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Sie sind Dein Schicksal

Sie sind Dein Schicksal

Titel: Sie sind Dein Schicksal
Autoren: Jess Haines
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blinzelte, und die vor Panik schreiende Stimme in mir verstummte bei seiner unerwarteten Antwort. »Entschuldigung?«
    »Ich werde nicht nehmen, was nicht aus freiem Willen angeboten wird. Du hast vor, dich mir aus irregeleitetem Pflichtbewusstsein heraus zu verkaufen. Du willst weder mich noch das, was ich anzubieten habe, und ich werde von keinem Spender Blut nehmen, der es eigentlich nicht geben will. Nicht, wenn mein Überleben nicht davon abhängt. Entgegen dem, was du denkst und egal, wie andere Vampire vielleicht vorgehen, behandle ich diejenigen, die sich vertraglich an mich gebunden haben, nicht so. Es ist einfach zu intim, so viel von jemand anderem zu verlangen.«
    Ich blieb wie erstarrt sitzen, ohne etwas zu sagen. Royce hatte mir nie den Eindruck vermittelt, dass er etwas anderes von mir wollte, als eben den Zugang zu Teilen von mir, den ich ihm nicht gewähren wollte. Dass er letztendlich darauf hingewiesen hatte, dass ich mich gegen meinen eigenen Willen zu seiner Hure machen würde – auch wenn er es netter umschrieben hatte –, sorgte dafür, dass ich rot anlief, während ich verzweifelt nach einer Antwort suchte, die mich nicht noch dümmer dastehen ließ.
    »Könnte ich einen Vorschlag machen?«, sagte er, sobald er verstand, dass ich zu peinlich berührt war, um irgendetwas zu sagen. Auf mein zögerliches Nicken hin fuhr er fort: »Vielleicht wäre es an der Zeit, mir eine Freundschaft anzubieten. Wir hatten bis jetzt nicht viel Gelegenheit, uns außerhalb von lebensbedrohlichen Situationen kennenzulernen.«
    Langsam senkte ich die Hand, die ich vor den Mund geschlagen hatte, und starrte ihn ausdruckslos an. Er wirkte so ruhig wie am Anfang, lehnte entspannt und gesättigt in den Kissen, als hätte er sich nur dort hingelehnt, um mir zu zeigen, wie verlockend er aussehen konnte.
    Mich als perplex zu bezeichnen wäre ungefähr so, als nenne man den Himmel blau. Die nächste offensichtliche Beobachtung, bitte.
    Er sprach leise, mit angenehmer, leichter Stimme, als unterhielten wir uns über einer Tasse Tee. »Wenn dir das nicht gefällt, brauche ich auch immer Leute für meine verschiedenen Geschäfte – Gastronomie, Küchenarbeit, Security. Du könntest einspringen, wann immer du gebraucht wirst und Zeit hast. Wenn du bei solchen Dingen helfen könntest, solange du hier bist und gefragt wirst, hielte ich das für akzeptabel. Und vielleicht auch später, wenn du deinen Zustand unter Kontrolle hast.«
    »Royce«, sagte ich mit tränenerstickter Stimme, und das war mir noch peinlicher als alles andere. »Ich weiß nicht … ich bin nicht …«
    »Du musst dich nicht an mich verkaufen«, erklärte er ruhig, richtete sich mit einer geschmeidigen Bewegung auf und ergriff meine Hand. Seine Finger waren kalt, aber trotzdem beruhigend. »Wenn du bereit bist – und nur dann –, werde ich dir nur zu gerne zeigen, dass an mich gebunden zu sein bei Weitem nicht so schlimm ist, wie du denkst.«
    Ich senkte den Kopf und versteckte meine Tränen mit meiner freien Hand. Ich hatte nie erwartet festzustellen, dass er großzügig war. Es war nicht das erste Mal, dass er mir seine Freundschaft anbot, obwohl ich die letzten Male immer gedacht hatte, dass er eine Freundschaft mit unangenehmen Begleiterscheinungen meinte. Sein Drängen hatte mich in der Vergangenheit glauben gemacht, dass er alles tun würde, um mich unter seine Fuchtel zu bringen. Meine Naivität und meine Paranoia hatten mich schon oft in Verlegenheit gebracht, aber noch nie auf so eindrucksvolle Art.
    Das Seltsamste war, dass er sich von seinem Platz erhob, sich neben mich setzte und einen Arm um meine Schulter legte, um mich an seine Brust zu ziehen. Zu jeder anderen Zeit wäre ich die Wände hochgegangen, um seiner Berührung zu entkommen. Jetzt allerdings beugte ich mich dem Druck der letzten Tage und weinte richtig, klammerte mich an seine nackten Schultern, während mein gesamter Körper vor Anstrengung zitterte, als ich meinen Gefühlen schluchzend freien Lauf ließ. Obwohl seine Haut kühl war, empfand ich weder Zweifel noch Angst dabei, mich so eng an ihn zu drücken. Er tat nichts anderes, als mich zu halten und mir sanft über die Haare zu streichen, während ich unter dem Gewicht meiner Sorgen zusammenbrach. In diesem Moment war er mein Anker, meine kalte Stütze, die mich hielt und mich davor bewahrte, mich vollkommen aufzulösen.
    Ich bin mir nicht sicher, wie lange ich weinte. Am Ende war ich erschöpft, und meine Brust hob und
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