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Silberband 099 - Treibgut der Sterne

Titel: Silberband 099 - Treibgut der Sterne
Autoren: Perry Rhodan
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Bruchstücke verstehen kann. Sie ist seinem Gedankensprung geistig gar nicht gefolgt, sondern verarbeitet noch seine Erzählung.
    »Wie ist es dir nach Jorge Bellons Tod gegangen?«, fragt sie, um zu verhindern, dass er abschweift. Sie muss ihn hinhalten und Zeit gewinnen. Wenn sie ihn beschäftigt, hat er keine Gelegenheit, sich mit der Situation auseinanderzusetzen und misstrauisch zu werden.
    »Jorges Tod hat mich zurückgeworfen«, sagt er bitter. »Er war nicht nur mein Lehrer, sondern das Gehirn, das für mich dachte. Er entwarf meine Zukunftspläne und erarbeitete für mich die Kampfstrategie. Er traf auch die Sicherheitsvorkehrungen. Von mir kamen nur die Befehle, deren es bedurfte, seine Theorie in die Tat umzusetzen. Indirekt war es Jorge, der mich auf die Idee brachte, Vic zu beseitigen. Ich will die Schuld nicht auf ihn abwälzen, ganz bestimmt nicht – ich fühle mich gar nicht schuldig. Jorge war sehr moralisch, aber es genügte, dass er mir sagte, dass Vic für mich zur Gefahr werden könnte, weil er zu viel über mich wusste. Also wartete ich den günstigsten Zeitpunkt ab … Vic machte es mir leicht. Er versuchte, mich zu erpressen, sodass mir nur dieser letzte Ausweg blieb. Er brachte mich in eine Zwangslage, und ich handelte in Notwehr. Ich habe immer nur getötet, wenn man mich in die Enge trieb.«
    Die Frau ist nachdenklich geworden.
    »Als du zu mir kamst, sagtest du, dass du auf der Flucht seist«, erinnert sie ihn. »War das auch eine solche Zwangslage, in der du keinen anderen Ausweg mehr sahst, als zu töten?«
    »Zum Glück erkannte ich die Falle rechtzeitig und konnte fliehen. Ich weiß nicht, was aus meinen Jägern geworden ist, aber du kannst beruhigt sein, Cilla, hierher sind sie mir nicht gefolgt.«
    »Deswegen sorge ich mich gar nicht …« Sie schüttelt die quälenden Gedanken ab und kommt wieder auf das ursprüngliche Thema zurück. Vielleicht findet sie doch noch den Schlüssel zu Boyt Margors Wesen, wenn er ihr seine Vergangenheit enthüllt. Bisher weiß sie kaum etwas über ihn.
    »Wie ging es nach Jorges Tod mit dir weiter, Boyt?«
    »Ganz tief hinunter. Sagte ich nicht, dass ich von ihm abhängig war? Es hat Jahre gedauert, bis ich mich einigermaßen gefangen hatte. Lange Zeit war ich nicht einmal in der Lage, eine Psi-Affinität zu anderen Menschen zu erkennen. Ich glaubte schon, dass ich durch seinen Suizid meine Fähigkeiten verloren hatte. Ich bin sicher, dass es Selbstmord war. Jorge war intelligent, er hat erkannt, dass es nur eine Möglichkeit gab, von mir loszukommen – den Tod. Zweifellos spekulierte er damit, dass ich untergehen würde, wenn er nicht mehr war. Lange Zeit sah es auch so aus. Aber ich regenerierte mich. Da ich immer andere für mich hatte arbeiten lassen und es nicht für nötig gehalten hatte, mich zu bilden, übernahm ich im Raumhafen von Sol-Town zuerst einen Job, bei dem ich nur Handlangerdienste verrichten musste. Irgendwann lief mir dann einer über den Weg, der auf meiner Wellenlänge lag. Er hieß Carl Michell und war ein Niemand, aber er war wichtig für mich, weil ich an ihm meine Fähigkeiten schulen konnte. Nach ihm konnte ich andere Paratender in einflussreicheren Positionen gewinnen und arbeitete mich nach oben. Aber ich war stets darauf bedacht, mich nicht mehr in Abhängigkeit zu bringen. Ich behielt die Zügel in der Hand, zog die Fäden aus dem Hintergrund. Das bewährte sich. Ich hatte große Macht, aber ich wurde nicht größenwahnsinnig. Ich baute mein geheimes Imperium auf Gäa langsam und unbemerkt aus, geduldig auf den Tag wartend, da ich stark genug sein würde, die Völker in der Provcon-Faust zu beherrschen.«
    »Aber du hast zu lange gewartet«, sagt die Ambiente-Psychologin wissend. »Deine Pläne wurden vom Unternehmen Pilgervater durchkreuzt. Die Menschheit wanderte zur heimgekehrten Erde aus …«
    »Unsinn!«, unterbricht er sie ungehalten. »Der Exodus aus der Provcon-Faust ist mir sehr gelegen gekommen. Es gab lange zuvor einige entscheidende Ereignisse.« Er stockt, blickt ihr in die Augen und sagt sanft: »Du denkst sicher, dass ich keine Skrupel hätte. Doch das ist ein Irrtum, Cilla. Natürlich fühle ich mich den Menschen überlegen, aber deswegen halte ich sie nicht für minderwertig. Ich bin nur anders als sie.«
    »Ich glaube, ich weiß, worauf du hinauswillst«, erwidert die Frau nachdenklich. »Du willst sagen, dass du gegenüber deinesgleichen mehr Skrupel hättest. Aber das ist reine Theorie, du
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