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Sieben

Sieben

Titel: Sieben
Autoren: Reinhard Schlueter
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Sieben neigt dazu, alle Dinge ins Sein zu bringen
, Jahrhunderte später auch bei römischen Geistesgrößen wie dem Stoiker Seneca Widerhall fand
( jedes siebte Jahr drückt seinem Zeitalter seinen Stempel auf
), lag allerdings weniger an der Nachhaltigkeit der hippokratischen Heilmethoden als daran, dass sich die magisch-mystische
     Sieben inzwischen gleichsam flächenbrandartig über die zivilisierte Welt ausgebreitet hatte. Egal ob man sich als Jude dem
     einzigen Gott Jahwe verbunden fühlte oder als Hindu der Trinität Brahma, Vishnu und Shiva, ob man sich zu Jesus Christus bekannte
     oder – wie der Großteil des römischen Establishments – nach wie vor in den Mithras-Mysterien Erlösung suchte, ob man sich
     als Chinese an die konfuzianischeStaatsräson hielt oder als Agnostiker der hellenischen Geisteskultur zuneigte: Hätte man auf dieser Erde nicht schon immer
     eher das Trennende als das Einigende im Blick gehabt, hätte man sich in der Antike wie in allen späteren Epochen mühelos über
     Kultur- und Sprachgrenzen hinweg auf jenen gemeinsamen Nenner verständigen können: Die Sieben drückte sich in Indiens sieben
     göttlichen Rishis ebenso aus wie in den siebenstufigen Zikkurats Babylons oder den sieben Broten, mit denen Jesus die viertausend
     speiste; wir finden sie im siebenmaligen Umrunden des Bodhi-Baumes durch den leibhaftigen Buddha ähnlich wie in den sieben
     Himmeln Mesopotamiens, in den sieben Kurfürstentümern des Heiligen Römischen Kaiserreichs, der siebenbändigen ›Anglo Saxon
     Chronicle‹, den zahllosen »Septem viraten « oder – warum nicht? – bei den »sieben Geißlein«.
    Wieso gerade die Sieben? Warum läuft diese Zahl in Sachen Magie allen übrigen Zahlen so deutlich den Rang ab, obwohl doch
     aller guten Dinge bekanntlich drei sind, man vier Himmelsrichtungen unterscheidet und jedes Kind an den fünf Fingern zu zählen
     lernt. Trotz Würfel-Sechs, chinesischer Glücksacht, globaler Dezimalsysteme, zwölfmonatiger Jahreszyklen und ubiquitärer Dreizehn-Furcht
     dominiert die Sieben.
    Womöglich wäre diese Frage leichter zu beantworten, hätten wir es dabei von Anbeginn an mit einem weltweiten Phänomen zu tun,
     doch davon kann mitnichten die Rede sein. So war die Sieben etwa in Australien und Ozeanien, in weiten Teilen Südamerikas
     und Afrikas sowie in einigen europäischen Regionen ursprünglich eine Zahl wie jede andere, sie existierte bei den Mayas –
     um nur ein Beispiel zu nennen – nicht einmal als eigenständige Glyphe, sondern führte als »2 + 5« eine vergleichsweise traurige
     Randexistenz.
    Warum, wann und wo nahm die Siebenmagie also ihren Ausgang, wie kam es zu ihrer globalen Ausbreitung und wasverleiht dieser Zahl jene Kraft, um sich von Epoche zu Epoche mit immer neuer Frische zu präsentieren? Vielleicht bestätigt
     sich die Annahme C.   G.   Jungs, dass die magischmystische Sieben dem
kollektiven Unbewussten
zuzuordnen sei, oder vielleicht bewahrheitet sich die Behauptung mancher Psychologen, dass unser Kurzzeitgedächtnis mittels
     sieben Speicherkanäle funktioniere. Womöglich aber strahlt am Ende gar der von den meisten Kulturforschern angenommene mesopotamische
     »Sieben-Urknall« des vierten vorchristlichen Jahrtausends bis ins dritte nachchristliche Jahrtausend aus.
    Diesen und weiteren Fragen rund um die magische Sieben wollen wir im Rahmen dieses Buches nachgehen und Bezüge sammeln, die
     uns bewusst oder unbewusst immer wieder zur Sieben führen – und das zu einem Zeitpunkt, an dem die Erdbevölkerung die Sieben-Milliarden-Schwelle
     überschreitet (laut UN O-Schätzung wird dies Anfang 2012 der Fall sein).
    Was zunächst nur Interesse und Neugierde war, entwickelte sich zu einer Art kulturgeschichtlichem »Parforce- Ritt «, bei dem die gehirnphysiologischen Wurzeln des Aberglaubens ebenso zum Thema werden wie die erstaunliche Haltbarkeit überkommener
     Mythen, die eiszeitlichen Wanderbewegungen ebenso wie die gemeinsamen Urgründe scheinbar unterschiedlicher religiöser Motive
     sowie – last but not least – die Frage, welchem Umstand die Welt ein Getränk mit dem Namen »SevenUp« verdankt.
    Mit unvergleichbarer Symbolik führt uns die Sieben vor Augen, wie sehr in dieser Welt – mittelbar oder unmittelbar – eines
     mit dem anderen zusammenhängt und in welch hohem Maß Menschen unterschiedlichster Kulturen aus den gleichen archaischen Quellen
     schöpfen. Grund genug, dem müden Seufzer von Goethes ach so
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