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Sind wir bald da

Sind wir bald da

Titel: Sind wir bald da
Autoren: Clemens Haipl
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Internatsoberin, die eigentlich Wirtin ist.
    Gute Meldung, die ich heute gehört habe, im Zusammenhang mit Tourismus in der Türkei und den Urlaubsgästen, die man dort so trifft: »Die Russen sind die Deutschen von heute .« Schön.

Samstag, 2. Mai
    Sollte man den Weg zu sich selbst durch langes Schlafen finden können, hätte ich gute Chancen, ein Erleuchteter zu werden. Ein Buddha mit Alkohol und Zigaretten. Ein Hockenbleiber vor dem Herrn, ein Trunkenbold, von Wollust und Faulheit getrieben, aber hochzufrieden mit sich selbst. Eigentlich spielt es ja gar keine Rolle, ob ein Religionsgründer besonders gute Taten vollbringt. Er kann leben wie der letzte räudige Hund, solange er damit zufrieden ist und ein glückliches Leben führt, ist er nachahmenswert und befähigt, als Religionsgründer aufzutreten. Egal was man tut und was einem widerfährt, wichtig ist nur, was man dabei empfindet und wie man damit umgeht. Die alte Geschichte von den geistig Armen, die glücklich sein sollen. Also nicht direkt, aber so zirka.
    Es muss so funktionieren, sonst könnte es in Ländern der Dritten Welt (Ich weiß, »Dritte Welt« sagt man nicht. Und? Sonst keine Probleme, Klugscheißer? Oder muss ich jetzt auch »Klugscheißerin« sagen?) keine glücklichen Menschen geben, und in Industriestaaten, wo die Leute mehrere Handys besitzen und mehr essen als nötig, wäre das Glück daheim. Das ist aber nicht so, wie wir wissen. Ein beruhigender Gedanke. Jeder kann glücklich sein, zumindest theoretisch.
    Ich habe übrigens noch immer nicht besonders viel über die St. Jakobs herausgefunden, die ich zu bereisen gedenke. Egal. Genauso gut könnte ich alle Orte bereisen, die ein stummes H im Namen haben. Also zum Beispiel Hehlstadt , falls es das gibt. Aber letztlich ist es eben völlig egal, ob man nach Santiago de Compostela wandert oder nach Attnang -Puchheim. Dass der liebe Gott sich lieber an der spanischen Atlantikküste offenbart als in Oberösterreich, könnte ich zwar verstehen, es ist aber meiner bescheidenen theologischen Bildung zufolge sehr unwahrscheinlich. Trotzdem hatschen sie alle wie die Lemminge auf dem Jakobsweg nach Santiago und nicht die Westbahn entlang nach Attnang -Puchheim. Selbstfindung als Produkt von Marketing?
    Ich habe aber endlich herausgefunden, was Santiago mit Jakob zu tun hat. Man muss es nur aufdröseln: »Santiago« — heiliger Jakob. Grandios, nicht? Halten Sie mich ruhig für einfältig, aber ich bin da sehr lange nicht draufgekommen. Jetzt wo ich es weiß, fühle ich mich sehr bereichert und überlege, meinen Sohn Jakob zu taufen (ich habe zwar noch keinen Sohn, ich habe aber auch noch keinen Baum gepflanzt). Nur Jakob, ohne »heiliger«. Trägt doch ein bisschen auf. Obwohl... Helmut Jakob vielleicht. Und dann das »Helmut« mit »Hl .« abkürzen. Hl. Jakob Haipl , warum nicht? Das » Haipl « könnte man dann auch noch abkürzen und übrig bliebe »Hl. Jakob Hl .« Nicht schlecht für einen potenziellen Religionsgründer.
    Erstaunlich übrigens, dass so wenige Menschen versuchen, ihre Kinder zu Religionsgründern zu erziehen. Eisprinzessin, Rennfahrer, DJ Ötzi... jeder Schmarren wird den Kindern eingetrichtert. Aber dass man eine Religion gründen könnte, diesen Gedanken geben nur wenige Erziehungsberechtigte ihrem Nachwuchs mit auf den Weg. Dabei hätte man ja auch selbst was davon. Wenn man bedenkt, was aus dem Vater von Jesus geworden ist... nicht so schlecht.
    Von wegen Santiago und nicht merken, was das heißt: Ich habe zirka fünfzehn Jahre gebraucht, um zu erkennen, dass Peter Pan, die Band meines Freundes Peter Pansky, nicht zufällig so geheißen hat oder weil er so ein Fan von Kindermärchen und Elfen ist, sondern weil... tja... warum wohl? Richtig, weil er selbst so heißt. Mit » sky « am Schluss. Für andere mag das offensichtlich sein. Ich habe sehr gestaunt und mich gefühlt, als hätte ich gerade herausgefunden, wie man aus dem Nichts Energie erzeugt.
    Egal. Ich habe wieder einmal lange geschlafen, nichts über St. Jakob herausgefunden und nicht einmal ein Lied aufgenommen. Wieder den ganzen Tag im Internet herumgesaust und mit Ableton Live gebastelt. Ableton Live ist eine Musiksoftware, und ich spiele morgen ein Konzert mit meiner grandiosen Band Heirstyle . Damit mir selbst nicht zu langweilig wird, suche ich die technische Herausforderung und programmiere kleine Tricks und Spielereien. Die bemerkt auf der Bühne zwar niemand, und ich könnte genauso gut meine E-Mails
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