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Sir Rogers himmlischer Kreuzzug

Sir Rogers himmlischer Kreuzzug

Titel: Sir Rogers himmlischer Kreuzzug
Autoren: Poul Anderson
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kann.“
    „Ein paar Tage könnten zuviel sein“, grollte Sir Roger. Er warf den Rinderknochen, an dem er genagt hatte, den Hunden zu und leckte sich schmatzend die Finger. Lady Catherine furchte die Stirn und deutete auf die Wasserschale und das Tuch vor ihr. „Tut mir leid, meine Süße“, murmelte er. „Ich denke nie an dieses neumodische Zeug.“
    Sir Owain enthob ihn der Peinlichkeit, indem er fragte: „Warum sagt Ihr, ein paar Tage könnten zu lang sein? Ihr erwartet doch sicherlich nicht ein weiteres Schiff?“
    „Nein. Aber die Männer werden unruhiger denn je sein. Wir waren fast bereit zur Abreise, und jetzt passiert dies !“
    „So? Können wir nicht in jedem Fall zu der geplanten Stunde abziehen?“
    „Nein, Schwachkopf!“ Sir Rogers Faust landete auf dem Tisch. Ein Becher hüpfte. „Seht Ihr denn nicht, was für eine Chance das ist? Die Heiligen selbst müssen sie uns geschenkt haben!“
    Während wir noch wie vom Donner gerührt dasaßen, fuhr er eilig fort: „Wir können die ganze Kompanie an Bord dieses Dinges schaffen. Pferde, Kühe, Schweine, Hühner – unsere Versorgungsprobleme sind gelöst. Frauen auch, all die Bequemlichkeiten von zu Hause! Ja wahrhaftig, warum nicht auch die Kinder? Das Getreide hier kann eine Weile allein bleiben, und es ist sicherer, alle zusammenzuhalten, für den Fall, daß es noch einmal eine Heimsuchung gibt.
    Ich weiß nicht, über welche Kräfte das Schiff außer der des Fliegens verfügt, aber sein bloßer Anblick wird soviel Schrecken verbreiten, daß wir kaum zu kämpfen brauchen. Also werden wir damit den Kanal überqueren und den Krieg in Frankreich binnen eines Monats beenden. Versteht ihr? Und dann ziehen wir weiter und befreien das Heilige Land und sind bis zur Heuernte wieder zurück!“
    Das lange Schweigen endete plötzlich in einem solchen Sturm der Begeisterung, daß mein eigener schwacher Protest übertönt wurde.
    Ich hielt den Plan für völlig verrückt. Und wie ich sehen konnte, taten Lady Catherine und ein paar andere das auch. Aber der Rest lachte und schrie, bis die ganze Halle dröhnte.
    Sir Roger sah mich mit gerötetem Gesicht an. „Es hängt von dir ab, Bruder Parvus“, sagte er. „Was die Sprache angeht, bist du der Beste von uns allen. Du mußt den Dämonen zum Reden bringen oder es ihn lehren oder was auch immer. Er muß uns zeigen, wie man jenes Schiff segelt!“
    „Mein edler Lord …“ begann ich zögernd.
    „Gut!“ Sir Roger schlug mir auf den Rücken, daß ich beinahe erstickt und vom Stuhl gefallen wäre. „Ich wußte doch, daß du es schaffen würdest. Und zur Belohnung wirst du das Privileg erhalten, mit uns zu kommen.“
    Es war wahrhaftig, als wären Dorf und Armee in gleicher Weise besessen. Weise wäre es ohne Zweifel gewesen, in aller Hast Botschaften zum Bischof – vielleicht nach Rom selbst – zu senden und Rat zu erbitten. Aber nein, sie alle mußten gehen, sofort. Die Frauen wollten ihre Männer nicht verlassen, Eltern ihre Kinder nicht, noch die Mädchen ihre Geliebten. Der ärmlichste Sklave blickte von seinem Acker auf und träumte davon, das Heilige Land zu befreien und unterwegs eine Kiste Goldes mitzunehmen.
    Was sonst soll man auch von einem Volk erwarten, in dem sich das Blut von Sachsen, Dänen und Normannen mischt?
    Ich kehrte in die Abtei zurück und verbrachte die Nacht auf den Knien und betete um ein Zeichen. Aber die Heiligen blieben stumm. Nach dem Morgengebet ging ich schweren Herzens zu meinem Abt und berichtete ihm, was der Baron befohlen hatte.
    Er war ergrimmt darüber, daß man ihm nicht erlaubte, sofort mit den Kirchenbehörden in Verbindung zu treten, entschied aber, daß es am besten wäre, zunächst zu gehorchen. Ich wurde von meinen anderen Pflichten befreit, auf daß ich den Dämon studieren könne.
    Ich gürtete mich und ging in die Zelle hinunter, in der er eingeschlossen war. Es war ein enger Raum, halb unter der Erde, der gewöhnlich von Büßern benutzt wurde. Bruder Thomas, unser Schmied, hatte Ringe an die Wände geschmiedet und das Geschöpf daran angekettet. Er lag auf einer Strohschütte, ein furchterregender Anblick im düsteren Licht. Seine Kettenglieder klirrten, als er sich bei meinem Eintritt erhob. Unsere Reliquien in ihren Kästen standen in der Nähe, gerade so weit entfernt, daß er sie nicht erreichen konnte, auf daß der Hüftknochen des heiligen Osbert und der Milchzahn des Sankt Willibald ihn daran hindern mochten, seine Bande zu sprengen und zurück in
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