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Silence

Silence

Titel: Silence
Autoren: Savannah Davis
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achtete peinlich genau darauf, ihre Beine seitlich am Tisch vorbei auszurichten, so dass jeder der zufällig vorbeikommen würde, in den Genuss käme, einen Blick auf diese werfen zu können.
    »Ich hab mich vorhin mit Giovanni unterhalten. Gott ist der toll. Wie er da an seinem Spind lehnte. Und diese Lederjacken, die die beiden tragen. Die müssen von einem italienischen Designer sein.« Michelle richtete ihre Worte gezielt nur an Kate und Larissa. Genau wie bei ihrer Begrüßung »Hallo ihr zwei«, war ich auch jetzt nicht vorhanden für sie.
    Klar , dachte Kate. Die können sie auf keinen Fall irgendwo in North Carolina gekauft haben.
    Ich verschluckte mich an meinem O-Saft bei dem Versuch, ein Lachen zu unterdrücken.
    »Jedenfalls, Giovanni will auf meine Party kommen, die ich immer am ersten Wochenende im neuen Schuljahr gebe. Ihr kommt doch auch?« Michelle warf mir einen kurzen Seitenblick zu und ihre Augen sprühten Funken.
    Für mich galt diese Einladung nicht. Wenn Kellys Tod nicht so tragisch wäre, könnte man den Eindruck gewinnen, Michelle genoss es, dass mir ein solcher Fehler unterlaufen war. Aber da Kelly ihre beste Freundin g ewesen war, hatte sie natürlich alles Recht der Welt, mich abgrundtief zu hassen. Und weil ich wusste, dass ich all diesen Hass verdient hatte, konnte ich ihr eigentlich gar nicht wirklich böse sein.
    Du kommst doch mit? , dachte Kate gerade.
    Trotzig schob ich meine Lippen vor und schüttelte zaghaft den Kopf. Schon die Vorstellung allein war ein Albtraum. Dort hin zu gehen, hieße, mein Schicksal geradezu herauszufordern. Mich in die Höhle des Löwen zu begeben. Und davon abgesehen, wer war schon so beschränkt, auf eine Party zu gehen, wo neunzig Prozent aller Gäste dich für eine Irre hielten?
    Stell dich nicht so an , schimpfte Kate in meinem Kopf. Die Sache war nicht deine Schuld. Mach den Anfang, und gib ihnen eine Chance zu vergessen.
    Ich senkte den Blick auf mein Tablett. Vergessen? Wie sollte man so etwas vergessen können? Kates ständige Versuche, mich wieder unter Gleichaltrige zu schleifen, waren nervenaufreibend. Ich wünschte, sie würde endlich aufgeben. Selbst, wenn sie es schaffte, mich wieder zu integrieren, meine Schuldgefühle würde sie niemals ausschalten können. Mein vorsichtiges Augenrollen sollte ihr verdeutlichen, dass ich nicht bereit war, über di esen Aspekt meines Lebens zu verhandeln.
    Auf dem Weg von der Cafeteria zum Chemiesaal stolperte ich fast über die Zwillinge, die im Flur vor den Spinden standen und eine angeregte Diskussion zu führen schienen. Als ich mich ihnen näherte, verstummten beide plötzlich und warfen mir merkwürdige Blicke zu.
    Um Haltung bemüht, lief ich an ihnen vorbei, bog um die Ecke und ließ mich gegen einen Spind fallen. So wie es aussah, hatten auch die Zwillinge schon von mir gehört. Einige tiefe Atemzüge lang genoss ich die Ruhe im leeren Korridor, dann stieß ich mich vom Schrank ab und ging auf meinen Spind zu, um meine Bücher zu holen. Ich fingerte ein wenig an dem Schloss herum, bis es endlich klickte und die Tür sich öffnen ließ. Mit zusammengekniffenen Lippen kramte ich mein Chemiebuch aus meinem Spind und versuchte, meine Gedanken darauf zu richten, wie gut Larissa heute aussah. Keine Spur von labil oder den anderen Problemen, die sie immer mit sich herumwälzte. Es schien ganz so, als würde sich ihre Therapie endlich bemerkbar machen.
    »Hallo! Ich bin Giovanni«, ertönte es in meinem Rücken.
    Erschrocken drehte ich mich um.
    Der größere Zwilling grinste mich an.
    »Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken. Du musst nicht zufällig auch zu Chemie?«
    »Zufällig muss ich das«, murmelte ich etwas ungehalten.
    »Dann könntest du mir ja zeigen, wo ich hin muss.«
    Ohne ein weiteres Wort wandte ich mich in Richtung Chemiesaal und erwähnte nicht das Schild mit dem Pfeil, auf dem Chemie 104 stand, das deutlich sichtbar neben uns an der Wand hing. Ohne Zweifel hatte Giovanni es auch nicht übersehen.
    »Du sprichst nicht viel«, stellte Giovanni nach wenigen Schritten fest.
    »Nicht, wenn es nichts zu sagen gibt.«
    Ich lief stur weiter, die Augen nach vorne gerichtet, und gab mir Mühe, Giovanni zu zeigen, wie wenig ich an einem Gespräch interessiert war.
    »Du könntest mir ja deinen Namen verraten«, sagte Giovanni und nahm mir meine Bücher ab.
    Murrend klaubte ich meine Sachen wieder aus Giovannis Armen, der mich trotzdem weiter angrinste, als wäre ich nicht vollkommen
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