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Silver Linings (German Edition)

Silver Linings (German Edition)

Titel: Silver Linings (German Edition)
Autoren: Matthew Quick
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anzusehen: «Wieso bist du nicht zu meinem Geburtstag gekommen?», und mir ist klar, dass das in diesem Moment eine blöde Frage ist, aber etwas anderes fällt mir nicht ein, vor allem, wo ich Tiffany seit vielen Wochen nicht gesehen habe – seit ich sie am Weihnachtstag angeschrien habe. «Meine Mom hat gesagt, sie hat dich eingeladen. Also, wieso bist du nicht gekommen?»
    Nach einer langen Pause sagt Tiffany: «Na ja, wie ich in meinem Brief geschrieben habe, dein Bruder hat gedroht, mich umzubringen, wenn ich Kontakt zu dir aufnehme. Außerdem war Ronnie am Tag vor deinem Geburtstag bei mir und hat mir verboten zu kommen. Er hat gesagt, er hätte uns niemals miteinander bekannt machen sollen.»
    Ich hatte schon mit Jake über seine Drohung gesprochen, aber ich kann mir nur schwer vorstellen, dass Ronnie so was zu Tiffany gesagt haben soll. Und doch weiß ich, dass Tiffany die Wahrheit sagt. Sie wirkt gekränkt und verletzlich, vor allem, weil sie auf der Unterlippe kaut wie auf einem Kaugummi. Ronnie hat das bestimmt gegen Veronicas Willen gesagt. Seine Frau würde niemals zulassen, dass er etwas potenziell so Egoschädliches zu Tiffany sagt, und der Gedanke, dass Ronnie Tiffany davon abhält, zu meinem Geburtstag zu kommen, macht mich ein bisschen stolz auf meinen Freund, vor allem, da er mich gegen den Willen seiner Frau beschützt hat.
    «Bruder geht vor Luder», sagte Danny jedes Mal zu mir, wenn ich wegen Nikki jammerte, als wir zusammen an dem schlimmen Ort waren – vor seiner zweiten Operation. Im Kunsttherapiekurs hat Danny sogar für mich ein kleines Poster gemacht, auf das er den Spruch in eleganten goldenen Lettern geschrieben hat. Ich hatte das Poster damals an dem schlimmen Ort zwischen meinem Bett und dem meines Zimmergenossen Jackie an die Wand gehängt, aber eine von den bösen Schwestern nahm Dannys Kunstwerk wieder runter, als ich nicht im Zimmer war, was Jackie bestätigte, indem er blinzelte und eine Schulter hoch ans Ohr riss. Ich weiß, der Spruch ist ziemlich sexistisch (Männer sollten Frauen nicht als Luder bezeichnen), aber als ich jetzt im Geist «Bruder geht vor Luder» sage, muss ich lächeln, vor allem, weil Ronnie mein bester «Bruder» in New Jersey ist, da Jake und Danny ja in Pennsylvania wohnen.
    «Es tut mir leid, Pat. Willst du das von mir hören? Schön, dann sage ich es noch mal: Es tut mir wirklich, ehrlich verdammt leid.» Obwohl Tiffany wieder «verdammt» sagt, bebt ihre Stimme leicht, so wie bei Mom, wenn sie etwas sagt, das sie auch wirklich so meint, und mir kommt der Gedanke, dass Tiffany vielleicht sogar gleich anfängt zu weinen, hier auf der Brücke. «Ich bin ganz schön verkorkst, und ich weiß nicht mehr, wie ich mit den Menschen, die ich liebe, umgehen soll. Aber alles, was ich in meinem Brief geschrieben habe, war ehrlich. Wenn ich deine Nikki wäre, wäre ich am Weihnachtstag zu dir zurückgekommen, aber ich bin nicht Nikki. Ich weiß. Und es tut mir leid.»
    Ich weiß nicht, was ich darauf erwidern soll, also stehen wir ein paar Minuten lang einfach da und sagen nichts.
    Plötzlich möchte ich aus irgendeinem verrückten Grund Tiffany das Ende des Films erzählen, des Films, der mein altes Leben war. Ich finde, sie sollte das Ende kennen, vor allem, wo sie eine Hauptrolle darin gespielt hat. Und dann sprudeln die Worte aus mir heraus.
    «Ich hab beschlossen, Nikki zu konfrontieren, nur um ihr zu sagen, dass ich mich an alles erinnere, was zwischen uns passiert ist, dass ich ihr aber nicht böse bin. Mein Bruder hat mich zu meinem alten Haus in Maryland gefahren, und wie sich herausgestellt hat, wohnt Nikki noch immer da, was ich irgendwie merkwürdig finde, vor allem, wo sie doch jemand Neues hat – diesen Phillip, der genau wie Nikki Englisch unterrichtet und mich immer als ungebildeten Trottel bezeichnet hat, weil ich nie Romane gelesen habe», sage ich und lasse den Teil aus, wie ich den nackten Phillip würge und ihm die Nase blutig schlage, als ich ihn zusammen mit Nikki in der Dusche erwische, «und wenn ich Phillip wäre, würde ich wahrscheinlich nicht im Haus des Exmanns meiner Frau wohnen wollen, weil das einfach irgendwie krank ist, oder?»
    Tiffany sagt nichts, als ich stocke, also rede ich weiter.
    «Als wir meine alte Straße runtergefahren sind, hat es geschneit, was in Maryland eher selten vorkommt und daher für die kleinen Kinder immer eine große Sache ist. Es lagen höchstens zwei, drei Zentimeter – eine Puderschicht –, aber
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