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Siegfried

Siegfried

Titel: Siegfried
Autoren: Harry Mulisch
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Augen nicht mehr aufhalten …« Und dann ihre eigene Stimme: »Das kann ich mir vorstellen. Schlaf ein bißchen, du hast noch eine halbe Stunde Zeit. Der Wagen der Botschaft kommt in einer Stunde, ich geh runter und trinke eine Wiener Melange – um mich wieder zu erholen. Wenn du mich brauchst, ruf an.«
    Sie hörte, wie sich die Zimmertür schloß, danach war es still. Angestrengt horchte sie weiter. Minutenlang war nichts zu hören, nur der Verkehr draußen auf der Straße. Als das Telefon klingelte, schaltete sie das Diktaphon aus. »Olga?«
    »Nein, gnädige Frau, der Chauffeur der Botschaft. Ich bin in der Hotelhalle, um Sie und Herrn Herter zum Flughafen zu bringen. Frau Röell läßt sich entschuldigen, sie hat heute nachmittag ein Mädchen bekommen.«
    »Ein fürchterliches Unglück ist geschehen, Herr Chauffeur, Herr Herter lebt nicht mehr. Würden Sie den Botschafter bitten, mich so schnell wie möglich anzurufen?« Der Chauffeur war offenbar zu erschrocken, um zu antworten, und sie legte auf.
    Sie schaltete das Diktaphon wieder ein und
    lauschte weiter der Stille, während sie ununterbrochen Herters Gesicht betrachtete. Draußen war das Klappern von Hufen zu hören. Nach einigen Minuten hörte sie plötzlich leises Getöse, das sie nicht einordnen konnte – und dann auch, ganz leise und weit entfernt, seine Stimme. Stöhnen, Töne, Wörter … Sie hielt sich das andere Ohr zu, beugte sich über ihren Schoß und schloß angestrengt die Augen. Erst als sie es sich zum dritten Mal anhörte, verstand sie es: »… e r … er … er is t hier …« Danach nichts mehr.

Buch
    Harry Mulischs neuer Roman erzählt eine unmögliche Geschichte: die Geschichte von Siegfried, dem Sohn von Adolf Hitler und Eva Braun. Und er stellt die provozierende Frage, wie man das Rätsel dieses Mannes lösen könnte, über den bereits fast alles geschrieben wurde.
    Nach einer Lesung in Wien bittet ein altes Ehepaar den berühmten niederländischen Schriftsteller Rudolf Herter um ein Gespräch, und was sie zu sagen haben, ist unglaublich. Die beiden waren Hausangestellte Hitlers auf dem Obersalzberg, und sie haben aus der Nähe miterlebt, was kein anderer weiß: Hitler und Eva Braun hatten einen Sohn, Siegfried. Im Untergang des Nazireiches muß auch er sterben, Hitler läßt ihn erschießen. Verschanzt im Bunker der Reichskanzlei, mit dem Wissen, daß er ihn nicht mehr lebend verlassen wird, gesteht er Eva Braun den Mord. Und inmitten der letzten Schlacht um Berlin macht Hitler der Mutter seines toten Sohnes einen Heiratsantrag.
    Herter ist von der Geschichte wie besessen, seine Gedanken kreisen um nichts anderes mehr. Hat das Rätsel Hitler, die Verkörperung des Bösen schlechthin, ihn nicht immer schon mehr beschäftigt als alles andere? Herter greift zum Diktaphon, noch einmal beginnt er mit der Geschichte von Hitler und Eva Braun. Er erzählt, als ginge es um sein eigenes Leben. Alle Menschen und Szenen auf dem Obersalzberg sieht er wie mit eigenen Augen, und plötzlich liegt auch Eva Brauns eigenes Tagebuch vor ihm. Harry Mulischs Siegfried ist ein Roman von atemberaubender Spannung.
    Kann man überhaupt noch etwas sagen über Hitler, über den schon alles gesagt wurde?
    Autor

    Harry Mulisch, 1927 in Haarlem geboren, schrieb Romane, Erzählungen, Essays und Gedichte, die in alle Weltsprachen übersetzt wurden. 
    Bei Hanser erschienen u. a. Das Attentat (1986), Die Entdeckung des Himmels (1993), Die Säulen des Herkules (1997), Zwei Frauen (1998), Die Prozedur (1999) und Das Theater, der Brief und die Wahrheit (2000). 
    Schutzumschlag: Peter-Andreas Hassiepen, München 
    Foto: © Hulton Getty 
    Unser gesamtes lieferbares Programm und viele andere Informationen finden Sie unter www.hanser.de
Schutzumschlag:
    »Worum geht es in Siegfried, Mulischs dreizehntem Roman? Hauptperson ist der niederländische Schriftsteller Rudolf Herter, sein leicht verfremdeter Doppelgänger, der zusammen mit seiner 30 Jahre jüngeren Frau in Wien sein Buch Die Erfindung der Liebe vorstellen soll. Durch Zufall trifft Herter auf Ullrich und Julia Falk, und die erzählen Herter die unglaubliche Geschichte vom Berghof. Die Falks waren Hausangestellte Adolf Hitlers und seiner Geliebten Eva Braun auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden. Eva Braun, so die Erzählung der Falks, habe von Hitler ein Kind bekommen, Siegfried. Weil aber Hitler kein Kind haben durfte, sei es den Falks untergeschoben worden. 1944 habe dann Hitler den Auftrag gegeben, den
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