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Sieben auf einen Streich

Sieben auf einen Streich

Titel: Sieben auf einen Streich
Autoren: Amei Müller
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für
sich...«
    »Ich hab’ bloß an was denken müssen...«
    »Trotzdem! Des sieht arg komisch aus!«
    »Hast du Tante Beate gesehen?«
    Mathias mußte wieder den Kopf schütteln
über seine vertrottelte Mutter.
    »Mensch, die sitzt doch grad vor dir!«
    Beate spielte Canasta mit Gitti und
Klaus-Peter. Ihr Blick war umdüstert, ihre Hand zur Faust geballt. Im Gegensatz
zum ersten Abend bildeten nämlich Gitti und ihr Löwenbändiger heute eine
unheilige Allianz, verständigten sich ohne jegliches Schamgefühl durch Wort und
Blick, zeigten sich gar in aller Offenheit ihre Karten und bereiteten somit
ihrer Gegenspielerin heftigen Verdruß. Jetzt schaute Beate mitleidheischend gen
Himmel und, da ihr von dort keine Hilfe kam, rundherum in die Gegend, bis sie
schließlich in mein Blickfeld geriet und ich flüstern konnte: »Weißt du noch,
damals in Kolberg?«
    Da verklärte sich ihr Gesicht.
    »Rote Grütze!« hauchte sie. »Nettelbeck
und Gneisenau, Strandwächter Bierlich, Kläuschen...«
    Diesen letzten Namen brachte sie mit
solchem Schmelz über die Lippen, daß ich froh war, Florian in weiter Ferne,
nämlich am Skattisch, zu wissen. Beate aber, gestärkt durch die Erinnerung an
schöne Zeiten und mancherlei Dienst am Vaterland, warf ihre Karten auf den
Tisch, zischte: »Oh, rutscht mir doch den Buckel runter!«, stand auf, nickte
mir zu: »Ich hab’ ein Rezept für polnische Gurken!« und verschwand.
    Florian entging der plötzliche Abgang
seiner Gattin, denn er hielt gerade eine seiner gefürchteten »Leichenreden«.
    »Hättest du Trümpfe gezogen... Wärst du
mit Karo rausgekommen... Hättest du nicht übernommen...« So etwa pflegten diese
Reden anzufangen, dann den ganzen Spielverlauf in aller Breite zu
rekonstruieren und mit dem Aufruf zu mehr Mühewaltung und Konzentration zu
enden. Beide Partner hingen zappelnd an ihrem ohnehin äußerst dünnen
Geduldsfaden. Es konnte sich nur um Sekunden handeln, bis dieser reißen und sie
dem lieben Florian unmißverständlich klarmachen würden, daß seine Predigten
vielleicht am Sonntag auf der Kanzel, nicht aber hier am Skattisch geschätzt
und vonnöten wären. Siehe da, sie waren bereits an diesem Punkt angelangt.
    Michael schnaufte und stieß einige
heftige Worte hervor. Manfred nickte Zustimmung. Florian verstummte und kniff
ärgerlich die Lippen zusammen. Es sprach aber für sein besonders stark
entwickeltes Beharrungsvermögen, daß er bald wieder in den alten Predigtton
verfiel und den beiden nachwies, welchen Fehler sie an welcher Stelle gemacht
hätten.
    Mein Blick wanderte weiter.
    Fränzchen und der Harztiger saßen noch
immer schweigend und getrennt. Aber ich sah, wie ihre Blicke sich kreuzten,
vereinten und wieder zurückzogen. Bald würde das alte Band aufs neue geknüpft
sein, fester als vorher, und diesmal wachte kein eifersüchtiges Bruderauge über
die kleine Schwester. Nur ich auf meinem Beobachtungsposten spürte, was sich
anbahnte, fühlte ein bißchen Elektrizität auch zu mir herüberzucken und gedachte
wehmütig der Zeiten, da Manfred mich noch geliebt und bei mir ausgeharrt, trotz
Zitherspiel und Jodellärm.
    Jetzt klopfte der Harztiger die Pfeife
aus, schaute angestrengt hinein, klopfte wieder und beugte sich dann über den
Tisch zum schweigsamen Fränzchen hinüber. Ich spitzte die Ohren, um wenigstens
etwas vom Liebesgeflüster zu erhaschen. O Himmel, dieser Harztiger war wirklich
ein selten ungeschickter Mensch. Anstatt die Schönheit ihrer Bluse zu rühmen
oder einen anderen ihrer Vorteile lobend zu erwähnen, fragte er, ob Franziska
ihm vielleicht mit einer Sicherheitsnadel aushelfen könne, er brauche etwas zum
Auskratzen seiner Pfeife. Wie nicht anders zu erwarten, so fuhr Fränzchen in
die Höhe, sagte, sie habe natürlich keine und sie wisse nicht, wie er darauf
komme, daß sie eine haben könne. Der Harztiger, anstatt von dem leidigen Thema
abzulassen und das Wort »Sicherheitsnadel« nicht mehr in den Mund zu nehmen,
fing an zu beteuern, er fände, es sei keine Schande, Sicherheitsnadeln mit sich
zu führen, im Gegenteil, es sei ein Zeichen kluger Vorsorge, das wüßte er von
seiner Mutter und Großmutter... Er hätte vermutlich noch alle möglichen
Respektspersonen ins Feld geführt, nur um seiner Frage die Spitze zu nehmen,
wäre ihm Fränzchen nicht ins Wort gefallen. Ob ihm mit einer Haarnadel gedient
sei, wollte sie wissen, solche nämlich habe sie in Hülle und Fülle.
    »Ja, ach ja«, rief der Harztiger in
großer
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