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Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Titel: Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel
Autoren: Jacques Berndorf
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waren?«
    »Klar. Sie saßen da und Imre las ihnen was vor, und da ging der Vorhang auf und sie sahen Jamie-Lee. Das war die Show. Und sie tat so, als würde sie …ja, als würde sie …Sie war ja immer nackt.«
    »Schon gut«, murmelte ich. »Und dann gingen die Leute nach Hause?«
    »Ja, nein. Sie kriegten ja Fotos von der Sitzung, also Fotos von Jamie-Lee.«
    »Ja, klar. Jetzt verstehe ich das. Und der Vater trank immer mehr? Und die Mutter nahm die Pillen?«
    »Ja.«
    »Es war die Rede davon, dass die Mutter von Jamie-Lee gar nicht zu Hause war, als Jamie-Lee zu Pilla und Imre ging. Stimmt das eigentlich?«
    »Ja, das stimmt. Jamie-Lee konnte machen, was sie wollte, sie bestimmte. Die Mutter war dann oft bei Griseldis, damit die hilft. Aber die konnte nicht viel tun, und ich habe gesehen, wie sie geweint hat, weil sie nichts tun konnte.«
    »Mein Gott!«, sagte ich, und meine Stimme kam mir sehr laut vor.
    »Kann ich Jamie-Lee noch einmal sehen?«, fragte er. »Ich weiß das nicht, ich kann das nicht versprechen, aber ich werde für dich fragen.«
    »Sie haben gesagt, dass sie sie verbrennen wollen.«
    »Wer hat das gesagt?«
    »Meine Mutter. Sie hat gehört, dass die Nachbarn das gesagt haben.«
    »Das kann sein«, nickte ich. »Aber sie bleibt ja bei dir. Ewig.«
    »Ja«, sagte er fest und streckte seinen Körper zum ersten Mal. »Wer ist eigentlich Törtchen?«
    »Aus der Clique. Sie ist die Kleinste. Sie hat mal gesagt, dass sie am liebsten Törtchen isst. Seitdem heißt sie Törtchen. Sie ist zwölf Jahre alt. Sie hat immer das Make-up von Jamie-Lee kontrolliert und sauber gemacht. Darin ist sie gut.«
    »Jeder hatte seine Aufgabe.«
    »Ja, stimmt.«
    »Welche Aufgabe hattest du?«
    »Alles managen«, antwortete er einfach.
    Eine Weile schwiegen wir beide.
    »Noch einmal die Frage: Als du gehört hast, Jakob ist tot, was hast du da gedacht?«
    »Ehrlich; gar nichts. Weil, Jamie-Lee war gerade tot, und denken konnte ich überhaupt nichts. Es war, als war ich unter Wasser.«
    »Was haben die Leute denn gesagt, hatten sie irgendwelche Vermutungen?«
    »Sie haben viel geredet, aber sie hatten keine Ahnung, glaube ich. Nur Meister Klappmann hat gesagt, es wäre bestimmt eine Frauengeschichte.«
    »Wer ist Meister Klappmann?«
    »Das ist ein Rentner, der immer unten bei den Bänken ist. Er hat nichts zu tun, und seine Frau ist tot. Dann hängt er da rum und redet. Ahnung hat der nicht. Aber vielen hat es Spaß gemacht, darüber zu reden. Weil sie alle nichts wussten.«
    »Was wussten sie nicht?«
    »Wie Jakobs Leben war, das wussten sie nicht. Und wen er kannte und so, und wie er arbeitete und so.«
    »Hat er dir davon erzählt?«
    »Ja, manchmal, aber wenig. Ging mich ja auch nichts an.«
    »Kannst du dir denn eine Frauengeschichte vorstellen?« Er stemmte sich hoch und setzte sich hin. »Puhh! Das weiß ich nicht. Wie soll ich das denn wissen? Er hatte ja Freundinnen.«
    »Und? Wie waren die?«
    »Schon gute Frauen. Sie fuhren alle ganz schwere Wagen. BMW, Mercedes und Jaguar und Lexus und solche eben. Und sie kamen aus den Städten. Aber sie fuhren immer wieder weg und kamen nicht mehr wieder. Nur Judith, die kam anfangs immer wieder. Aber da weiß ich auch nicht, was das war. Jakob hat nicht drüber geredet.«
    »Also, er hat nicht gesagt, das wäre eine Liebesgeschichte?«
    »Nein, hat er nicht.«
    »Woher kam diese Judith?«
    »Aus Köln, das weiß ich von dem Nummernschild.«
    »Und welche Automarke?«
    »Mercedes.«
    »Wie lange ist das mit der Judith denn her?«
    »Das war im vorigen Sommer, oder kurz vorher. Jamie-Lee hat gesagt, die schlafen zusammen. Nein, wir hatten noch keine Sommerferien. Das war vorher.«
    »Wusste sie etwas mehr?«
    »Wusste sie nicht. Sie sagte, Frauen merken so etwas.«
    »Glaubst du, du kannst jetzt mit deinen Eltern reden?«
    »Mit denen schon. Aber nicht mit dem Psychologen. Er hat doch keine Ahnung.«
    »Deine Eltern sind wichtig«, beharrte ich. »Sie brauchen dich.«
    »Ja«, sagte er und schaute mich einen Moment lang verwirrt an.
    Der Tag ging zur Neige, die Bäume im Garten warfen einen langen Schatten, durch den Himmel schossen Schwalben. Wenn man nicht wusste, dass sie Insekten jagten, ergaben ihre waghalsigen Kapriolen überhaupt keinen Sinn.
     
    Rodenstock hatte häufig davon gesprochen, dass man bei Nachforschungen und Klärungen gezwungen sei, alles in Frage zu stellen, was man hörte, was Zeugen sagten, was der berühmte Mann auf der Straße äußerte, wie es
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