Silentium
die Mary Ogusake angeschleppt.»
«Dieser Spinner», hat der Präfekt gesagt und sich mit einer Hand das Wasser vom Nacken gewischt, bevor es ihm unter den Hemdkragen gelaufen ist.
«Er hat Verdacht geschöpft und ist zum Dr. Prader hinauf. Aber nicht, um mit ihm zu reden, sondern um beim philippinischen Botschafter Erkundigungen einzuholen. Blöderweise hat Ihnen der Waldbrand alles brühwarm weitererzählt.»
«Wer?»
«Die Frau, die Sie heute in die Felsenreitschule gestoßen haben.»
«Waldbrand», hat der Präfekt geschmunzelt.
«Nachdem Sie auf der Party von ihrem Mann erfahren haben, daß sie aussteigen will.»
Der Präfekt mit den nassen Haaren hat sich wieder mit der Hand das Wasser vom Nacken gewischt.
«Sie haben sie nur ein bißchen zu weit gestoßen. Dadurch ist sie auf dem falschen Platz gelandet. Auf dem Platz Ihrer Mutter statt auf dem Platz Ihres Vaters.»
«Sie ist auf dem Platz meiner Mutter gelandet?»
Dem Brenner ist vorgekommen, als wäre das das erste gewesen, was den Sportpräfekt wirklich gestört hat, der jetzt traurig den Kopf geschüttelt hat: «Wenn der Idiot nicht auf Petting verfallen wäre.»
«Der Gottlieb hat selber nicht geahnt, was für ein Nest er da ansticht. Wie Sie dann den toten Sandler da herunten gefunden haben, ist Ihnen klargeworden, daß Sie nie wieder eine Chance kriegen werden, den neugierigen Wichtigtuer so einfach loszuwerden.»
«Es war ein Fingerzeig, daß mich die Frau Prader ausgerechnet an dem Tag informiert hat, wo ich den Erhängten gefunden habe.»
«Aber den Gottlieb haben Sie schon selber herunterlocken müssen.»
Ich weiß nicht, hat der Brenner es sich nur eingebildet, oder hat der Präfekt jetzt wirklich ein bißchen gelächelt, wie er gesagt hat: «Ich hab den Gottlieb angerufen und gefragt, ob er sich nicht die Duschen noch einmal anschauen will, weil ihm das vielleicht hilft bei seinen Erinnerungen.»
«Sie hätten nur nicht die weißen Plastiksäcke aus der Küche verwenden dürfen. Die haben keine Aufschriften. Solche verwenden die Sandler nicht.»
«Keine Aufschrift? Das hat mich verraten?»
«Aber geklingelt hat es bei mir erst, wie mir wieder eingefallen ist, daß das Fräulein Schuh so für den Präsidenten John Fitzgerald Kennedy geschwärmt hat.»
«Fräulein», hat der Präfekt protestiert. «Sie sprechen von einer Mutter.»
«Ihre Mutter hat dafür gesorgt, daß Sie das Amt übertragen bekommen haben, als Ihr Vorgänger sich unmöglich gemacht hat.»
«Der hat sich ausgerechnet das Mädchen geschnappt, das für den damals berühmtesten Tenor reserviert war. Das war der erste, der nur mehr mit Jungfrauen nach Salzburg zu locken war. Heute geht es fast nur mehr so. Wenn man denen nicht diesen Service bietet, hat sofort eine andere Stadt die führenden Festspiele.»
«Darum war es auch so schlimm, daß der Gottlieb die Daten gestohlen hat.»
«Die Daten waren so verschlüsselt, die hätten niemandem was genützt. Gefährlich ist es erst geworden, wie dann Sie die Mary Ogusake ausgeforscht haben.»
«Der René hat sie gefunden.»
Der Präfekt hat gelächelt. «Ein starker Bursche. Ich habe einfach gewartet, bis er einkaufen gegangen ist.»
«Sie haben die Mary aber nicht einfach getötet. Warum haben Sie sie so zugerichtet?»
Der Präfekt hat nur ganz leicht den Kopf geschüttelt.
«Den Gottlieb haben Sie dagegen ja richtig liebevoll verpackt.»
«Ich hätte mir gewünscht, daß man ihn erst nach Schulschluß findet. Damit die Schüler nichts mitkriegen.»
Weil Kinderliebe natürlich immer im Vordergrund, da hat der Sportpräfekt sogar in diesem schwierigen Moment nicht aus seiner Haut heraus können. Und der Brenner hat jetzt nicht länger nachgefragt, warum er die Mary so zugerichtet hat. Eigentlich hat er es gar nicht so genau wissen wollen. Er hat noch ein paar Plastiktaschen herausgezogen, weil ihm vorgekommen ist, daß sich ganz innen doch ein Gegenstand verbirgt.
«Die Verführung», hat der Präfekt jetzt doch noch geantwortet. «Wenn man der Verführung einen Kopf abschlägt, wachsen zwei nach.»
«Sie müssen es ja wissen. Als Zuhälter waren Sie ja sehr erfolgreich.»
«Zuhälter», hat der Präfekt verächtlich gesagt. «Was glauben Sie denn, wie wir das hier alles finanziert haben? Den Park, das Birkenwäldchen, die Fußballplätze, die Leichtathletikanlage, das Hallenbad, die Sporthalle. Alles in den letzten Jahren erworben mitten im teuersten Salzburger Stadtteil. Und allein die Dachkirche hat fünf
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