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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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erholt hatte, begann er mit großem Heldenmute, von den Hetmans den Rittern als glänzendes Beispiel hingestellt, gegen den Feind zu kämpfen. Nach der Einnahme von Warschau wurde er von uns unter dem angenommenen Namen Babinicz nach Preußen geschickt.«
    Kaum verhallte dieser Name, als sich in der Kirche Lärm und Ausrufe erhoben: »Also er ist Pan Babinicz! Also der Schrecken aller Schweden, der Retter von Wolmontowicze ist Pan Kmicic!« Die Unruhe wurde größer, die Menge begann sich zum Altar zu drängen, um den Helden besser zu sehen.
    »Herr, segne ihn! Herr, erlöse ihn!« hörte man überall erregte Stimmen.
    Der Geistliche bekreuzigte Kmicic, der eher einem Toten als einem Lebenden ähnelte. Seine von Glück erfüllte Seele schien gen Himmel zu schweben.
    »Eben derselbe Bannerträger verwüstete das feindliche Land durch Feuer und Schwert. Er ist es hauptsächlich gewesen, der den Sieg bei Prostki errang. Er nahm mit eigener Hand den Fürsten Boguslaw gefangen. Und dann erwies er uns in Smudien unermeßliche Dienste. Wieviele Städte und Dörfer er von dem Feinde befreit hat, das wissen die dortigen Einwohner selbst am besten! Stets sollten sie sich dessen erinnern!«
    »Das werden wir! Das werden wir!« hallte es in der ganzen Kirche.
    »Da wir alle seine Verdienste, die er uns, dem Vaterlande und dem Volke geleistet hat, wohl erwogen haben, so beschlossen wir, in diesem Schreiben zu verkünden, daß wir ihn all seiner früheren Vergehen ledig sprechen, damit, fernerhin dieser berühmte Ritter und Verteidiger des Vaterlandes nicht mehr unter menschlicher Mißgunst und Bosheit zu leiden habe. Und bevor wir ihn noch mit der Smudier Starostei belohnen, bitten wir die lieben Bewohner Smudiens, dies alles ihren Köpfen und Herzen einzuprägen.« –
    Der Geistliche hatte zu Ende gelesen, er wandte sich zum Altar und begann zu beten.
    Plötzlich fühlte Pan Andreas, daß jemand seine Hand ergriff und sie in Gegenwart aller an seine Lippen preßte.
    »Alexandra!« rief Kmicic staunend.
    Aber sie stand auf, und indem sie ihr Gesicht mit dem Schleier verhüllte, sagte sie schnell:
    »Onkel, komm, gehen wir fort von hier!«
    Und sie gingen durch die Tür der Sakristei hinaus.
    Pan Andreas versuchte aufzustehen, um ihr nachzueilen. Aber er konnte es nicht, seine Kräfte hatten ihn völlig verlassen.
    Eine Viertelstunde darauf stand er auf dem Platze vor der Kirche, einerseits auf Zagloba, andererseits auf Wolodyjowski gestützt.
    Rings um ihn drängte sich die Menge. Kleinere Schlachtschitzen und Bauern, alle wollten sie den einst so gefürchteten Kmicic, den Retter des Laudalandes und den künftigen Starosten, in der Nähe sehen.
    »Pan Andreas,« sagte Zagloba, »haben wir Ihnen nicht eine feine Überraschung mitgebracht? Das haben Sie wohl selbst nicht erwartet? Und jetzt, auf nach Wodokty! Nach Wodokty! Zur Verlobung und Hochzeit!«
    Die weiteren Worte Zaglobas wurden durch laute Rufe übertönt:
    »Es lebe Pan Kmicic! Es lebe der Pan Starost!«
    »Nach Wodokty, nach Wodokty!« rief Pan Zagloba, alle seine Kräfte anstrengend, um die Menge zu übertönen.
    »Nach Wodokty, nach Wodokty!« wiederholten Tausende von Lippen.
    Viele Laudaer bestiegen ihre Pferde, andere nahmen in Wagen Platz, und wieder andere liefen quer durch die Felder und Wälder nach Wodokty.
    Pan Kmicic fuhr in einem Wagen zwischen Zagloba und Wolodyjowski. Ihnen folgten Dutzende von verschiedenartigsten Fuhrwerken. Als sie die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten, flüsterte Wolodyjowski Kmicic ins Ohr:
    »Wissen Sie nicht, wo jene, die andere, ist?«
    »Auch in Wodokty,« antwortete der Ritter. – –
    Anna Borzobohata war an diesem Sonntage nicht in der Kirche gewesen, da sie die kranke Tante Kulviec pflegen mußte. Erst spät am Morgen kam sie dazu, sich zum Gebet zurückzuziehen.
    Kaum hatte sie das letzte »Amen!« gesprochen, als vor dem Hause Rädergerassel erscholl. Gleich darauf wurde die Tür weit aufgerissen, und Alexandra stürmte wie ein Wind ins Zimmer.
    »Mein Gott! Was ist denn los?« rief Panna Borzobohata.
    »Weißt du, wer Babinicz ist? – Kmicic ist es!«
    Anna sprang auf.
    »Wer hat dir das gesagt?«
    »In der Kirche wurde ein königliches Schreiben verlesen. – Pan Wolodyjowski hat es mitgebracht. – Die Laudaer –«
    »Pan Wolodyjowski ist also zurück?« fragte Anna, indem sie sich der Freundin in die Arme warf.
    Alexandra war furchtbar erregt. Sie begriff nicht recht, was um sie her vorging. Helle, rote Flecke
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