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Sieh dich nicht um

Sieh dich nicht um

Titel: Sieh dich nicht um
Autoren: Mary Higgins Clark
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oberen linken Ecke des Bildschirms sah er seinen Hinterkopf im Vernehmungszimmer. »Die Aufnahme ist von gestern abend!« rief er.
    »Ich weiß. Schauen Sie, was jetzt passiert.«
    Sloane starrte angespannt auf das Gerät und sah, wie Nick Mars aus dem Vernehmungszimmer huschte und sich umblickte.
    Im Großraumbüro saßen nur zwei weitere Beamte. Der eine war am Telephon und kehrte Nick den Rücken zu, der andere döste.
    Mars griff in Sloanes Jackentasche und holte den Schlüsselbund heraus, den er in der hohlen Hand verbarg. Er ging an den Büroschrank mit den abgeschlossenen Schließfächern, dann fuhr er herum und legte die Schlüssel hastig an ihren Platz zurück. Dann holte er eine Schachtel Zigaretten aus der Brusttasche von Sloanes Jacke.
    »In diesem Moment bin ich unpassenderweise hereingekommen«, erklärte Deleo trocken. »Er ging wieder ins Vernehmungszimmer.«
    Ed Sloane war wie vor den Kopf geschlagen. »Sein Vater war ein Cop. Sein Großvater war ein Cop. Er hatte doch alle Möglichkeiten. Warum?«
    »Warum gibt es überhaupt korrupte Cops?« fragte Deleo.
    »Ed, das muß vorerst unter uns bleiben. Dieses Videoband allein genügt nicht, um ihn zu überführen. Er ist Ihr Partner. Er könnte überzeugend argumentieren, daß er nur Ihre Taschen kontrollierte, weil Sie wieder unvorsichtig geworden waren. Er habe sich Sorgen gemacht, daß man Ihnen die Schuld geben würde, wenn wieder etwas verschwindet. Mit seinen babyblauen Augen käme er wahrscheinlich sogar damit durch.«
    »Wir müssen etwas unternehmen. Ich will ihm nicht am Schreibtisch gegenübersitzen und gemeinsam mit ihm an einem Fall arbeiten«, erklärte Sloane kategorisch.
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    »Doch, das werden Sie. Baldwin ist auf dem Weg hierher. Er glaubt, daß sich Lacey Farrell hier in der Gegend aufhält. Nichts würde mir besser in den Kram passen, als diesen Fall zu lösen und es Baldwin unter die Nase zu reiben, daß wir es geschafft haben. Wie Sie sich vorstellen können, besteht Ihre Aufgabe dann, verdammt noch mal sicherzustellen, daß Nick nicht noch mehr Beweismittel klaut oder vernichtet.«
    »Wenn Sie mir versprechen, daß ich den Mistkerl zehn Minuten für mich alleine habe, sobald wir ihn überführt haben.«
    Der Captain stand auf. »Kommen Sie schon, Ed. Baldwin kann jeden Augenblick hier sein.«
    Heute ist der Tag der Enthüllungen, dachte Ed Sloane sarkastisch, als ein Mitarbeiter des Bundesstaatsanwalts das Band mit dem aufgezeichneten Gespräch zwischen Lacey Farrells Mutter und dem unbekannten Anrufer ins Abspielgerät legte.
    Als das Band lief, zog Sloane die Brauen hoch – das einzige Anzeichen für seine Überraschung. Er kannte diese Stimme von seinen zahllosen Besuchen in dem Apartmenthaus an der 70.
    Straße. Es war der Hausmeister, Tim Powers. Er hatte Mona Farrell angerufen.
    Und er versteckt Lacey Farrell in diesem Haus! dachte Sloane.
    Die anderen lauschten schweigend dem Telephongespräch.
    Baldwin blickte so zufrieden drein wie die Katze, die den Kanarienvogel gefressen hat. Er glaubt wohl, er kann uns eine Lektion erteilen, wie gute Polizeiarbeit aussieht, dachte Sloane wütend. Nick Mars hatte die Hände im Schoß gefaltet und runzelte die Stirn – der Inbegriff des ehrlichen Polizisten. Wen würde dieser Verräter informieren, wenn er Wind davon bekam, daß Lacey Farrells Schutzengel Tim Powers hieß? fragte sich Sloane.
    Er kam zu dem Schluß, daß wenigstens im Augenblick nur ein
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    Mensch außer Powers wissen sollte, wo sich Lacey Farrell versteckt hielt.
    Nämlich er selbst.

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    Tim Powers klopfte um halb elf an die Wohnungstür und sperrte dann mit seinem Universalschlüssel auf. »Auftrag erledigt«, sagte er lächelnd, aber Lacey sah ihm an, daß etwas nicht stimmte.
    »Was ist los, Tim?«
    »Ich habe gerade einen Anruf von einer Immobilienmaklerin bei Douglaston und Minor bekommen. Jimmy hat die Firma mit dem Verkauf der Wohnung beauftragt und gesagt, er möchte, daß alle Möbel und persönlichen Sachen so schnell wie möglich ausgeräumt werden. Sie kommt um halb zwölf mit jemandem vorbei, um sich die Wohnung anzusehen.«
    »Das ist ja schon in einer Stunde!«
    »Lacey, es ist mir furchtbar unangenehm -«
    »Sie können mich nicht hierbehalten. Das wissen wir beide.
    Holen Sie eine Schachtel, und räumen Sie den Kühlschrank aus.
    Ich stecke die benutzten Handtücher in einen Kissenbezug, dann können Sie sie mitnehmen. Sollen die Vorhänge offen oder geschlossen
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