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Silence

Silence

Titel: Silence
Autoren: Savannah Davis
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noch immer mit meinem Oberkörper im Gang zwischen den Tischreihen ragte und ihr den Weg zum Lehrerpult versperrte. Ich richtete mich auf und starrte auf die grüne Tafel.
    Insgeheim zählte ich die Sekunden bis zum Unterrichtsbeginn, denn dann würden zumindest ein paar Sti mmen verstummen. Die, die über meine Ohren in meinen Kopf drangen. Das Durcheinander an gesprochenen und gedachten Worten ließ meinen Kopf hämmern und ich rieb mir verzweifelt die Schläfen. Nach einem verstohlenen Blick in Kates Richtung fischte ich eine Packung Tabletten aus der Tasche meiner Jacke, nahm gleich zwei und spülte sie mit einem Schluck aus meiner Wasserflasche hinunter.
    Es wunderte mich, dass Michelles Eltern es erlaubten, dass wieder eine Party in ihrem Haus gegeben wurde, nach dem, was ich auf der Letzten verschuldet hatte. Vielleicht hatten sie beschlossen, dass nur Normalität die seelischen Wunden zu heilen vermochte. Vielleicht lagen sie sogar richtig mit dieser Vermutung, nur nicht, was mich betraf. Nicht, weil mich dort sowieso niemand haben wollte, sondern weil ich nicht zulassen würde, dass meine seelischen Wunden heilen würden. Die Schuld, die ich auf mich geladen hatte, war zu schwer, als dass ich irgendwann zulassen konnte, dass ich mir vergab. Selbst wenn meine Mitschüler jemals bereit sein würden zu vergessen, ich würde es nie sein.
    Das Thema der ersten Stunde war die Frührenaissance. Für eine amerikanische Highschool legte man auf der Silence High sehr viel Wert auf das Erlernen der europäischen Vergangenheit, da die Geschichte von Silence eng verbunden war mit der Europas. So sagte man zumindest. Aber welche amerikanische Stadt konnte das nicht auch von sich behaupten? Schließlich stammte ein Großteil der amerikanischen Einwanderer aus Europa.
    Ich kämpfte mit den verschiedenen Gedankenstimmen, um etwas von dem zu verstehen, was Mrs. Walsh erklärte, gab es aber nach nur wenigen Versuchen auf. Dafür konnte ich feststellen, dass ich nicht mehr Hauptthema me iner Mitschüler war. Hatte das Vergessen so schnell eingesetzt, oder war mein Vergehen nur zu einer Art Hintergrundrauschen verklungen, das im passenden Moment wieder lauter ertönte und die Vergangenheit aufleben ließ?
    Die meisten sprachen noch immer nicht mit mir, aber sie dachten auch nicht mehr an die Ereignisse, die dazu geführt hatten, dass sie nicht mehr mit mir sprachen.
    Neues Lieblingsthema in den Köpfen der Mädchen waren zwei überaus gut aussehende neue Schüler.
    Neues Lieblingsthema in den Köpfen der Jungen war; herausfinden, welchen Stylingberater die Neuen engagiert hatten.
    Selbst hatte ich noch nicht das Vergnügen, die beiden zu sehen, aber wenn ich mich auf das verlassen konnte, was ich in den Köpfen derer lesen konnte, die sie schon getroffen hatten, waren sie es wohl wert, von ihnen zu träumen, statt dem Unterricht zu folgen.
    Mrs. Walsh, eine hochgewachsene, kräftige Frau – von den Schülern wurde sie aufgrund des weißen Kittels, den sie immer trug, nur der weiße Riese genannt – ließ einige Fotos durch die Klasse gehen mit Bauwerken der R enaissance; der Dom von Florenz, mit der ersten frei hängenden Kuppel, der Petersdom in Rom und der Dom von Pisa.
    Ich nahm die Bilder von Kate entgegen und reichte sie in die Nachbarreihe weiter, ohne einen Blick darauf zu werfen. Wer in Silence lebt, der braucht nur aus dem Fenster zu sehen, um Gebäude sämtlicher europäischer Zeitepochen zu sehen. Dieses ganze Theater, das hier um Europa veranstaltet wurde, war mir ziemlich egal. Ich lebte in North Carolina, was bekanntlich in den USA liegt. Was interessierte mich, was in Übersee los war? Auch Amerika hatte eine nicht zu verachtende Geschichte, die es wert war, erforscht zu werden.
    »Florenz ist …« Mrs. Walsh wurde durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen. Die Stirn gerunzelt wegen der dreisten Störung, öffnete sie die Zimmertür. »Oh, Direktor Snyder. Die zwei neuen Schüler. Hätte ich fast vergessen«, stammelte sie. Verlegen strich sie sich durch das wellige rötlich blonde Haar.
    Zwei Jungen mit dunkelbraunen Lederjacken betraten hinter Direktor Snyder das Klassenzimmer. Ich musste meinen Mitschülern zustimmen; die beiden sahen wirklich gut aus, sie hatten eine Ausstrahlung, die jeden im Raum gefangen nahm. Gespräche, die gerade noch geführt wurden, verstummten genauso wie alle anderen Hintergrundgeräusche. Die Aufmerksamkeit galt den Neuankömmlingen, die genauestens gemustert und in Gedanken b
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