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Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Titel: Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel
Autoren: Jacques Berndorf
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zurück in die Küche, wo das junge Paar sich verbissen anschwieg, weil irgendetwas Sand ins Getriebe geworfen hatte.
    »Aber einen Kaffee trinkst du doch noch«, sagte Gregor in einem Ton, als sollte ich es bloß nicht wagen, ihn jetzt mit dieser Furie allein zu lassen.
    »Ja, danke«, murmelte ich artig. »Und Gertie, ich wollte sagen, dass Gregor wirklich vollkommen unschuldig ist. Ich habe ihn einfach überrascht, er konnte nichts machen.«
    »Ja, ja«, gab sie sauer zurück. »Ihr habt immer eine Entschuldigung.«
    »Es war einfach so und nicht anders. Und Sie könnten ihn ruhig einmal loben, weil er so mutig war. Er hat die Sache entschieden.«
    »Was denn für eine Sache?«, fragte sie. »Die Prügelei?«
    »Sie sind einfach schlecht gelaunt«, sagte ich und sah aus den Augenwinkeln, wie Gregor zusammenzuckte.
    »Ich bin nie schlecht gelaunt«, muffelte das neue Licht seines Lebens.
    »Also, jetzt langt es mir aber!« Sie stand auf, sie drehte sich und marschierte stracks zur Tür. Sie wütete: »Entweder du rufst an, oder es ist nichts mehr.«
    »Das ist aber eine leichte Entscheidung«, bemerkte ich bissig.
    »Ich rufe an«, sagte Gregor. »Vielleicht.«
    Sie warf die Tür mit einem lauten Knall hinter sich zu.
    »Sie war sowieso nicht richtig«, sagte Gregor. »Kaum war sie hier, hat sie meinen Eisschrank ausgeräumt. Alles da drin sei falsch, zu fett, ohne Sinn und Verstand, keine richtige Ernährung, typisch der faule Junggeselle, und dauernd Spiegeleier auf Speck. Und dann immer einen Schnaps dazu. Das sei alles kontraproduktiv. Und eigentlich weiß ich nicht einmal, was genau sie wollte.«
    »Sie wollte deinen Haushalt schmeißen«, sagte ich. »Das ist viel mehr, als du von den meisten Frauen heute erwarten kannst.«
    Er fing an zu kichern, stand auf und ging an den Küchenschrank. Dort eroberte er eine Hasche mit wasserhellem Inhalt und goss sich davon ein halbes Glas voll. »Als ich mit dem glühenden Armiereisen auf ihn losgegangen bin, da war ich richtig stolz, als er zu qualmen anfing. Dem muss sehr heiß gewesen sein. Was ist jetzt mit Jakob?«
    »Jetzt wird es endlich, glaube ich.«
    »Passieren dir oft solche Dinger? Ich meine Leute, die dich verprügeln?«
    »Nein, nicht oft. Alle paar Jahre mal. Das ist Berufsrisiko. Kann ich jetzt ein Stück Brot haben?«
    »Das habe ich vergessen«, sagte er betroffen. »Blöde Weiber.«
    Er stellte Brot und Butter, Schinken und Käse vor mich hin, sah mir zu, wie ich aß und trank seinen Schnaps.
    Als Rechtsanwalt Meier anrief, stopfte ich mir gerade eine Pfeife, ein schönes Stück von John Aylesbury. »Wir haben gesprochen, und der Psychologe sagt, es könne auf keinen Fall schaden. Er ist sogar der Meinung, dass der Junge ständig beredet werden sollte. Meine Frau sagt, es ist einen Versuch wert. Wenn Sie also kommen wollen.«
    »Dann komme ich gleich.« Ich beendete das Gespräch und bedankte mich bei Gregor.
    »Es war irgendwie nicht schlecht«, lächelte er, und ich freute mich über diese sehr eigenwillige Sprachblase meiner Eifeler.
     
    Seine Mutter war eine freundliche, zugewandte Frau. Sie sagte zögerlich und unsicher: »Sie werden doch so ein Gespräch nicht veröffentlichen?«
    »Nein«, sagte ich. »Das kommt nicht vor.«
    »Ich frage mich«, sagte ihr Mann, »was diese Clique da betrieben hat.«
    »Ein zweites Leben«, sagte ich. »Das kommt viel häufiger vor, als wir glauben. Vor allem kommt es bei uns selbst vor, und wir registrieren es nicht einmal. Kinder flüchten zuweilen, weil die Umstände sich ändern oder weil sie mit der Wirklichkeit nicht mehr zurechtkommen. Wo ist er denn?«
    »Oben in seinem Zimmer.«
    Es war ein Jungenzimmer, er hatte alle möglichen Helden. Die meisten sahen auf den Postern sehr furchterregend aus und hatten mit unserer Welt nichts zu tun. Sie waren Mischungen aus Mensch und Maschine, edelstahlverkleidet, mir bestialischen Waffen.
    »Rauchen darf ich hier wahrscheinlich nicht.«
    »Doch«, sagte er. »Die Pfeife geht ja noch.«
    »Danke«, erwiderte ich und rauchte die Aylesbury weiter. »Wie ist dir im Moment?«
    »Nicht schlecht«, antwortete er.
    »Ging dir der Psychologe auf die Nerven?«
    »Eigentlich nicht. Aber ich wollte nicht reden, weil er überhaupt keine Ahnung hat.«
    »Wie sollte er auch? Die Sache mit Jamie-Lee ist euch aus dem Ruder gelaufen, nicht wahr?«
    Er antwortete nicht. Er lag in seinen Kleidern auf dem Rücken und starrte an die Decke. Jemand hatte ihm kleine Sterne an die Decke
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