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Sie sind Dein Schicksal

Sie sind Dein Schicksal

Titel: Sie sind Dein Schicksal
Autoren: Jess Haines
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nicht, ob ich … so werde.«
    Wieder schwieg er. Ich sagte nichts und wartete gespannt auf seine nächsten Worte. Als er schließlich wieder sprach, klang er schroff und bitter und sagte genau das, wovor ich solche Angst gehabt hatte, als Sara mich zu diesem Anruf gedrängt hatte. Sie kannte meine Eltern einfach nicht so gut wie ich.
    »Du bist in diesem Haus nicht mehr willkommen. Hast du mich verstanden? Ich weiß nicht, was du bist oder zu was du geworden bist, aber du bist keine Waynest.« Er spuckte mir die Worte entgegen, als wäre ich nur ein Ding, ein erbärmliches Tier, das zu widerlich war, um es anzusehen. Ich sagte nichts. Konnte nichts sagen. »Du hast das Herz deiner Mutter gebrochen. Ich werde nicht zulassen, dass das noch mal passiert. Hörst du?«
    »Dad, bitte …«
    »Nenn mich nicht so!«, brüllte er laut genug, dass ich zusammenzuckte. »Du bist nicht mehr mein kleines Mädchen. Ruf nie wieder hier an!«
    Er knallte den Hörer auf die Gabel und beendete damit die Verbindung. Langsam ließ ich das Telefon sinken und starrte auf das helle Plastik, während der Schock sich in mir ausbreitete, als wäre er ein alter Freund, der mich nicht mehr verlassen wollte.
    Zuerst bewegte ich mich nicht. Ich wusste, dass ich weinte. Feuchtigkeit rann über meine Wange, dicke Tropfen fielen und zersprangen auf dem Linoleum. Ich konnte sie fallen sehen, fühlte sie aber nicht. Ich fühlte nichts außer einer kalten Taubheit, die sich von meinem Kopf bis in meine Zehen ausbreitete, meine Glieder übernahm, bis mir das Telefon aus der Hand glitt und mit einem scharfen Knall auf dem Boden aufschlug. Einer der Hunde bellte bei dem Geräusch, kam aber nicht näher.
    Langsam sank ich, den Rücken an die Schränke gelehnt, auf die Knie, als mich wirklich traf, was mein Vater gesagt hatte.
    Der Mann, der mir das Fahrradfahren beigebracht hatte; der mich als kleines Mädchen ins Krankenhaus gefahren hatte, nachdem ich aus einem Baum gefallen war und mir den Arm gebrochen hatte; der mir mein erstes Auto geschenkt hatte; der mich im Arm gehalten hatte, als ich bei meinem Abschlussball versetzt worden war; der meiner Mutter erklärt hatte, ich wäre erwachsen und könne meine eigenen Entscheidungen treffen, als ich mich entschlossen hatte, Privatdetektivin zu werden – dieser Mann wollte nichts mehr mit mir zu tun haben.
    Ich schlang die Arme um den Körper und blieb lange Zeit allein zusammengekauert auf dem Boden sitzen, während ich darum kämpfte, mich von diesem Verlust nicht zerbrechen zu lassen. Es gelang mir nicht allzu gut. Wellen von Übelkeit erregender Trauer überrollten mich, verschlangen alles um mich herum, nahmen mir die Luft.
    Es dauerte sehr lange, bis ich mich dazu bringen konnte, wieder aufzustehen und mich zu bewegen, als gäbe es in meinem Leben noch etwas zu retten.

Kapitel 33
    I ch habe in meinem Leben schon eine Menge durchgestanden. Psychotische Zauberer, verrückte Vampire und betrügerische Freunde sind nicht gerade ein Zuckerschlecken. Mit Blut an einen Vampir gebunden zu sein und mich an ihn zu verlieren, nur um dann diese Nähe in schrecklichen Schmerzen wieder zu verlieren, war wahrscheinlich die körperlich und emotional erschütterndste Erfahrung meines Lebens gewesen.
    Aber nichts davon hatte mich darauf vorbereitet, von meinem Vater verstoßen zu werden.
    Als der erste Schock nachließ, nahm ich mir nicht die Zeit, um darüber nachzudenken, was ich dagegen tun konnte. Ich hielt nicht inne, um die Konsequen zen meiner Handlungen zu bedenken. Ich dachte nicht »Himmel, was tue ich hier?«.
    Stattdessen ging ich direkt in mein Zimmer und zog alle Teile der Jägerrüstung an, die ich besaß. Ein paar Tropfen Amber-Kiss-Parfüm konnten dafür sorgen, dass mein Geruch von Übernatürlichen weniger wahrgenommen wurde, während die Stoffrüstung mich vor Klauen und Reißzähnen beschützen würde und mir so zumindest eine Außenseiterchance einräumte, Dinge zu überleben, denen sich eigentlich kein Sterblicher stellen sollte. Meine Pistolen wanderten in die Schulterholster und wurden schon bald von meinem Ledermantel verdeckt, den ich neu gekauft hatte, nachdem der erste in einem Kampf auf Leben und Tod zerstört worden war.
    Als Letztes kam der Gürtel. Durch meinen Zusammenbruch hatte ich das Gefühl, die Sonne wäre schon vor langer Zeit untergegangen, obwohl es gerade einmal Mitternacht war. Vor mir lagen noch viele Nachtstunden.
    Viele Stunden, in denen ich jagen konnte.
    Der Gürtel
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