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Sir Rogers himmlischer Kreuzzug

Sir Rogers himmlischer Kreuzzug

Titel: Sir Rogers himmlischer Kreuzzug
Autoren: Poul Anderson
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erkannte, daß die geistlichen und weltlichen Kräfte gemeinsam handeln mußten. Das Dorf war seltsam still, als ich mir meinen Weg durch die Straßen der Abenddämmerung bahnte. Die Leute waren in der Kirche oder hinter ihren Türen. Aus dem Lager der Soldaten konnte ich eine weitere Messe hören. Das Schiff brütete wie ein Berg über unseren winzigen Werken.
    Aber ich glaube, daß wir uns beherzt fühlten, vielleicht sogar ein wenig trunken ob unseres Erfolgs über Mächte, die nicht von dieser Erde waren. Der selbstgefällige Schluß schien unausweichlich, daß Gott unser Tun billigte.
    Dreifache Wachen ließen mich das Tor passieren, und ich begab mich direkt in die große Halle. Ansby Castle war ein altes Normannenbauwerk: finster anzusehen, kalt zu bewohnen. Die Halle war bereits dunkel, erhellt von Kerzen und einem hochlodernden Feuer, das Waffen und Wandteppiche mit unruhigen Schatten überzog. Am Tisch saßen Edelleute und die wichtigeren Gemeinen aus Ort und Heer. Ein Stimmengewirr herrschte, Bedienstete huschten herum, und unter den Tischen lagen die Hunde. Es war eine beruhigend vertraute Szene, und mochte auch noch soviel Spannung darunterliegen. Sir Roger winkte mich zu sich und forderte mich auf, ich solle mich zu ihm und seiner Lady setzen, eine besondere Ehre.
    Es sei mir gestattet, Roger de Tourneville, Ritter und Baron, zu beschreiben. Er war ein großer, mit Muskeln bepackter Mann von dreißig Jahren, mit grauen Augen und einem hageren Gesicht mit einer ausgeprägten Nase. Er trug sein gelbes Haar so, wie Krieger es zu tragen pflegten, dick am Scheitel und darunter rasiert – was einem sonst erfreulich anzusehenden Antlitz Abbruch tat, hatte er doch Ohren wie die Griffe eines Kruges. Dieser sein Heimatdistrikt war arm und rückständig, und er hatte den größten Teil seiner Zeit anderswo im Kriege verbracht. Höfischer Schliff fehlte ihm daher, doch war er klug und von freundlicher Art. Seine Frau, Lady Catherine, war eine Tochter des Vicomte de Mornay; die meisten Leute hatten das Gefühl, sie hätte nicht nur unter ihrem Rang, sondern auch unter ihrer Lebensart geheiratet, war sie doch in Winchester inmitten jeglicher Eleganz und modernen Raffinements erzogen worden. Sie war sehr schön, hatte große blaue Augen und kastanienfarbenes Haar, hatte aber etwas von einem Mannweib an sich. Sie hatten nur zwei Kinder: Robert, ein wackerer Knabe von sechs Jahren, der mein Schüler war, und ein dreijähriges Mädchen namens Matilda.
    „Nun, Bruder Parvus“, dröhnte die Stimme meines Herrn. „Setz dich. Nimm einen Becher Wein – beim Blut des Herrn, dieser Anlaß verlangt mehr als bloß Bier!“ Lady Catherines zarte Nase rümpfte sich ein wenig; dort wo sie herstammte, tranken nur die Gemeinen Bier. Als ich mich gesetzt hatte, lehnte sich Sir Roger vor und sagte eindringlich: „Was habt ihr herausgefunden? Ist es ein Dämon, den wir gefangen haben?“
    Stille senkte sich über den Tisch. Selbst die Hunde waren verstummt. Ich konnte das Herdfeuer knistern und die alten Banner staubig rascheln hören, wo sie von den Deckenbalken hingen. „Ich glaube schon, Mylord“, antwortete ich vorsichtig, „denn er wurde sehr ärgerlich, als wir ihn mit Heiligem Wasser bespritzen.“
    „Aber er ist nicht in einer Rauchwolke verschwunden? Ha! Wenn es Dämonen sind, so ähneln sie keinen, von denen ich je gehört habe! Sie sind sterblich wie Menschen.“
    „Mehr als das, Sire“, erklärte einer seiner Hauptleute, „denn sie können keine Seelen haben.“
    „Ihre vermaledeiten Seelen interessieren mich nicht“, fauchte Sir Roger. „Ich will mehr über ihr Schiff wissen. Ich bin seit dem Kampf durch das Schiff gegangen. Heilige Mutter Gottes, was für ein Wal von einem Schiff! Wir können ganz Ansby an Bord schaffen und hätten immer noch Platz übrig. Hast du den Dämon gefragt, wie es kommt, daß bloße hundert von ihnen soviel Platz brauchten?“
    „Er spricht keine der bekannten Sprachen, Mylord“, sagte ich.
    „Unsinn! Alle Dämonen können zumindest Latein. Er ist nur hartnäckig.“
    „Vielleicht eine kleine Sitzung mit Eurem Henker?“ fragte der Ritter Sir Owain Montbelle lässig.
    „Nein“, sagte ich. „Wenn Ihr erlaubt, besser nicht. Er scheint sehr schnell zu lernen. Er kann schon viele Worte wiederholen, die ich ihm vorgesprochen habe, also glaube ich nicht, daß er nur Unwissenheit vorschützt. Gebt mir ein paar Tage, und es mag durchaus sein, daß ich mit ihm sprechen
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