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Silver Linings (German Edition)

Silver Linings (German Edition)

Titel: Silver Linings (German Edition)
Autoren: Matthew Quick
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Tisch auf, den meine Mutter für uns ins Zimmer gestellt hat, nachdem ich mit einem gebrochenen Bein nach Hause gekommen war. Wir spielen Parcheesi wie immer, wenn Danny mich besucht, und es wird mir klar, dass er mit seiner Meinung über Tiffany nicht rausrücken wird, wahrscheinlich weil er weiß, dass nur ich diese Entscheidung treffen kann – aber vielleicht auch deshalb, weil er einfach bloß Parcheesi spielen will. Ich habe noch niemanden kennengelernt, der Parcheesi mit so großer Begeisterung spielt wie er, und wenn er auf einem meiner Felder landet und eine meiner Figuren zurück in den Anfangskreis schickt, dann zeigt Danny jedes Mal auf mein Gesicht und brüllt: «Getroffen!», was mich zum Lachen bringt, weil er Parcheesi so verdammt ernst nimmt.
    Obwohl mir Parcheesi im Grunde nicht so viel Spaß macht wie Danny – und obwohl er keine meiner Fragen zu Tiffany beantworten will –, ist es schön, ihn wieder in meinem Leben zu haben.
    Wir spielen stundenlang Parcheesi – Tage vergehen, und meine Bilanz gegen Danny wächst auf 32 Siege und 203 Niederlagen an. Danny ist ein meisterlicher Parcheesi-Spieler und der beste Würfler, der mir je begegnet ist. Wenn er sagt: «Daddy braucht einen Pasch», würfelt er fast immer zwei Sechsen. Was immer Daddy braucht, Danny würfelt es.

[zur Inhaltsübersicht]
    Nimbostratus
    Eine Woche nachdem mir der Gips abgenommen wurde, stehe ich allein auf der Fußgängerbrücke im Knight’s Park, stütze mich auf das Geländer und schaue nach unten auf einen Teich, den ich in weniger als fünf Minuten zu Fuß umrunden könnte. Das Wasser unter mir ist von einer dünnen Eisschicht bedeckt, und ich überlege, ob ich Steine durch sie hindurchwerfen soll, aber mir fällt kein Grund dafür ein, vor allem, wo ich keine Steine habe. Dennoch möchte ich unbedingt Steine durch das Eis werfen, es durchlöchern, beweisen, dass es schwach und vergänglich ist, sehen, wie das schwarze Wasser darunter hochsteigt und aus einem Loch quillt, das ich allein geschaffen habe.
    Ich denke an die verborgenen Fische – hauptsächlich dicke Goldfische, die massenweise in den Teich gesetzt werden, damit alte Männer im Frühling was zu füttern und kleine Jungs im Sommer was zu fangen haben –, Fische, die sich derzeit auf dem Grund des Teichs im Schlamm vergraben haben. Oder vergraben sich die Fische jetzt erst? Warten sie, bis der Teich komplett zugefroren ist?
    Mir kommt da ein Gedanke: Ich bin wie Holden Caulfield, der über Enten nachdenkt, nur ich bin fünfunddreißig Jahre alt und Holden war ein Teenager. Vielleicht hat der Unfall mein Gehirn zurück in den Teenager-Modus befördert?
    Ein Teil von mir möchte auf das Geländer klettern und von der Brücke springen, die nur knapp zehn Meter lang ist und nur knapp einen Meter über dem Teich. Ein Teil von mir möchte das Eis mit den Füßen durchbrechen, nach unten tauchen, bis tief, tief, tief in den Schlamm, wo ich monatelang schlafen und alles vergessen kann, woran ich mich jetzt erinnere und was ich weiß. Ein Teil von mir wünschte, ich hätte die Erinnerung nie wiedergefunden, sodass ich mich noch immer an diese falsche Hoffnung klammern könnte − dass ich wenigstens noch den Gedanken an Nikki hätte, der mich aufrecht hält.
    Als ich schließlich vom Eis aufschaue und Richtung Fußballplatz blicke, sehe ich, dass Tiffany meiner Einladung zu einem Treffen gefolgt ist, genau wie Cliff prophezeit hat. In der Ferne ist sie gerade mal fünf Zentimeter groß, und mit der gelben Skimütze und dem weißen Mantel, der ihr fast bis zu den Knien reicht, sieht sie aus wie ein flügelloser Engel, der größer und größer wird, und ich schaue zu, wie sie an den Schaukeln und dem großen Pavillon vorbeigeht, in dem Picknicktische stehen. Ich schaue zu, wie sie am Ufer des Teichs entlanggeht, bis sie schließlich ihre normale Größe von um die eins sechzig erreicht.
    Als sie die Fußgängerbrücke betritt, schaue ich sofort wieder nach unten auf die dünne Eisschicht.
    Tiffany kommt zu mir und stellt sich so dicht neben mich, dass ihr Arm fast meinen berührt, aber nicht ganz. Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass sie jetzt auch nach unten auf die dünne Eisschicht blickt, und ich frage mich, ob sie ebenfalls den Wunsch hat, ein paar Steine reinzuwerfen.
    Wir stehen eine gefühlte Stunde so da, ohne dass einer von uns etwas sagt.
    Mir wird kalt im Gesicht, bis ich meine Nase und meine Ohren nicht mehr spüre.
    Schließlich sage ich, ohne Tiffany
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