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Sieben Jahre später

Sieben Jahre später

Titel: Sieben Jahre später
Autoren: Guillaume Musso
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Studienfahrt befand. Er hatte seinen Rucksack und seinen Pass mitgenommen, was auf eine Fernreise schließen ließ, vielleicht sogar per Flugzeug. Doch er hatte weder sein Handy noch die Kreditkarte dabei, die seine Mutter ihm lieh – die beiden Dinge, anhand derer jede Polizeidienststelle seine Ortsveränderungen hätte verfolgen und ihm auf die Spur kommen können …
    »Er ist nicht nur ausgerissen, sondern hat auch alles getan, damit man ihn nicht findet.«
    »Aber warum bloß?«, wollte Nikki wissen.
    »Offenbar hat er wieder irgendwas angestellt. Und diesmal etwas wirklich Schwerwiegendes«, antwortete Sebastian.
    Tränen stiegen Nikki in die Augen. Panik, die immer quälender wurde, hatte sie erfasst. Ihr Sohn war zwar intelligent und clever, aber auch sehr naiv und verträumt. Dass er klaute, gefiel ihr nicht. Und dass er verschwunden war, versetzte sie in Angst und Schrecken.
    Das erste Mal im Leben bedauerte sie, ihn so frei erzogen und Werte wie Großzügigkeit, Toleranz und Offenheit derart in den Vordergrund gestellt zu haben. Sebastian hatte nicht unrecht. Die Welt von heute war zu brutal und zu gefährlich für Träumer und Idealisten. Wie konnte man überleben ohne eine gute Portion Zynismus, Gerissenheit und Härte?
    Sebastian zog wieder an seiner Zigarette und stieß den Rauch in die kristallklare Luft aus. Ein Lüftungskanal hinter ihm gab ein Geräusch von sich wie das Schnurren einer Katze. Seine Angst stand in einem eigenartigen Gegensatz zu der friedlichen Atmosphäre, die trotz allem von dieser modernen Kulisse ausging.
    Exponiert über den Dächern von Brooklyn, in ausreichender Entfernung von Manhattan, war man hier ungestört von dem Lärm und der Hektik der Stadt. Von den Büschen gefiltert, tauchten die Sonnenstrahlen eine kleine hölzerne Regentonne in ein goldenes Licht.
    »Erzähl mir ein bisschen von Jeremys Umgang.«
    Nikki drückte ihre Kippe in einem mit Erde gefüllten Krug aus.
    »Er zieht immer mit denselben beiden Jungen herum.«
    »Dem berühmten Simon …«, erriet Sebastian.
    »… und Thomas, seinem besten Freund.«
    »Hast du ihn befragt?«
    »Ich habe ihm eine Nachricht hinterlassen, aber er hat noch nicht zurückgerufen.«
    »Also, worauf warten wir?«
    »Wir können ihn uns schnappen, wenn er aus der Schule kommt«, beschloss Nikki, während sie auf ihre Armbanduhr schaute.
    Sie verließen gleichzeitig ihren Beobachtungsposten, um über den Plattenweg, der durch den Dachgarten führte, zurückzugehen. Bevor sie das Dach verließen, deutete Sebastian auf eine Art kleiner Hütte, über die schwarze Planen gespannt waren.
    »Was lagerst du da drin?«
    »Nichts«, antwortete sie ein wenig zu rasch. »Das heißt, nur Werkzeug.«
    Er musterte sie misstrauisch. Er hatte den besonderen Tonfall nicht vergessen, den ihre Stimme annahm, wenn sie log. Und genau das war jetzt der Fall.
    Er zog die Planen auseinander und warf einen Blick in das Zelt. Vor neugierigen Augen geschützt, wuchsen dort Dutzende Cannabispflanzen in Töpfen. Der Verschlag war perfekt ausgerüstet mit Reihen von Natriumdampflampen, Belüftungs- und Bewässerungssystemen, Säcken mit Dünger und modernsten Gartengeräten.
    »Das ist wirklich verantwortungslos!«, wetterte er.
    »Schon gut! Du wirst doch aus dem bisschen Hasch kein Drama machen.«
    »Bisschen Hasch? Du züchtest hier Drogen!«
    »Ach ja, du solltest dir hin und wieder mal einen kleinen Joint reinziehen, das würde dich entspannen!«
    Sebastian, der diese Art von Humor nicht schätzte, wurde noch wütender. »Sag jetzt nicht, dass du diesen Mist verkaufst, Nikki!«
    »Ich verkaufe gar nichts. Das ist nur für meinen Eigenbedarf. Hundert Prozent Biohasch, selbst produziert. Bei Weitem gesünder als das Zeug, das die Dealer verhökern.«
    »Das ist … der pure Leichtsinn. Dafür könntest du in den Knast kommen.«
    »Warum? Hast du vielleicht die Absicht, mich zu verpfeifen?«
    »Und dein Schönling, dieser Santos? Ich dachte, der arbeitet im Drogendezernat.«
    »Die haben andere Dinge zu tun, glaub mir.«
    »Und Jeremy? Und Camille?«
    »Die Kinder kommen nie hierher.«
    »Halte mich doch nicht für blöd!«, rief er erbost und deutete auf einen nagelneuen Basketballkorb, der offenbar erst kürzlich am Zaun angebracht worden war.
    Sie zuckte seufzend die Achseln. »Du gehst mir auf die Nerven!«
    Er wandte den Blick ab und atmete tief durch, in der Hoffnung, sich wieder zu beruhigen, aber die Wut stieg wie eine Welle in ihm hoch, brachte
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