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Sieben Siegel 09 - Tor zwischen den Welten

Sieben Siegel 09 - Tor zwischen den Welten

Titel: Sieben Siegel 09 - Tor zwischen den Welten
Autoren: Kai Meyer
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spektakulärer: Sie zerplatzte wie eine übergroße Wasserbombe, in einer Fontäne aus klarem, reinem Seewasser.
    Kyra sprang auf und lief in Ermangelung eines besseren Ziels auf die Kühe zu, die nicht weit entfernt im Gras dösten. Hinter ihr hatten sich die drei verbliebenen Nymphen vom Schock des Überraschungsangriffs erholt und erhoben sich unter wildem Kreischen in die Luft, um den Kampf aufzunehmen.
    Kyra warf sich zwischen den Kühen auf den Boden und blickte über den breiten Rücken eines schläfrigen Tiers zum Ufer hinüber. Der Strudel wühlte sich noch immer unverändert durch die Seeoberfläche, und das Wirbeln des Wassers rundum war hektischer geworden, aufgeregter.
    Hoch über dem See, in zehn, zwanzig Metern Höhe, stießen die Gegnerinnen aufeinander. Die geisterhaft schönen Gesichtszüge der Nymphen verformten sich zu Grauen erregenden Fratzen, und ihre Finger verästelten sich zu Fächern aus bizarren Krallen, lang und spitz wie Mistforken. Damit schlugen sie im Flug nach Kyras Retterin, die den mörderischen Hieben immer wieder durch irrwitzige Flugmanöver auf ihrem Mistelzweig auswich, bis sie selbst zum Angriff überging.
    Staub wirbelte, und eine weitere Nymphe prasselte als warmer Regenschauer vom Himmel. Eine zweite, die ihre Gegnerin mit den Klauen aufspießen wollte, geriet dabei versehentlich mitten in den Tropfenflug ihrer zerplatzten Gefährtin – auch sie wurde zu feinem Nieseln, das vom Wind weit über das Moor verteilt wurde.
    Die letzte Nymphe erkannte, wie schlecht es um sie stand, und wollte den Rückzug antreten. Steil schoss sie in die Tiefe, geradewegs auf den Strudel im See zu. Ehe sie aber eintauchen konnte, überholte die Frau auf dem Zweig sie, umrundete sie in einer blitzschnellen Schleife und hinterließ dabei eine Spur aus Staub in der Luft. Die Nymphe konnte ihr Tempo nicht mehr verringern, raste durch das Staubband hindurch und prasselte wässrig auf die Oberfläche.
     

Die Frau auf dem Mistelzweig stieß ein triumphierendes Lachen aus, zog einen weiten Kreis über den See und landete dann ganz in der Nähe von Kyra und den Kühen im nassen Gras. Hinter ihr glättete sich schlagartig die Wasseroberfläche.
    Kyra richtete sich langsam auf.
    »Danke«, sagte sie beklommen. Etwas Besseres fiel ihr im Augenblick nicht ein. Sie war wie benebelt. Ihre Haut juckte noch immer, wo der Staub sie berührt hatte.
    »Ich hoffe, du glaubst mir jetzt, dass die Lage ernst ist«, sagte die Frau mit einem Lächeln.
    »Ich hätte Ihnen auch vorher geglaubt. Sie mussten nicht erst abwarten, bis die versuchen, mich umzubringen.«
    Die Frau strich ihre langen Locken nach hinten über die Schulter. »Ich dachte, dass es besser ist, wenn du dich mit eigenen Augen von der Gefährlichkeit Morganas überzeugst.«
    »Und wenn die mich schon früher erwischt hätten?«, fragte Kyra grimmig. »Oder Sie zu spät gekommen wären?«
    Die Frau schmunzelte. »Dann hättest du dir eben selbst helfen müssen.«
    »Ich?« Allmählich wurde Kyra wirklich wütend. Die Spielchen der geheimnisvollen Fremden waren ihr ein wenig zu risikoreich. » Ich kann nicht auf Ästen reiten! Und dieses Glitzerzeug hab ich zufällig auch nicht dabei.«
    »Oh«, machte die Frau erstaunt, »natürlich kannst du auf Ästen reiten! Und was das hier angeht« – sie schwenkte einen Lederbeutel mit Zauberstaub –, »das ist nur Salz.«
    »Salz?«
    »Na ja, mehr oder weniger.«
    Kyra seufzte. »Wenn Sie eine Hexe sind, warum helfen Sie mir dann?«
    »Ich habe die Kraft einer Hexe – genau wie du selbst, übrigens –, aber deshalb muss ich mich nicht wie eine Anhängerin des Arkanums aufführen. Nicht die Zauberkraft ist böse, sondern der, der sie besitzt. Es gibt auch gute Hexen, weißt du? Nicht viele, aber es gibt ein paar.«
    »Wieso sagen Sie, dass ich auch solche Kräfte habe?«, fragte Kyra verwirrt.
    »Als ob du das nicht längst wüsstest! Sie schlummern noch in dir, aber früher oder später wirst du lernen, sie zu beherrschen.«
    Manchmal, vor allem aber, seit sie die Sieben Siegel trug, hatte Kyra tatsächlich das Gefühl, dass in ihr verborgene Talente auf eine Entdeckung warteten. Und das war kein überhebliches Gefühl – nein, sie konnte es spüren, tief in ihrem Inneren. Bislang hatte sie allerdings angenommen, dass sie mehr und mehr zu einer Dämonenjägerin wie ihre Mutter wurde. Nicht aber zu einer Hexe!
    Überhaupt – ihre Mutter! Erneut beschlich sie ein sonderbarer Verdacht. Und doch, nein, ihre
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