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Sieben

Sieben

Titel: Sieben
Autoren: Reinhard Schlueter
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unumstritten wie die Annahme, dass man auf der Erde nicht
     etwa vier, sondernfünf Elemente zu unterscheiden habe (gemeint waren: Holz, Feuer, Wasser, Erde und Metall) – desgleichen fünf Farben, fünf
     Gerüche oder fünf Geschmacksrichtungen, um nur einige zu nennen.
    Empedokles, Nürnberger Chronik von Hartmann Schedel, 1493
    Den wohl bekanntesten aktuellen Bezug zur Zahl Fünf bietet das Gebäude des U S-Verteidigungsministeriums – wegen seines Gebäudegrundrisses Pentagon (griechisch: Fünfeck) genannt. Dass es ausgerechnet fünf Ecken sind, hat allerdings
     nicht das Geringste mit der Wirkung des Pentagramms zur Abwehr des Bösen zu tun – auch wenn U S-Präsidenten wie Reagan und Bush jr. sich gelegentlich ebenjenem Kampf verpflichtet fühlten. Auch subversive »fünfte Kolonnen« waren an
     der Fünfeck-Architektur unschuldig. Und dass das Gebäude dereinst jahrzehntelang als fünftgrößtes Gebäude der Welt gelistet
     werden sollte, war während der Entwurfsphase im Jahr 1941 nicht einmal zu ahnen. Der tatsächliche Grund für das Fünfeck war
     so lapidar wie nachvollziehbar: Das für den Bau vorgesehene Washingtoner Grundstück mit der Bezeichnung Arlington Farms wurde
     von fünf Straßenzügen derart eng umsäumt, dass sich der Gebäudegrundriss beinahe zwangsläufig ergab. Indessen sollte es nicht
     bei dem vorgesehenen Standort bleiben. Wenige Wochen vor Baubeginn wurde U S-Präsident Franklin D.   Roosevelt darauf hingewiesen, dass durch den fünfgeschossigen Gebäudekomplex der Blick von Washington auf den Nationalfriedhof
     Arlington beeinträchtigt würde. Die Konsequenz: Man suchte und fand ein passendes Ersatzgrundstück in nächster Nähe. Dass
     es dort keine einengenden Straßenzüge mehr gab, hinderte die Verantwortlichen nicht mehr daran, bei der Bauausführung der
     alten Fünfeck-Planung zu folgen.
    Einen mystischen – sprich: heiligen – Bezug erfuhr die Zahl Fünf schließlich im Wirkungsbereich der drei abrahamitischen Weltreligionen.
     Hatten schon die fünf Bücher Mose der Fünf Gewicht verliehen, so wurde deren mystische Bedeutung im frühen Mittelalter durch
     das bereits erwähnte Pentagramm zur Abwehr des Teufels gesteigert. Zu höchsten religiösen Ehren gelangte die Fünf schließlich
     im Islam, wo durch die »fünf Säulen« die Grundpflichten jedes Muslim festgelegt sind, darunter das tägliche fünfmalige Gebet.
    Wie im Islam waren es auch im frühen Christentum und im Judentum vor allem die Theologen und Exegeten (von griechisch exegesis
     = Auslegung, Erläuterung) des frühen Mittelalters, die ihrer jeweiligen Heiligen Schrift mit Hilfenumerischer Verknüpfungen und Interpretationen zusätzliches Gewicht zu geben trachteten.
    Das Pentagon
    Am weitesten gingen dabei wohl die jüdischen Kabbalisten (vom hebräischen Wortstamm q-b-l = Überlieferung, Übernahme und Weiterleitung).
     Nicht nur verliehen die Kabbalisten den Zahlen von eins bis zehn mystisches Gewicht, indem sie das »Ur-Eine« der Schöpfung
     in zehn Sephiroth (von safar = Zahl) unterteilten. Auch die Zahlen 11 bis 22 kamen zu Ehren, indem man jede dieser Zahlen
     sowohl mit besagten zehn Sephiroth als auch mit den 22 hebräischen Buchstaben verknüpfte, welche man nach Belieben in die
     entsprechenden Zahlen »übersetzen« beziehungsweise »rückübersetzen« konnte.
    Dass sich auf solche und ähnliche Weise sämtliche Passagen der Heiligen Schrift zahlenmystisch interpretieren ließen, ermunterte
     christliche Gnostiker und islamische Exegeten, in ihren Religionen ähnlich zu verfahren. Trotz derartiger Bezüge, trotz theologischer
     Auslegungen und scheinbarlückenloser Interpretation der Heiligen Schriften blieben die Religionen den Gläubigen jene Gewissheiten schuldig, die vielen
     Menschen seit jeher am meisten auf den Nägeln brennen: allen voran die Frage nach dem persönlichen Schicksal und wie man Letzteres
     möglichst günstig beeinflussen könne. So war es nur eine Frage der Zeit, bis sich auch abseits der Religionen Fachleute fanden,
     die sich in der Tradition vorchristlicher Orakel mit Hilfe der Zahlen um ebendiese Antworten bemühten. Die Technik, die jene
     Numerologen (von lateinisch numerus = Zahl und griechischlógos = Wort, Sinn) dabei anwandten – und bis heute anwenden   –, folgt dem kabbalistischen Prinzip. Auch hier geht es um Verknüpfungen von Buchstaben und 22 (beziehungswei se 23) Zahlen. Das Ergebnis ist davon abhängig, welche Bedeutung jeder Zahl von den
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