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Sieben auf einen Streich

Sieben auf einen Streich

Titel: Sieben auf einen Streich
Autoren: Amei Müller
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Dankbarkeit, »eine Haarnadel ist genau das richtige.«
    Fränzchen hierauf nestelte an ihrer
Haarkrone, zog eine Nadel heraus und hielt sie über den Tisch. Der Harztiger
griff zu, nahm nicht nur die Nadel, sondern die ganze Hand, und so saßen sie
denn, vergaßen Zeit und Raum, und boten wenig Sehenswertes für den
sensationslüsternen Beobachter. Ich jedenfalls zog meine Blicke von ihnen, um
nach Besserem Ausschau zu halten. Dabei fiel ich fast in Manfreds aufgesperrten
Rachen. Das große Gähnen war über ihn gekommen, denn da saß Florian und hielt
eine Leichenrede von unabsehbarer Länge.
    Manfred, als er meinen Blick sah,
klappte eilends den Mund zu, lächelte schief und machte eine Kopfbewegung zur
Tür hin. Gehn wir? hieß das. Ich nickte, stand auf, und so verließen wir den
Schauplatz des Geschehens.
    »Heut abend hast du mich aber arg
allein gelassen«, sagte ich draußen und fügte den altvertrauten Satz hinzu:
»Ich glaube, du liebst mich nicht mehr!«
    »Da glaubst du falsch«, sagte er,
»komm, laß dich bekehren.«
    Mathias behauptete am nächsten Morgen,
Gitti hätte diesen Abend mit ›Schlof wohl, do Hömmölsknöblein do‹ beschlossen,
Yogi hätte Gitarre dazu gespielt und Klaus-Peter die zweite Stimme gesungen.
    Manfred und ich jedoch hatten nichts
dergleichen vernommen.

Zwei verliebte
Jüngferlein und Nikolaustag im Mai
     
     
    Beim ersten Morgenschimmer gelang es
dem Wubbel, unbemerkt aus dem Bettchen zu krabbeln und vorbei an der
elterlichen Schlafstatt zurTür zu kriechen. Bevor er an
das schwere Werk ging, diese leise zu öffnen, warf er noch einen Blick zurück.
Die Mami hatte sich ganz unter der Decke verkrochen, vom Papi guckten nur ein
paar Haare raus und die Nasenspitze. Nein, der Wubbel brauchte sich keine Sorge
zu machen, sie würden nichts merken, und wenn die Tür auch noch so großen Krach
machte. Glücklich auf dem Flur angelangt, beschloß er, erst einmal zur Jette zu
gehen. Vielleicht war Tante Fränzchen wieder weg, und er durfte es Onkel
Michael melden und hinterher alle aus den Betten schmeißen wie gestern. Voller
Vorfreude hängte er sich an die Türklinke zum Zimmer der beiden Tanten,
schlüpfte durch den Spalt und mußte eine bittere Enttäuschung erleben. Tante
Fränzchen war keineswegs weg, nein, sie saß im Bett und schrieb. So ein Pech!
Der Wubbel öffnete das Mäulchen, um wenigstens sein morgendliches
Indianergeheul anzustimmen, da legte die Tante den Finger auf den Mund und
winkte ihm, liebreich lächelnd, näherzutreten.
    »Kannst du was für mich erledigen,
Wubbelchen? Was ganz Tolles?«
    Ja, der Wubbel nickte eifrig, ja, das
konnte er. Und dann wisperte ihm die Tante ins Ohr, welch große und gefährliche
Heldentat er vollbringen solle und daß kein anderer dies tun könne, nur er
allein, und sie fragte ihn, ob er sich trauen würde.
    Wieder nickte der Wubbel. Sprechen
konnte er nicht mehr, zu schwer lastete die Verantwortung auf ihm.
    »Ich verlasse mich auf dich«, sagte die
Tante und blickte ihm fest in die Augen. Da biß der Wubbel die Zähne zusammen
und machte sich unverzüglich an die Arbeit.
    Er schlich zum Schlafgemach des
Harztigers, wo dieser im Verein mit »seinem Neffen« gar schrecklich schnarchte,
kroch hinein, indes sein Herzchen so laut bumberte, daß er meinte, alle würden
es hören, sogar der Papi und die Mami, und das war nun wieder ein kleiner
Trost, stahl den grauen Wildlederschuh, der da vor dem Bett stand, und brachte
ihn der Tante.
    »Was willsch’en mit dem machen?« fragte
er, als sein Stimmchen wieder einigermaßen funktionierte.
    »Was reintun, Herzchen!« antwortete die
Tante in ungewohnter Milde. Der Kleine spitzte die Ohren. Eine Erinnerung
tauchte auf, an einen schönen Morgen, wie er da ganz unverhofft in seinem
Schuhchen Nüsse gefunden und Rosinen und Schokolade.
    »Is heut vülleich Nitolaustach?!«
    »Ach nein, du Dummchen! Kein
Nikolaustag!« Fränzchen seufzte. »Heute ist ein ganz trauriger Tag, denn wir
müssen wieder heimfahren.«
    Sie drückte den grauen Schuh an ihr
Herz und steckte dann ein Päckchen hinein. In diesem Päckchen befand sich ein
Taschentuch, welches die ganze Nacht an ihrem Busen geruht, ein Brief und eine
Sicherheitsnadel, nicht zugesteckt, um so symbolhaft anzudeuten, was auch im
Brief geschrieben stand, daß nämlich Fränzchens Arme offenstünden für den
Geliebten.
    »Wubbel will Sotolate!« rief der Kleine
vorwurfsvoll, der anderes in diesem Päckchen vermutete.
    »Schrei doch nicht so!«
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