andere Stimme, die er von den Audiodatenbanken her kannte.
    »Du blödes, verdammtes Luder, warum bist du hergekommen?«
    »Ich, du…« Ihre Worte überschlugen sich, weil sie so verletzt war. »Um
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher