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Skandal im Ballsaal

Titel: Skandal im Ballsaal
Autoren: Georgette Heyer
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lächelte Phoebe an und nahm ihre Hand. „Und was seine gleichgültige Art betrifft, meine Liebe, ich kenne sie gut - seit vielen Jahren, und nicht nur bei Sylvester! Sie entspringt, wie du so richtig vermutest, dem Stolz. Das ist ein ererbtes Laster! Alle Raynes haben es, und Sylvester in einem besonderen Grad. Es ist angeboren und wurde nicht gemindert, als er, noch viel zu jung, seinem Vater im Range folgte. Ich hielt es immer für das Schlimmste, was ihm widerfahren konnte, tröstete mich aber mit dem Gedanken, dass Lord William Rayne - er ist Sylvesters Onkel und war der Vormund meiner beiden Söhne während der zwei Jahre, die sie noch minderjährig waren -, dass William rasch jeglichen Hochmut an Sylvester unterdrücken würde.
    Aber William, obwohl der freundlichste Mann auf Erden, schätzt unglücklicherweise nicht nur sich selbst sehr hoch ein, sondern ist auch überzeugt, dass das Haupt des Hauses von Rayne eine weit erhabenere Persönlichkeit ist als das Haupt des Hauses von Hannover! Ich hege die größte Zuneigung für ihn, aber er ist das, was du wahrscheinlich ungebildet nennen würdest. Er sagte mir zum Beispiel, dass die Gesellschaft ein verworrenes Durcheinander geworden ist und dass zu viele Menschen von Rang heutzutage nicht mehr den geziemenden Abstand wahren. Er hätte Sylvester einen scharfen Verweis dafür erteilt, dem niedrigsten seiner Bedienten gegenüber unhöflich zu sein, aber ich bin davon überzeugt, er lehrte ihn, dass peinliche Höflichkeit das wäre, was er seinem eigenen Ansehen schulde: noblesse oblige, in der Tat. So wurde Sylvester von falschen Ideen erfüllt, da William ihm sagte, er solle nie vergessen, wie erhaben er sei, und weil viel zu viel Leute zu ihm als ihrem Lehensherrn aufblickten. Und, um ehrlich zu dir zu sein, ich glaube nicht, dass er diese falschen Ideen je verlieren wird. Seine Frau, wenn er sie liebt, könnte viel tun, um ihn zu bessern, aber sie wird nicht seinen ganzen Charakter ändern."
    „Nein, natürlich nicht, Ma'am. Ich meine ..."
    „Was in gewisser Weise bewundernswert ist", setzte die Herzogin fort, lächelte ein wenig über diesen verlegenen Einwurf, zollte ihm aber keine Aufmerksamkeit. „Und das Seltsame ist, dass einige seiner besten Eigenschaften gerade seinem Stolz entspringen! Es würde Sylvester niemals einfallen, irgendwer könne das Vorrecht seiner Geburt in Zweifel ziehen, aber ich kann dir versichern, es würde ihm ebenfalls nie einfallen, die geringste seiner noch so lästigen Pflichten zu vernachlässigen, die sich an seine Stellung knüpfen." Sie hielt inne und sagte dann: „Der Fehler ist der, dass die Sorge für seine Leute nicht aus dem Herzen kommt.
    Sie wurde ihm anerzogen, er nimmt sie als seine unvermeidliche Pflicht hin, aber er hat nicht die Menschenliebe, die Philanthropen auszeichnet, weißt du. Allen gegenüber, außer den sehr wenigen Leuten, die er liebt, wird er immer, fürchte ich, in hohem Maße gleichgültig sein. Doch für diese wenigen würde er alles tun, von den heldenhaftesten bis zu so lästigen Dingen wie viel zu viel Zeit für die Unterhaltung mit seiner kranken Mutter aufzuwenden!"
    Phoebe sagte mit einem glühenden Blick: „Er könnte das niemals für lästig halten, davon bin ich wirklich ganz fest überzeugt, Ma'am!"
    „Du meine Güte, von all den langweiligen Dingen, die man gezwungen ist zu tun, muss es sicherlich das übelste sein! Ich entschloss mich, ihm nicht zu erlauben, sich auch um mich zu kümmern, aber - du magst es bemerkt haben! - Sylvester ist entschlossen, seinen eigenen Weg zu gehen, und das nie mehr, als wenn er überzeugt ist, dass er zum Guten eines Menschen handelt."
    „Ich habe ihn häufig für - ein wenig anmaßend gehalten, Ma'am", sagte Phoebe, und ihr Blick wurde glühend bei gewissen Erinnerungen.
    „Ja, ich bin sicher, dass du das hast. Harry pflegte ihn ,The Dook' zu nennen, indem er über seine anmaßende Art spottete! Das Schlechteste daran ist, dass man ihn so schwer bezwingen kann. Er befiehlt einem nicht, Dinge zu tun: Er macht es bloß unmöglich, etwas anderes zu tun. Irgendein idiotischer Doktor überzeugte ihn einmal, es würde mich heilen, wenn ich heiße Bäder nehme, und er brachte mich völlig gegen meinen Willen nach Bath, ohne je den Namen des schrecklichen Ortes zu erwähnen. Sein Trickreichtum war groß! Ich vergab ihm nur, weil er sich wegen dieser schändlichen Angelegenheit so viel Mühe gemacht, hatte!
    Seine Frau wird sehr viel ertragen
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