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Sir Rogers himmlischer Kreuzzug

Sir Rogers himmlischer Kreuzzug

Titel: Sir Rogers himmlischer Kreuzzug
Autoren: Poul Anderson
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die Hölle zu entfliehen.
    Wenngleich ich ganz und gar nicht traurig gewesen wäre, hätte er dies getan.
    Ich bekreuzigte mich und setzte mich. Seine gelben Augen funkelten mich an. Ich hatte Papier, Tinte und Federkiele mitgebracht, um mein bescheidenes Zeichentalent einzusetzen. Ich skizzierte einen Menschen und sagte: „Homo“, denn es schien mir weiser, ihn Latein zu lehren, als eine Sprache zu benutzen, die sich auf eine einzige Nation beschränkte. Dann zeichnete ich einen weiteren Menschen und zeigte ihm, daß die zwei homines genannt wurden. So ging es weiter, und er erwies sich als gelehrig.
    Nach einer Weile bedeutete er mir, daß er Papier zu haben wünsche, und ich gab es ihm. Er selbst zeichnete recht geschickt und erklärte mir, sein Name sei Branithar und seine Rasse werde Wersgorix genannt.
    Ich konnte diese Begriffe in keiner Dämonologie entdecken. Aber von nun an überließ ich es ihm, unsere Studien zu lenken, denn seine Rasse hatte aus dem Erlernen neuer Sprachen eine Wissenschaft gemacht, und so kamen wir schnell vorwärts.
    Ich arbeitete viele lange Stunden mit ihm und sah in den nächsten paar Tagen nur wenig von der Welt draußen. Sir Roger hielt seinen Besitz von der Außenwelt abgeschlossen. Ich glaube, seine größte Angst war es, irgendein Herzog oder Fürst könnte das Schiff für sich mit Beschlag belegen. Der Baron verbrachte mit den Kühneren unter seinen Männern viel Zeit an Bord des Schiffes und versuchte, all die Wunder zu ergründen, die er entdeckte.
    Binnen kurzem war Branithar imstande, sich über die Diät aus Wasser und Brot zu beklagen, die wir ihm boten, und er drohte Rache.
    Ich hatte immer noch Angst vor ihm, ließ mir aber nichts anmerken. Natürlich war unser Gespräch viel langsamer als ich es hier wiedergebe, und enthielt viele Pausen, in denen wir nach Worten suchten.
    „Du hast dir das selbst zuzuschreiben“, erklärte ich ihm. „Ihr hättet klüger sein müssen, als Christen ohne Grund anzugreifen.“
    „Was sind Christen?“ fragte er.
    Verblüfft dachte ich, er spielte diese Ignoranz nur. Um das zu ergründen, führte ich ihn durch das Paternoster. Aber er löste sich nicht in Rauch auf, was mich verblüffte.
    „Ich glaube, ich verstehe“, sagte er. „Du meinst damit irgendein primitives Stammespantheon.“
    „Es ist nichts so Heidnisches!“ sagte ich indigniert. Ich begann, ihm die Dreifaltigkeit zu erklären, aber ich war kaum zur Transsubstantiation gelangt, als er eine ungeduldige Bewegung mit seiner blauen Hand machte. Sie glich einer menschlichen Hand, sah man einmal von den dicken, scharfen Nägeln ab.
    „Unwichtig“, sagte er. „Sind alle Christen so wild wie deine Leute?“
    „Bei den Franzosen hättet ihr mehr Glück gehabt“, räumte ich ein. „Euer Unglück war es, unter Engländern zu landen.“
    „Ein starrköpfiges Volk“, nickte er. „Das wird euch teuer zu stehen kommen. Aber wenn du mich sofort freiläßt, werde ich versuchen, das Strafgericht zu mildern, das über euch hereinbrechen wird.“
    Die Zunge drohte mir im Mund zu erstarren, aber ich löste sie und forderte ihn ganz kühl auf, dies näher zu erläutern. Woher er kam und was seine Absichten seien?
    Das brauchte ziemlich lange, bis er es erklären konnte, weil die Begriffe selbst fremd waren. Ich war überzeugt, daß er log, aber zumindest lernte er dabei mehr Latein.
    Zwei Wochen nach der Landung erschien Sir Owain Montbelle in der Abtei und verlangte eine Audienz bei mir. Ich empfing ihn im Klostergarten, wo wir eine Bank fanden und uns setzten.
    Dieser Owain war der jüngere Sohn eines Duodezbaron in den Marchen, aus dessen zweiter Ehe mit einer Frau aus Wales. Ich möchte sagen, daß der uralte Konflikt zweier Nationen seltsam in seiner Brust loderte, aber da war auch der gälische Charme. Am Königshof zuerst zum Pagen und später zum Junker eines großen Ritters gemacht, hatte der junge Owain das Herz seines Herrn gewonnen und war mit allen Privilegien eines viel höheren Ranges erzogen worden. Er war weitgereist, war zu einem Troubadour von einigem Ansehen geworden, hatte den Ritterschlag erhalten – und da war er plötzlich, ohne einen Heller.
    In der Hoffnung, sein Glück zu machen, war er nach Ansby gewandert, um sich den freien Kriegern anzuschließen. Obwohl ein tapferer Mann, sah er für den Geschmack der meisten zu gut aus, und es hieß, daß kein Ehemann sich wohl fühlte, wenn er um die Wege war. Das stimmte nicht ganz, denn Sir Roger hatte an dem
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