Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sir Darrens Begräbnis - Magie - Engel, Gift, Diebe

Sir Darrens Begräbnis - Magie - Engel, Gift, Diebe

Titel: Sir Darrens Begräbnis - Magie - Engel, Gift, Diebe
Autoren: Martin Clauß
Vom Netzwerk:
kommen.
    Auch Frog behauptete, geimpft worden zu sein. Nur der Teufel wusste, wo und wann das geschehen sein sollte. 1848 war die Pockenschutzimpfung in den Staaten noch nicht eingeführt. Cassel und Phil, die mit Conny auch noch die Hütte teilten, blickten in diesen Tagen sehr unglücklich aus der Wäsche. Darren schärfte ihnen die Grundregeln der Hygiene ein und brachte sie dazu, sich an einem Tag häufiger die Hände zu waschen als sie es zuvor im Monat getan hatten. Connys Kleidung und Bettzeug verbrannten sie und gaben ihm unter viel Murren von ihren Sachen ab.
    Conny bekam dicke rote Pusteln, aus denen stinkender Eiter troff. Bald war es in seiner Hütte nicht mehr auszuhalten. Der junge Cowboy fantasierte, und es war nicht einfach, ihn in Phasen nachlassenden Fiebers davon abzuhalten, sein Lager zu verlassen.
    „Fifty-fifty“, sagte Cassel immer wieder. Er hatte gehört, dass die Chance zu überleben bei dieser Krankheit eins zu eins stand.
    Sie hatten Glück. Als Connys Pusteln verkrusteten und abfielen und der junge Mann sich langsam erholte, erfreuten sich die übrigen vier noch immer bester Gesundheit. Offenbar hatten die Hygienemaßnahmen gefruchtet, oder Cassel und Phil hatten in ihrer Kindheit einmal Windpocken gehabt. Angeblich konnte einem dies Immunität gegen die großen bösen Verwandten, die echten Pocken, schenken. Auf Connys Körper würden Narben zurückbleiben, nicht zu knapp, auch auf seinen Wangen und seinem Kinn – er sah aus, als wäre er ein Jahrzehnt gealtert. Sein Milchgesicht war nahezu über Nacht zu einer rauen, narbigen Männervisage geworden. Aber er war nicht entstellt. Und er lebte.
    Darren schlug vor, die Hütte, in der Conny gelegen hatte, komplett anzuzünden und eine neue zu bauen, aber Conny und Cassel widersprachen vehement. Die Krankheit war überstanden, was sollte man sich da noch vor Angst in die Hose machen? Cassel und Frog brüllten, es sei ihnen nach Feiern zumute. In den folgenden Tagen floss reichlich Alkohol, und der frisch genesene Conny erbrach sich Abend für Abend, dass es eine Lust war. Apropos Lust – Cassels und Frogs Libido hatte nach den bangen Wochen neuen Saft bekommen, und sie fingen wieder an, die Indianer zu belästigen und ihre Pfoten nach Nuna auszustrecken.
    Eines Tages in der Abenddämmerung erschien der Medizinmann in Rich Stone Valley. Und er kam nicht alleine. Neben zwei männlichen Begleitern, wohl eine Art Eskorte, hatte er seine Enkelin mitgebracht. Nuna. Sie war hübsch herausgeputzt, trug schwere, feierliche Kleidung und dicke Perlenketten um den Hals. Zweifellos hätten die Digger sie nackt, mit ein paar Federn im Haar, noch verführerischer gefunden, doch in der Vorstellungswelt der Indianer, die sich meist halbnackt bewegten, erhöhte üppige Kleidung den Reiz einer Frau. Nuna hätte ohnehin in jeder Aufmachung betörend ausgesehen.
    Darren stand so sehr auf dem Schlauch, dass ihm zunächst schleierhaft blieb, was der Medizinmann von ihnen wollte. Selbst als der ungewöhnliche Besucher auf Conny zeigte, höflich mit der ganzen Hand, und das Mädchen in die Richtung des Cowboys schob, verstand er nicht.
    Es schien keinen vernünftigen Grund zu geben, warum das Oberhaupt des Dorfes seinen schönsten Spross ausgerechnet einem der Weißen anbieten sollte. Heiraten zwischen den Ureinwohnern und den Einwanderern waren höchst selten. Manchmal nahmen sich die Siedler die Indianerfrauen einfach mit Gewalt, aber freiwillig angeboten bekamen sie sie höchstens, wenn die Liaison den Indianern großen Wohlstand verhieß.
    Aber das Gold, das die Digger fanden, bedeutete den Ureinwohnern nichts, sonst hätten sie selbst danach suchen können. Außerdem war Conny nach Darren die ärmste Seele in Rich Stone Valley.
    Der Cowboy trat verdutzt vor, und Darren beobachtete, wie der Medizinmann zusammenzuckte. Der Anblick von Connys Pockennarben erschreckte ihn. Er hatte den jungen Mann wohl anders in Erinnerung. Aber er hätte sein Gesicht verloren, hätte er jetzt noch einen Rückzieher gewagt.
    Connys Miene drückte Erstaunen aus. Er wusste nicht, wie er zu der Ehre kam. Gut, er hatte das Mädchen ein, zwei Mal vor Cassels und Frogs Zudringlichkeiten bewahrt, aber damit verdiente man sich nicht die Hand einer Frau, oder?
    Als Conny sie vorsichtig an der Schulter berührte, hob sie den Kopf und blickte ihn aus ernsten Augen an. Aus wunderschönen Augen.
    In Darren dämmerte es. Der Medizinmann musste eingesehen haben, dass er Nuna nicht mehr lange
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher