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Silence

Silence

Titel: Silence
Autoren: Savannah Davis
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Mrs. Walsh von mir wissen und dachte: 1420 bis 1500 in Florenz .
    »Das war in Florenz. So um 1420 bis 1500«, antwortete ich und grinste erleichtert.
    »Was ist Renaissance?«
    »Ein Begriff, der das kulturelle Aufleben der griechischen und römischen Antike umschreibt.«
    »Du kannst dich wieder setzen, Lisa.«
    Mrs. Walsh hüstelte verlegen, steckte ihre Hände in ihre Kitteltaschen und spielte mit etwas, das sich darin befand. Keiner wusste, was ihre Finger immer dann kneteten, wenn sie nervös, verwirrt oder gar wütend war. Aber natürlich gab es Vermutungen; ein Stofftuch, Knete oder sämtliche Kaugummis, die sie den Mündern ihrer Schüler im Laufe der Jahre entwendet hatte.
    Ich beschloss, das Rätsel zu entschlüsseln, und tauchte in die Gedanken der Lehrerin ein, weil das ja gerade eben auch so gut funktioniert hatte. Außerdem wollte ich mich gerne auf alles Mögliche konzentrieren, nur um die giftigen Flüche, mit denen Michelle mich gerade gedanklich bedachte, nicht hören zu müssen. Die Neuen waren gerade erst an unserer Schule aufgetaucht und Michelle betrachtete sie schon jetzt als ihren Eigentum. Durfte mich Giovanni nicht einmal anlächeln? Ich widmete mich Augen rollend wieder Mrs. Walsh. Eigentlich war es weniger ein Eintauchen als ein Zuhören, wenn ich in die Köpfe anderer Menschen eindrang. Die Gedanken flogen mir ja die meiste Zeit einfach so zu. Aber wenn ich nur die Stimme einer einzigen Person herausfiltern wollte, musste ich mich auf diese konzentrieren und stellte mir dann vor, wie ich in ihren Kopf glitt. Das fühlte sich dann an, als würde ich mich durch eine wabbelige Masse kämpfen.
    Es überraschte mich, dass Mrs. Walsh mir die Antwort auf meine Frage prompt lieferte. Bisher war es so gewesen, dass ich nur die Gedanken hören konnte, die in diesem Augenblick gedacht wurden. Doch ich bezweifelte, dass sie, obwohl sie ja gerade mit dem kleinen Säckchen in ihrer Tasche spielte, auch an dieses dachte. Meiner Meinung – und wahrscheinlich auch der von Freud – nach, ist so etwas eine unbewusste Handlung. Konnte es also sein, dass sie wollte, dass ich es wusste? Nur was war an einem Duftsäckchen mit Kräutern so besonders?
    Ich schüttelte den Kopf und verdrängte diese Vermutung gleich wieder. Es wäre doch absurd zu glauben, meine Lehrerin würde auch nur ahnen, welche Fähigkeit ich seit Neuestem besaß. Dafür war diese Gabe einfach zu verrückt.
    Giovanni saß noch immer zu mir umgedreht und grinste frech. Ich ignorierte ihn und konzentrierte mich auf das, was Mrs. Walsh sagte. Mit Erfolg, denn Giovanni wandte sich mit einem letzten Zwinkern wieder der grünen Tafel zu, auf der Mrs. Walsh gerade die Hausaufgaben notierte.
    Es klingelte und die Mädchen bemühten sich alle, den Raum über die Mittelgänge zu verlassen, um den Neuen so nahe wie möglich zu kommen. Man sind die heiß , dachte Michelle im Vorbeigehen. »Giovanni, warte doch mal kurz!«, schrie sie mit ihrer quietschhohen Stimme, als dieser vor ihr aus dem Zimmer stürmte.
    Unwillkürlich musste ich die Augen verdrehen. Es war zu erwarten gewesen, dass Michelle sich bei der erstbesten Gelegenheit auf die Neuzugänge stürzen würde. Die beiden taten mir jetzt schon leid.
    Ich hatte keine Lust mir das anzusehen, darum verkrümelte ich mich zu Kunstgeschichte in die entgegengesetzte Richtung.
    Die kommende Stunde zog sich wie Gummi. Also beschäftigte ich mich wieder mit den Gedanken meiner Mitle idensgenossen. Niemand war mit seinen Gedanken bei den alten Künstlern Europas. Kate dachte an Matt. Melanie dachte an das Kleid, das sie auf Michelles Party tragen wollte. Und Matt war mit seinen Gedanken bei den Brüdern, weil Michelle nur noch von ihnen schwärmte. Armer Matt.
    Matt himmelte Michelle schon an, solange ich ihn kannte. Und ich kannte ihn schon mein ganzes Leben lang. Um genau zu sein; siebzehn Jahre lang. Seit wir im Kindergarten noch Kuchen aus Sand gebacken hatten, war er in Michelle verliebt. Matt würde alles für Michelle tun, nur hatte Michelle kein Interesse daran, dass er etwas für sie tat. Kate dagegen würde alles tun, damit Matt sie beachtete. Doch der war in dieser Hinsicht blind wie ein Maulwurf.
    Im Kindergarten und auch auf der Juniorhigh waren Matt, Kate, Michelle und ich einmal die besten Freunde gewesen. Dann kam die Highschool und für Michelle gab es keine Freunde mehr, nur noch Michelle und das Ziel, den Highschool-Thron zu besteigen. Ganz sicher hatte das auch etwas mit dem Streben
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