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Sinnliches Erwachen

Sinnliches Erwachen

Titel: Sinnliches Erwachen
Autoren: Gena Showalter
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alten, vertrockneten Blumen aus Cornelias Lieblingsvase, stellte die neuen hinein und gab ihnen Wasser. Dann kehrte er auf seinen Platz in der Ecke zurück, setzte sich hin und wartete.
    Stunden verstrichen.
    Und noch mehr Stunden.
    Als das Quietschen der Scharniere endlich verkündete, dass jemand die Tür öffnete, waren ihm die Lider schwer, seine Augen trocken und wie mit Sandpapier bearbeitet. Aber er hatte es geschafft, wach zu bleiben, und augenblicklich saß er kerzengerade, gespannt auf ihre Reaktion.
    Leise Schritte. Es entstand eine Pause.
    „Was hast du gemacht?“, japste seine Mutter. Wild drehte sie sich um die eigene Achse und nahm den Raum in sich auf.
    „Ich hab alles für dich schön gemacht.“ Hab mich lieb. Bitte.
    Scharf holte sie Luft, bevor sie auf ihn zustürmte, direkt vor ihm stehen blieb und mit flammendem Hass auf ihn hinabstarrte. „Wie kannst du es wagen! Mir hat es genau so gefallen, wie es war.“
    Enttäuschung legte sich so schwer auf seine Brust, dass sie ihn fast erdrückt hätte. Schon wieder hatte er sie enttäuscht. „Es tut mir leid.“
    „Woher hast du die Ambrosia?“ Noch während sie sprach, schoss ihr Blick zur Balkontür. „Du bist geflogen, stimmt’s?“
    Er zögerte nur einen Sekundenbruchteil, bevor er gestand: „Ja.“
    Zuerst zeigte sie keine Reaktion. Dann straffte sie die Schultern, als würde sie einen Entschluss fassen. „Du glaubst also, du kannst dich mir widersetzen, ohne je Konsequenzen tragen zu müssen, ist es das?“
    „Nein. Ich wollte nur …“
    „Lügner!“, schrie sie. Schallend klatschte ihre Hand in sein Gesicht, so hart, dass er mit dem Hinterkopf gegen die Wand schlug. „Du bist genau wie dein Vater. Machst einfach, was du willst und wann du willst, egal, was irgendjemand sonst davon hält. Aber das lasse ich dir nicht länger durchgehen.“
    „Es tut mir leid“, wiederholte er bebend.
    „Glaub mir, das wird es.“ Grob packte sie ihn am Arm und zerrte ihn hoch. Er wehrte sich nicht, ließ zu, dass sie ihn bäuchlings aufs Bett warf und ihm Hände und Füße an die Bettpfosten fesselte.
    Jetzt peitscht sie mich wieder aus, dachte er und zwang sich, nicht um Gnade zu betteln, die sie ihm sowieso nicht schenken würde. Es würde wehtun, aber er würde sich erholen. Das wusste er mit Bestimmtheit. Schon tausendmal hatte er sich eine solche Strafe verdient, und jedes Mal hatte er sich erholt. Zumindest körperlich. Das Herz in seiner Brust würde noch über Jahre bluten.
    Ohne die Peitsche, die sie normalerweise verwendete, auch nur eines Blickes zu würdigen, nahm seine Mutter ein Messer von der Wand.
    Sie würde ihn … umbringen?
    Jetzt wehrte Koldo sich doch, er zog und zerrte, aber seine Kräfte reichten nicht aus, um sich zu befreien. „Es tut mir leid. Es tut mir wirklich leid. Ich putze nie wieder dein Zimmer, versprochen. Ich verlasse nie wieder diesen Raum.“
    „Du glaubst wirklich, das wäre das Problem? Oh, du törichter Bengel. In Wahrheit kann ich dich einfach nicht auf die Welt loslassen. Du bist verdorben vom bösen Blut deines Vaters.“ Das Feuer in ihren Augen hatte sich über ihre Züge ausgebreitet und tauchte sie in ein wildes, irrsinniges Leuchten. „Ich tue der Welt einen Gefallen, wenn ich deine Möglichkeit zur Fortbewegung einschränke.“
    Nein. Nein! „Nicht, Mama. Bitte nicht.“ Er durfte seine Flügel nicht verlieren. Das durfte einfach nicht passieren. Lieber würde er sterben. „Bitte.“
    „Ich hab dir doch gesagt, du sollst mich verflucht noch mal nicht so nennen!“, kreischte sie.
    Panik fraß sich wie kleine Eiskristalle durch seine Adern. „Ich mach’s nie wieder, versprochen. Nur … bitte, mach das nicht. Bitte.“
    „Ich muss.“
    „Du kannst doch meine Beine nehmen. Nimm meine Beine!“
    „Damit du für den Rest deines Lebens auf mich angewiesen bist? Ganz sicher nicht.“ Ihre Mundwinkel hoben sich zu einem trägen Grinsen. „Das hätte ich schon vor langer Zeit tun sollen.“
    Eine Sekunde später hieb sie auf ihn ein.
    Koldo schrie und schrie und schrie … bis seine Stimme ihn verließ und seine Kräfte versiegten. Bis er seine wunderschönen Flügel am Boden liegen sah, die Federn getränkt von seinem Blut.
    Bis er nur noch die Augen schließen und um den Tod beten konnte.
    „Schon gut, still jetzt. Es ist vorbei“, sagte sie fast sanft. „Du hast verloren, was du nie verdient hattest.“
    Es musste ein Traum sein, anders ging es nicht. So grausam war seine Mutter
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