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Sieben Jahre und eine Nacht

Sieben Jahre und eine Nacht

Titel: Sieben Jahre und eine Nacht
Autoren: Emilie Rose
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seinem Bildschirm – Zahlen, die er nicht wirklich wahrgenommen hatte – und schüttelte den Kopf.
    Brock schloss die Bürotür hinter sich. „Jetzt ist Renee schon seit vier Tagen weg. Allmählich wird es Zeit, dass du dich zusammenreißt.“
    „Das sagt der Richtige! Du siehst ja selbst völlig mitgenommen aus.“
    „Wir reden aber gerade nicht von mir. Wenn wir erst den Spitzel in den eigenen Reihen gefunden haben, geht es mir sicher besser. Also, wir gehen in fünf Minuten, falls du doch noch mitkommen willst.“
    Aber Flynn war alles andere als nach Feiern und Wochenende zumute. „Sicher nicht.“
    „Selber schuld“, sagte Brock schulterzuckend und wandte sich zum Gehen.
    „Brock, ich kann das nicht mehr.“
    „Was?“
    „Arbeiten mit Zahlen und nochmals Zahlen.“
    „Brauchst du Urlaub?“, fragte Brock. „Dann gönn dir ein paar Tage.“
    „Das meine ich nicht. Auf lange Sicht …“
    „Flynn, ich glaube, im Augenblick fehlt es dir etwas am klaren Denken. Wenn du erst über Renee hinweg bist …“
    „Genau das ist es ja. Ich denke so klar wie schon lange nicht mehr. Wenn ich in sieben Jahren nicht über Renee hinweggekommen bin, schaffe ich es nie. Als sie ging, sprach sie von einem Glashaus. Und damit hat sie recht. Wegen MC müssen wir ein Leben führen, das jederzeit überprüfbar ist. Ständig sind wir der Kritik und dem Urteil anderer ausgesetzt – ob uns das passt oder nicht.“
    „Weil viele unserer Kunden richtig Geld verlieren, wenn wir etwas tun, was ihre Wertvorstellung oder die des Adressatenkreises unserer Werbung verletzt.“
    „Ich verletze auch eine Wertvorstellung“, sagte Flynn. „Und zwar meine eigene. Mein Leben ist eine einzige Lüge.“
    „Um Himmels willen, wovon redest du?“
    „Ich hasse diesen Job, der nur aus Zahlen und Papierkram besteht. Ich liebe es zu zeichnen, zu entwerfen, zu bauen. Wie herrlich ist es zu sehen, wie ein Plan Gestalt annimmt! Wenn aus einer Zeichnung ein Gebäude entsteht, durch das man gehen kann, das man berühren kann. Es gefällt mir weitaus besser, mit Renee ein Zimmer zu streichen, als einen Vertrag über mehrere Millionen Dollar auszuarbeiten. Und ich liebe Renee noch immer.“
    Beim Aufwachen an diesem Morgen hatte er plötzlich begriffen. Er vermisste Renee, ihr Lächeln, ihre Tatkraft. Immer hatte sie ihn ermutigt, seine Träume zu verwirklichen. Was sie alles zusammen erlebt hatten! Ohne sie lebte er nicht wirklich.
    „Du wirst schon noch mit der Trennung fertig, glaub mir. Schließlich habe ich das auch hinter mir.“
    Aber Flynn schüttelte den Kopf. „Renee hat völlig recht. Dass ich hier arbeite, macht Dad auch nicht wieder lebendig. Ich will nicht mehr so tun, als wäre ich mit dieser Arbeit glücklich. Für mich wird es Zeit, zu mir selbst zu stehen.“
    „Bitte überstürze jetzt nichts, Flynn.“
    „Ganz im Gegenteil. Darüber denke ich schon lange nach.“ Er schaltete seinen Computer aus und stand auf. Im Herzen spürte er eine tiefe Zufriedenheit, weil er etwas getan hatte, was er schon längst hätte tun sollen.
    „Ich lasse mir nicht von anderen vorschreiben, wie ich mein Leben zu führen habe“, sagte er. „Montagmorgen hast du meine Kündigung auf dem Tisch.“
    „Bitte denke am Wochenende noch mal in Ruhe darüber nach, Flynn.“
    „Es gibt nichts mehr zum Nachdenken. Meine Entscheidung steht fest. Ich weiß jetzt, was ich will.“
    „Und was ist das?“, fragte Brock.
    „Ich mache meinen Abschluss als Architekt. Als ich hier angefangen habe, hätte mir nur noch ein halbes Jahr gefehlt. Natürlich wird es etwas dauern, bis ich mich wieder in die Materie eingearbeitet habe. Aber soll ich dir etwas sagen? Ich würde es selbst dann machen, wenn ich ganz von vorne anfangen müsste. Und wenn ich schon allein leben muss, habe ich wenigstens eine Arbeit, die mir etwas bedeutet.“
    „Bist du noch bei Sinnen?“
    „Mehr als jemals zuvor, Brock. Und das habe ich Renee zu verdanken“, sagte Flynn und ging an seinem Bruder vorbei zur Tür.“
    „Wohin gehst du?“, rief Flynn ihm nach.
    „Zu meiner Frau.“

12. KAPITEL
    Tamara stand in der Tür von Renees Haus. „Sicher, dass du dieses Wochenende nicht mit zum Camping kommen willst? Die Mädchen würden sich so darüber freuen.“
    „Nein, danke.“ Renee lachte. „Die beiden würden mich ganz schön auslachen. Ich zelte nicht gerne, und auf den Umgang mit Insekten und Schlangen kann ich auch sehr gut verzichten.“ Obwohl sie sich schrecklich fühlte,
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