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Skalpell Nr. 5

Skalpell Nr. 5

Titel: Skalpell Nr. 5
Autoren: Michael Baden , Linda Kenney
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danke.«
    Jake wusste aus langer Erfahrung, dass Machogehabe kein Indiz dafür war, dass jemand bei einer Obduktion die Nerven behielt. Er kannte stämmige Detectives, die nicht mit ansehen konnten, wenn er zum Skalpell griff, und zierliche Rechtsmedizinerinnen, die nach zwei Obduktionen seelenruhig Sushi essen gingen.
    »Das sieht aus wie ein chirurgischer Eingriff«, sagte Jake. »Wahrscheinlich war da eine Metallplatte eingesetzt, aber die haben wir nicht gefunden.«
    »Vielleicht ist sie noch in der Erde«, sagte Harrigan. »Da muss noch mal gesucht werden.«
    Fisk machte sich eine Notiz. »Wieso sollte ein Arzt ein Stück aus einem Schädel schneiden?«
    »Kriegsverletzung«, antwortete Jake. »Es wäre hilfreich, wenn Sie die Platte finden könnten.«
    Harrigan drehte den Schädel so, dass die leeren Augenhöhlen sie ansahen. »Beachten Sie die Zahnfüllungen. Der eindeutige Beweis, dass es sich nicht um Siedler handelt. Wahrscheinliche Todesursache ist die verschobene Fraktur des zweiten Nackenwirbels – des Axis –, wodurch das Rückenmark verletzt worden sein muss.«
    Erstaunlich, dachte Jake. Er hat mehr gesehen als ich. Widme dich ganz der Leiche, und sie gibt ihre Geheimnisse preis. »Genickbruch«, übersetzte er für die Gruppe.
    Harrigan deutete auf einen schmutzigen Gummibund, der den Beckenknochen des Skeletts umschloss.
    »Ist das … der Rest von seiner Kleidung?«, wollte Miss Crespy wissen.
    »Sieht so aus.« Harrigan entfernte behutsam den Gummibund und reichte ihn Jake, der sich inzwischen frische Chirurgenhandschuhe angezogen hatte. Jake legte ihn auf ein sauberes Stück Schichtpapier, um mögliche Spuren zu sichern.
    »Stammt von einer Herrenunterhose«, stellte Jake test. »Da ist was draufgedruckt.« Er ging mit dem Gummibund zum Waschbecken und spülte langsam den Schmutz in einen Plastikbehälter. »Könnte ein Wäschezeichen sein.« Er beugte sich mit einer Lupe darüber. »Kann es nicht richtig lesen. Hat jemand eine Taschenlampe dabei?«
    Fisk reichte ihm seine Maglite.
    »Schwer zu entziffern, aber ich glaube, da steht … T.M.H. 631217. Sagen dir die Initialen was, Pete?«
    Er erhielt keine Antwort. Pete war vornübergebeugt, hatte die Arme gegen den Bauch gepresst; er atmete stoßweise und war weiß im Gesicht. Unwillkürlich kam Jake ein Wort in den Sinn: Krebs.
    Pete richtete sich wieder auf. »Seine Initialen?«, erwiderte er. »Vielleicht hatte er sein Monogramm auf der Unterwäsche, wie man das bei Kindern im Ferienlager macht.«
    »Kann sein«, sagte Jake. »In der Richtung könnte man weiter ermitteln.« Er wollte nur noch eines: Pete nach Hause und ins Bett schaffen, herausfinden, ob seine Diagnose stimmte und ob er irgendetwas für ihn tun konnte. Aber Pete wollte weitermachen.
    »Vom Skelett Nummer zwei ist weniger gefunden worden als von vier oder drei. Die Schädelnähte sind nicht geschlossen und die Rippen weniger verknöchert. Müsste um die dreißig gewesen sein.« Er nahm den Schädel in die Hand. »Die Augenhöhlen lassen auf einen Weißen schließen, der Beckenform nach männlich. Der linke Oberarmknochen ist vorhanden. Ein paar Haarsträhnen haften noch an einer kleinen Menge Leichenwachs, das sich aus dem Fett über dem Schambein gebildet hat.«
    Er ging weiter. »Skelett Nummer eins. Fleischfreie Knochen des linken Arms und der linken Hand. Nicht viel, womit man arbeiten könnte.« Er musterte die Gruppe.
    Sheriff Fisk war rot im Gesicht. Offensichtlich passten ihm diese Befunde nicht. Seltsam. Eigentlich müsste er fasziniert sein. Für ihn ist das doch der Fall seines Lebens. Aber Fisk fragte lediglich: »Und was bedeutet das nun für das Einkaufszentrum?«
    »Das bedeutet«, sagte Jake, »dass eure Baustelle Tatort eines Verbrechens ist.«

    Als sie endlich wieder zurück im Cottage waren, machte Jake ihnen zum Abendessen Eier mit Schinken. Genau das hatten sie so oft auf einer Kochplatte in ihrer winzigen Büroküche zusammengebrutzelt und dann im Labor gegessen, und ihm war richtig wehmütig zumute.
    Ja, er war wehmütig und besorgt. Petes Gesicht hatte wieder etwas Farbe angenommen, und die Bauchkrämpfe waren nicht wieder aufgetreten, aber noch immer war offensichtlich, dass es seinem Freund schlecht ging. Die Augen sind gelblich. Entweder vom Alkohol oder von der Krankheit. Wie das Thema ansprechen, wo er doch so ein verdammt stolzer Hund ist?
    Nach dem Essen gingen sie in Petes Arbeitszimmer und machten die Flasche Johnnie Walker Blue auf, der
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