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Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Sobo Swobodnik
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den Kopf. Zaghaft, auch eingeschüchtert. Und für den Fall, dass seine nonverbale Reaktion nicht genügte, fügte er hinzu: »Da muss ich doch nicht gleich in die Schweiz …«
    »Vergiss es, Mann!«, schnauzte Susi ihn an. Dann drehte sie sich zu Dr. Hohenthaler um, hielt die Hände in einer Geste der Resignation nach oben und sagte: »Der kapiert es einfach nicht!« Sie hörte sich dabei an wie eine Mutter, die zum Vater über den hosenscheißenden Sohn spricht.
    Als müsste der Doktor vermittelnd einschreiten, redete er erneut auf Plotek ein, wie der Vater auf das begriffsstutzige Kind: »Das ist ein Luftkurort, Berge, Seen, Wälder, fast zweitausend Meter hoch, eine Luft wie im Himmel. Keine Hektik, kein Verkehr, nichts.«
    Der Alte nebenan gurrte wieder, als wollte er auf jeden Fall mit.
    Jetzt muss man wissen, dass Plotek schon seit einer Woche im Rotkreuzkrankenhausin München, Stadtteil Neuhausen, lag. Warum, war nicht ganz klar. Die Ärzte tappten im Dunkeln. Sicher war nur, dass mit Plotek etwas nicht stimmte. Alle Werte, Blut, Leber, Fett, Kreislauf, waren besorgniserregend. Vor acht Tagen – kurz nach Weihnachten – war er auf dem Nachhauseweg vom Froh und Munter mitten auf dem Gehsteig zusammengebrochen und wenig später unterkühlt von einem Passanten gefunden worden. Nun lag er im Spital, neben diesem Alten, und wartete auf ein Ergebnis. Vor allem aber auf Genesung. Doch die Ärzte konnten weder das eine noch das andere liefern. Dafür spekulierten sie umso mehr. Es war ein heiteres Krankheitenraten unter den Weißkitteln. Die einen glaubten an einen heimtückischen unbekannten Virus. Die anderen führten die körperlichen Defizite auf einen ungesunden Lebenswandel zurück. Soll heißen: Alkohol, Zigaretten, Schweinsbraten. Trotz unendlicher Untersuchungen, Computertomografie, Langzeit- EKG und allem blieb die Ursache für Ploteks Zustand unklar. Was aber Dr. Hohenthaler und Susi nicht von ihren Belehrungen abhielt.
    »Du musst was ändern, verstanden?« Susis Gesichtsausdruck ließ daran keinen Zweifel. Dr. Hohenthaler nickte stumm vor sich hin. Das wirkte jetzt bei Susi wie eine Drohung und bei Dr. Hohenthaler wie die medizinische Bestätigung dafür.
    »Ich habe keine Lust, dich das nächste Mal nicht im Krankenhaus, sondern in der Leichenhalle zu besuchen.« Wieder wagte Susi einen kurzen, unsicheren Blick hinüber zum anderen Bett. Der Alte atmete noch.
    Ist es also doch schon so schlimm?, dachte Plotek in Bezug auf sich selbst. Oder übertreibt Susi wieder, wie sie immer gerne übertreibt? Ein Hang zum Dramatischen war ihr nicht abzusprechen. Außerdem ist es mein Leben, sinnierte Plotek weiter, und darüber kann ich doch selbst …
    Den Gedanken konnte er nicht mehr zu Ende denken, da Susi schon wieder resolut dazwischenging: »Nein, das darfst du nicht selbst entscheiden! Weil du keine Wahl mehr hast, verstehst du?!«
    Vom Bett nebenan meldete sich der Alte wieder. Er hörte sich an wie ein defektes Waldhorn, das aus dem letzten Loch pfiff. Kurzzeitig wirkte Susi irritiert, sie sah erneut den Alten an und machte einen kleinen Schritt in seine Richtung, als wollte sie zu ihm rübergehen und ihm helfen. Aber keine Chance. Sie drehte sich sofort wieder zu Plotek um. Soll heißen: Dem anderen war nicht mehr zu helfen. Plotek, an die Störgeräusche des Alten mittlerweile gewöhnt, ignorierte dessen Gejammer und sagte: »Aber wie soll ich denn …«
    »Geld spielt keine Rolle«, zerpflückte Susi den aufkommenden Einwand.
    Für dich vielleicht, dachte Plotek, aber wenn ich an das Schuldenbüchlein in deiner Schublade im Froh und Munter denke, fängt mein Blutdruck an durchzudrehen, und im Magen braut sich etwas zusammen, was an das Dreckwasser eines Tsunamis erinnert.
    »Ich kann dir so viel leihen, wie du brauchst.«
    Das überraschte Plotek nun doch ein wenig. Susi drückte zwar hin und wieder mal ein Auge zu und ließ beim Abrechnen einen Tequila unter den Tisch fallen oder sah über ein, zwei Unertl hinweg, als spendabel galt sie aber ganz bestimmt nicht. Dass sie Plotek nun Geld für seine Regeneration anbot, wunderte ihn deshalb umso mehr.
    Entweder führt die da etwas Hinterhältiges im Schilde, dachte Plotek. Oder es ist tatsächlich so düster um mich bestellt.
    »Zwei bis vier Wochen, das kostet auch nicht die Welt«, assistierte Dr. Hohenthaler und schien im Kopf schon mal die Summe durchzurechnen.
    »Scheißegal!«, kam ihm Susi zuvor. »Ich brauch dich, Plotek! Und zwar lebendig und
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