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Sister Sox

Titel: Sister Sox
Autoren: Max Bronski
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gepocht.
    – Aufmachen, Polizei!
    Carmello sprang auf. In seinen Augen war Panik. Ein gehetztes Tier, das keinen Ausweg mehr sah. Ich deutete auf den Nebenraum.
    – Dort ist ein Fenster zum Hof.
    Er machte einen Satz und verschwand durch das Nebenzimmer.
    – Aufmachen, schrie einer von draußen, oder wir brechen die Tür auf!
    Jemand begann meine Ladentür mit Fußtritten zu traktieren. Ich öffnete. Ein mageres Männlein stand im Türrahmen und befühlte seine rechte Wade.
    – Eiche massiv mit Eisenbeschlägen, sagte ich.
    Wütend sah er zu mir hoch. Wir mochten uns von Anfang an nicht. Das komplizierte alles und sollte schlimme Folgen haben.
    – Was kann ich für Sie tun?
    – Wir suchen Carmello Dimauro.
    Er versuchte, mich beiseite zu schieben, um in meinen Laden zu gelangen.
    – Marke, Dienstausweis? Sonst kommen Sie hier nicht hinein.
    Er funkelte mich an und riss aus der Gesäßtasche einen Ausweis, ließ ihn nach vorne klappen und hielt ihn mir unter die Nase. Der Giftzwerg hieß Inspektor Dorst und war ziemlich unter Dampf.
    – Also?
    – Dimauro war bis vor kurzem hier. Liegt etwas gegen ihn vor?
    Dorst durchquerte meinen Laden und riss die Tür zum Nebenzimmer auf. Das Fenster stand offen.
    – Keinen blassen Dunst, wie?
    Sein wütender Gesichtsausdruck verwandelte sich jäh in ein höhnisches Grinsen. Durch die Ladentür kam Carmello mit erhobenen Händen. Hinter ihm ein Fettklops im blauen Hemd mit gezückter Dienstwaffe. Er hatte dunkleSchwitzflecken unter den Achseln. An seinen Hängebacken zeichneten sich rote Flecken ab.
    – Hervorragend, Bungert, sagte Dorst.
    Dorst trat an Carmello heran und tastete ihn nach Waffen ab.
    – Er wollte sich mit seiner Vespa aus dem Staub machen. Ich habe ihn draußen auf dem Hof erwischt.
    – Alles klar, sagte Dorst. Leg ihm Handschellen an.
    – Hör mal, erwiderte Bungert, du hast sie auf dem Rücksitz deponiert. Draußen im Wagen.
    Dorsts Stimme wurde zischelnd. Mit Mühe verkniff er sich die Szene, die er Bungert gern gemacht hätte. Der Auftritt der Staatsmacht geriet zunehmend hakelig und war alles andere als souverän.
    – Hol sie her, aber pronto.
    Bungert lief nun vollständig puterrot an und ging. Carmello hatte die ganze Zeit über zu Boden geguckt. Als der Dicke aus dem Laden war, verstand ich, warum. Rasch bückte er sich und hob das Messer auf, mit dem er mich zuvor bedroht hatte. Er sprang hinter mich, schlang seinen Arm um meinen Hals und drückte es mir gegen den Hals.
    – Ich bring ihn um.
    – Junge, mach keinen Fehler.
    – Waffe weg oder ich bring ihn um.
    Ich gab ein martialisches Röcheln von mir. Mehr konnte ich für den Jungen nicht tun. Dorsts Augen verengten sich zu Schlitzen, ich befürchtete schon das Schlimmste, dann warf er die Pistole doch noch vor sich auf den Teppich. Carmello schleppte mich an ihm vorbei. Er kickte mit dem Fuß dieWaffe aus dem Laden, gab der Tür einen Stoß und sperrte sie von außen zu.
    – Bringen Sie mich weg, flehte Carmello.
    Ich zog ihn zum Bus. Wir stiegen ein. Ich startete, hatte aber noch den verdammten Rückwärtsgang eingelegt. Seine Vespa krachte gegen die Hauswand. Ich schlug den Schalthebel nach vorne und trat das Gaspedal durch. Der Bus schoss aus der Einfahrt heraus an Bungert vorbei.
    – Stopp, schrie der.
    – Pass auf, Bungert, schrie Dorst von drinnen. Der Junge ist bewaffnet.
    Ich hielt nun einfach die Fleischerstraße hinunter, wusste selbst nicht wohin. Bungert gab einen Warnschuss ab, dann splitterte die Scheibe am Beifahrersitz. Die machten Ernst. Ich riss das Steuer herum, schlitterte in die Ruppertstraße hinein und jagte Richtung Südbahnhof. Carmello neben mir pendelte hin und her. Sein Kopf knallte gegen die Scheibe.
    – Festhalten, du Trottel, schrie ich ihn an.
    Carmello schien so eingeschüchtert, dass er keinen Ton mehr von sich gab. Hinten fuhr ein Werkzeugkasten, der sich losgerissen hatte, durch den Laderaum. Endlich hatte ich die Schäftlarnstraße erreicht und heizte Richtung Süden. Schon wieder. Ich merkte, dass Carmello am Boden lag. An seinem Hinterkopf sickerte Blut hinunter. Bungert hatte ihn erwischt.
    – Scheiße!
    Jetzt endlich, nachdem ich bis dahin besinnungslos wie ein Berserker agiert hatte, wurde mir klar, dass ich mich und den Jungen in den größten Schlamassel hineingeritten hatte.
    – Junge, mach mir jetzt bloß nicht die Grätsche.
    Ich überlegte im Fahren. Pläneschmieden kann man nur beim Geradeausfahren. Dann wusste ich, was zu tun war,
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