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Sinnliches Erwachen

Sinnliches Erwachen

Titel: Sinnliches Erwachen
Autoren: Gena Showalter
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nicht. Niemand wäre so grausam.
    Weiche, warme Lippen pressten sich auf seine tränennasse Wange, und der Geruch von Jasmin und Geißblatt, der von ihr ausging, überdeckte die letzten Spuren des Kokosnussdufts. „Ich hasse dich, Koldo, jetzt und bis in alle Ewigkeit“, flüstertesie ihm ins Ohr. „Und du kannst nichts dagegen tun.“
    Nein, kein Traum. Die Realität.
    Seine neue Realität.
    Seine Mutter war weit mehr als bloß grausam.
    „Ich will auch gar nichts dagegen tun“, antwortete er mit zitterndem Kinn. Nicht mehr.
    Ihr entschlüpfte ein glockenhelles Lachen. „Höre ich da etwa Zorn? Sieh an. Du bist deinem Vater schon weit ähnlicher, als ich dachte. Vielleicht wird es Zeit, dass du ihn kennenlernst.“ Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: „Ja, morgen früh werde ich dich zum Volk deines Vaters bringen. Und du wirst erkennen, wie gut ich eigentlich zu dir war – falls du überlebst.“

1. KAPITEL
    In einer Welt der Finsternis ist auch das kleinste Licht ein Leuchtfeuer.
    Gegenwart
    Koldo pirschte sich durch die Intensivstation des Krankenhauses, auch wenn er und der Krieger an seiner Seite für menschliche Augen unsichtbar und vor menschlichen Berührungen geschützt waren. Ärzte und Krankenschwestern, Besucher und Patienten glitten durch sie hindurch, ohne etwas von der Anderswelt zu ahnen, die sich unsichtbar neben der ihren erstreckte. Eine spirituelle Welt, die diese natürliche Welt, die Welt der Menschen, erst hervorgebracht hatte.
    Eine spirituelle Welt, welche die wahre Realität für alle Geschöpfe darstellte.
    Eines Tages würden diese Menschen entdecken, wie wahr diese Aussage tatsächlich war. Ihre Leiber würden sterben, ihre Geister würden sich erheben – oder hinabsteigen –, und sie würden langsam erkennen, dass die natürliche Welt vergänglich war, die spirituelle jedoch ewig.
    Ewig. Genau wie scheinbar Koldos Verärgerung. Er wollte nicht hier unter den Menschen sein, betraut mit einer weiteren albernen Mission, und seinen Begleiter Axel konnte er erst recht nicht leiden. Aber sein neuer Anführer Zacharel wollte ihn beschäftigt wissen, abgelenkt, denn er hegte den Verdacht, dass Koldo um Haaresbreite davorstand, die himmlischen Gesetze zu brechen.
    Und damit lag Zacharel gar nicht so falsch.
    Nach allem, was Koldo im Lager seines Vaters durchgemacht hatte … nachdem er entflohen war und Jahrhunderte mit der Suche nach seiner Mutter verbracht hatte … war es ihm endlich gelungen, sie zu finden – und er hatte sie in einer seiner vielen Wohnungen in einen Käfig gesperrt.
    Also: ja. Koldo stand kurz davor. Aber niemals würde er der Frau irreparablen Schaden zufügen. Er würde sich nicht einmal dazu herablassen, ihr einen Fingernagel abzubrechen. Fürs Erste wollte er sie einfach nur mit dem Entsetzen einer ausweglosen Situation vertraut machen, wie sie es ihm so eindringlich beigebracht hatte. Und immer noch beibrachte.
    Später würde er … Er war sich nicht sicher. Mit der Zukunft beschäftigte er sich momentan lieber nicht.
    Wegen seines Abscheus Cornelia gegenüber war Koldo in der Unheilsarmee gelandet. Für ein so hochkarätiges Einsatzkommando war das ein furchtbarer Name, der jedoch trotz allem passte. Ihre Mitglieder waren die Schlimmsten der Schlimmen, die Bösesten der Bösen … männliche und weibliche Himmelsgesandte, die kurz vor der Verdammnis standen.
    Aus den verschiedensten Gründen hatten alle zwanzig Soldaten hohe himmlische Gesetze missachtet. Sie sollten lieben, doch sie hassten. Sie sollten anderen helfen, aber in Wahrheit fügten sie nur Schmerzen zu. Sie sollten aufbauen, doch sie taten nichts, außer zu zerstören.
    Vor drei Monaten war allen Mitgliedern ein Jahr gewährt worden, sich von ihrem Pfad des Verderbens abzuwenden. Anderenfalls würde man ihnen ihre Fähigkeiten nehmen und sie in die Hölle hinabstoßen.
    Koldo würde tun, was immer nötig war, um diesem Schicksal zu entgehen – selbst wenn er sich dafür echte Rache versagen musste. Auf keinen Fall würde er das einzige Zuhause verlieren, das er je gekannt hatte.
    Axel packte ihn beim Arm und zwang ihn, stehen zu bleiben. „Alter! Hast du die zwei Fleischsäcke an dem Mädchen gesehen?“
    Und das war der wichtigste Grund, aus dem Koldo ein Problem damit hatte, mit Axel zusammenzuarbeiten. „Geht’s auch noch abstoßender?“ Angeekelt riss er sich von dem Krieger los. Körperkontakt war nichts, was er genoss.
    „Klar“, entgegnete Axel mit einem respektlosen
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