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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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stelltest. Ohne zu Wanken, werde ich deinen Weg gehen, ich werde nicht zurückschauen. Herr, dir zu Füßen lege ich den Kummer und den Schmerz, die an meiner gequälten Seele nagen. Möge das meinen früheren Sünden angerechnet werden. – Noch einmal will ich diese vielgeprüfte Erde küssen und den Fuß deines Kreuzes berühren. – Ich gehe, ich gehe!« – –
    Und er ging.
    Im Himmelsbuche aber, wo alle guten und schlechten Taten der Menschen verzeichnet werden, wurden in diesem Augenblicke alle seine Vergehen gestrichen, Andreas Kmicic stand auf vom Kreuzesfuße – ein Wiedergeborener. – –

15. Kapitel.
    Keine Geschichte verzeichnet auf ihren Blättern, wieviele Schlachten die Republik noch mit ihren Feinden auszufechten hatte. Man kämpfte in den Wäldern, auf den Feldern, in den Dörfern, Flecken und Städten; in Preußen, Masovien, in Klein- und Groß-Polen, in Litauen und Smudien. Man rang um die Freiheit, ohne zu rasten, weder am Tage noch in der Nacht.
    Jeder Zoll der Erde tränkte sich mit Blut. Die Namen der Ritter, die übermenschliche Tapferkeit, die Selbstlosigkeit des Volkes, alles ging spurlos verloren, – kein Chronist hat es verzeichnet. Aber im Volke selbst singt und erzählt man von diesen Helden, deren tapferer Verteidigung die feindliche Macht schließlich weichen mußte.
    Und wie ein mächtiger Löwe, der von den Schlägen des Feindes zu Boden gestürzt eine Zeitlang wie tot daliegt, sich plötzlich erhebt, seine königliche Mähne schüttelt und durch sein Gebrüll Schrecken in die Herzen der Jäger einflößt, so erhob sich die Republik, bereit, der ganzen Welt Trotz zu bieten. Ihre Feinde hörten auf, an Beute zu denken, und fingen an zu sinnen, wie sie sich retten und unversehrt wieder nach Hause kehren könnten.
    Alle neuen Bündnisse waren vergeblich, das Eindringen von neuen Heeren von Ungarn, Siebenbürglern, Kosaken und Walachen half nichts. Jeder neue Ansturm prallte an den Brüsten der Polen ab.
    Nachdem Karl-Gustav sich von der Nutzlosigkeit, den Krieg fortzusetzen, überzeugt hatte, zog er sich als erster nach Dänemark Zurück. Der wetterwendische Kurfürst warf sich der Republik zu Füßen und begann selbst gegen die Schweden zu kämpfen. Die räuberischen Regimenter Rakoczys, die von Pan Lubomirski verfolgt wurden, rannten aus Leibeskräften in ihr schilfreiches Land zurück.
    Friede und Ruhe begann wieder in die Ebenen Polens einzuziehen. Der König belagerte preußische Festungen, und Pan Czarniecki traf für einen Feldzug nach Dänemark Vorbereitungen, da die Republik sich nicht darauf beschränken wollte, nur den Feind aus ihrem Gebiete zu verjagen.
    Städte und Dörfer fingen an wieder aus ihrer Asche aufzuerstehen; die Einwohner kehrten in ihre Häuser zurück, und der Pflug begann die verwilderten Fluren zu durchfurchen.
    Der Herbst des Jahres 1657, nach dem ungarischen Kriege, verlief still. Still war es auch in Smudien. Die Laudaer, die mit Pan Wolodyjowski fortgezogen waren, waren noch im Felde; aber man erwartete sie stündlich zurück.
    Währenddessen pflügten in Wolmontowicze und Pacunele die Greise und der halberwachsene Nachwuchs beider Geschlechter den Acker. Sie säten Winterkorn und bauten mit vereinten Kräften die durch den Krieg verheerten Dörfer wieder auf, damit die Krieger bei ihrer Rückkehr irgend welche Zuflucht und ein Stück Brot vorfänden.
    Alexandra wohnte seit einiger Zeit in Wodokty mit Anna Borzobohata und dem Miecznik zusammen. Pan Billewicz wollte die jungen Mädchen nicht allein lassen und baute eifrig Wodokty wieder auf. Denn Wodokty mußte in möglichst guten Zustand gebracht werden, da es mit Mitruni zusammen die Einzahlung der Panna Alexandra für das Benediktinerkloster werden sollte. Zu Neujahr schon gedachte Alexandra den Nonnenschleier anzulegen. All ihr Kummer und all die erlittenen Schicksalsschläge hatten das junge Mädchen zu der Überzeugung gebracht, daß es Gottes Wille sei, daß sie den Freuden der Welt entsage. Sie fühlte sich von einer unbekannten Hand in die Nonnenzelle gestoßen, und eine unbekannte Stimme redete ihr zu: »Nur da wirst du Ruhe und das Ende aller deiner Qualen finden.«
    Sie hatte beschlossen, dieser Stimme zu folgen. Aber da sie fühlte, daß ihre Seele noch nicht imstande war, mit allem Irdischen abzubrechen, so wollte sie sich durch Gebete und gute Taten für die Zukunft vorbereiten. Doch die verschiedenartigsten Nachrichten, die von allen Seiten nach Smudien kamen, störten wieder ihre
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