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Sieben Siegel 09 - Tor zwischen den Welten

Sieben Siegel 09 - Tor zwischen den Welten

Titel: Sieben Siegel 09 - Tor zwischen den Welten
Autoren: Kai Meyer
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ihrer Mutter auf.
    »Ist das alles?«, brüllte Dea zu Morgana hinüber. »Feuerkugeln und ein wenig Wasserzauber? Ich habe mehr von dir erwartet!«
    »Deine Tochter hat Angst«, erwiderte Morgana, und Kyra begriff, dass sie mit ihrem Sinkflug genau das Falsche getan hatte; jetzt hatte sie der Zauberkönigin verraten, dass sie keineswegs so geübt im Umgang mit der Magie war, wie sie vorgeben wollte. Die Feuerbälle waren nur Köder gewesen, um Kyra auf die Probe zu stellen. Und sie war natürlich prompt darauf hereingefallen.
    »Mach dir nichts draus«, flüsterte Dea ihr über den Abgrund zwischen Mistelzweig und Teppich zu. »Angst zu haben ist keine Schande. Es ist gerade ihre Überheblichkeit, an der Morgana zu Grunde gehen wird. Tu einfach das, was ich dir sage.«
    Kyra nickte. Sie fühlte sich noch immer schrecklich hilflos. In ihrer eigenen Welt, im Kampf mit ihren Freunden gegen Hexen und Dämonen, hatte sie bereits einige Erfahrungen gesammelt; hier aber, in der Schlacht um Nimues Hort, war sie nichts als eine Zuschauerin, die man unerwartet aus dem Publikum auf die Bühne gezerrt hatte. Wenn Dea sie wenigstens in ihre Pläne eingeweiht hätte! Doch nicht einmal darüber wusste sie Bescheid. Allmählich fühlte sie sich fast ein wenig ausgenutzt. Dea wollte zwar ihre Hexenkraft, zog sie aber nicht ins Vertrauen. Kyra hasste es, wenn man sie nicht wie eine Gleichberechtigte behandelte. Auf ihre Art war ihre Mutter nicht anders als der Professor – beide hatten nur ihre eigenen Probleme im Kopf, ohne sich um die Sorgen ihrer Tochter zu kümmern.
    Der Ärger gab Kyra neuen Mut, und mit einem Mal spürte sie in sich die Kraft, es mit Morgana aufzunehmen. So leicht würde sie sich nicht unterkriegen lassen!
    »Was willst du, Morgana?«, rief Kyra über den See hinweg. »Große Reden schwingen oder einen Krieg zu Ende führen?«
    »Sieh an, sieh an«, entgegnete ihre Gegnerin, »das Mädchen hat ein flinkes Mundwerk und weiß es zu gebrauchen. Lasst uns herausfinden, ob sie auch andere Talente besitzt.«
    Die Wassersäule unter Morganas Füßen begann sich zu verästeln und bildete zahllose Tentakel, die wie zum Leben erwachte Zweige eines Baumes um sich schlugen. Sie waren nicht lang genug, um Kyra und Dea zu erreichen, aber ihr wildes Zucken und Peitschen war trotz allem Ehrfurcht gebietend und – das musste Kyra sich eingestehen – ziemlich beängstigend. Dann aber tauchten die Tentakel plötzlich mit ihren Enden ins Wasser, brachen wie Geschosse durch die Oberfläche und verschmolzen wieder mit dem See, aus dem sie eben erst gemacht worden waren. Dadurch schrumpfte auch die Säule unter Morgana rasch in sich zusammen, bis sie schließlich ganz verschwunden war und die Zauberkönigin mit beiden Füßen auf der Wasseroberfläche stand wie auf einem Spiegel.
    Dea und Kyra schwebten hinab, hielten sich aber immer noch einige Meter über dem See.
    »Jetzt beginnt es«, murmelte Dea.
    » Was beginnt?«, flüsterte Kyra zurück.
    »Morganas Untergang.«
    Doch das, was dann geschah, sah für Kyra keineswegs nach einer Niederlage aus – ganz im Gegenteil.
    Um sie herum, über den ganzen See verteilt, bildeten sich Beulen in der Wasseroberfläche, so wie vor ein paar Stunden, als sich eine zweite Angriffswelle von Nymphen aus dem Dozmary Pool erhoben hatte. Tatsächlich geschah hier das Gleiche – nur dass die Zahl der Wassergeister, die Morgana jetzt zu Hilfe rief, jene der Nymphen im Bodmin Moor um ein Zigfaches überschritt.
    Es waren hunderte, vielleicht sogar über tausend.
    Überall stiegen sie aus Nimues See empor, manche in ihrer wahren Gestalt als Monster aus Horn und Knochenschuppen, andere wie kranke Zerrbilder der blonden Feenwesen, deren Form sie über dem Moor angenommen hatten. Manche besaßen Oberkörper wie Frauen, darunter aber Beine wie von mutierten Insekten. Einige hatten perfekte, ebenmäßige Gesichter, doch ihr Haar bestand aus hässlichen Wasserpflanzen. Und wieder andere hatten ihre kantigen, verzogenen Hornkörper mit Menschenhaut überzogen, die zu reißen und aufzuplatzen drohte – das waren die Grässlichsten, fand Kyra, und sie konnte sie nicht länger als unbedingt nötig ansehen.
    Aus jedem Quadratmeter des Sees erhoben sich die schrecklichen Nymphenwesen, geschaffen aus dem Wasser selbst. Merklich begann die Oberfläche abzusinken, so als hätte ein Riese einen unsichtbaren Strohhalm angesetzt und einen gehörigen Schluck aus dem See genommen.
    »Das war’s dann wohl«, keuchte
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